piwik no script img

Chinesische Zeitung droht mit GewaltAggressive Warnung an Hongkong

Kurz vor den Protesten in Hongkong sorgen regierungsnahe Medien für bedrohliche Stimmung. Gewalt sei „eine Option“ für Peking, kommentiert die „Global Times“.

China hat seine Gangart in der Hongkongkrise verschärft und internationale Besorgnis ausgelöst Foto: ap

Peking dpa | Vor dem Beginn neuer Demonstrationen in Hongkong hat eine staatlich kontrollierte Zeitung in China eine scharfe Warnung an die Protestbewegung ausgesprochen. „Peking hat nicht beschlossen, gewaltsam gegen die Unruhen in Hongkong vorzugehen, aber diese Option steht Peking eindeutig zur Verfügung“, schrieb die Global Times am Freitag in einem Kommentar.

Die Übungen der paramilitärischen Polizei in der an Hongkong angrenzenden Stadt Shenzhen seien „eine deutliche Warnung“ an die Randalierer gewesen. Wenn Hongkong die Rechtsstaatlichkeit nicht von sich aus wiederherstellen könne, um die Unruhen zu beenden, müsse die Zentralregierung „unbedingt direkte Maßnahmen“ auf Grundlage des Gesetzes ergreifen.

Die Zeitung veröffentlichte ihre aggressive Warnung, kurz bevor am Freitagabend und am Wochenende neue Proteste in der chinesischen Sonderverwaltungszone geplant waren. China hatte seine Gangart in der Hongkongkrise zuletzt verschärft und damit internationale Besorgnis ausgelöst. Zugleich befeuerte die zunehmende Präsenz des chinesischen Militärs an der Grenze zu Hongkong Befürchtungen, die Lage könne eskalieren.

In den vergangenen Tagen hatten chinesische Staatsmedien Videos veröffentlicht, die paramilitärische Einheiten mit gepanzerten Fahrzeugen bei Übungen in der an Hongkong grenzenden Stadt Shenzhen zeigten. In sozialen Netzwerken wurden Satellitenbilder von Dutzenden dieser Fahrzeuge geteilt, die auf dem Gelände eines Stadions geparkt waren. Schon zuvor hatte Global-Times-Chefredakteur Hu Xijin in diesem Zusammenhang auf Twitter von einer „klaren Warnung“ gesprochen.

Bundesregierung setzt sich für Dialog ein

Auch der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, sagte am Donnerstag im ZDF, es müssten notwendige Maßnahmen ergriffen werden, „um die öffentliche Ordnung wieder zu normalisieren und um die Gewalttaten zu stoppen“. Falls das die Regierung in Hongkong überfordere, müsste die Zentralregierung in Peking Aufgaben übernehmen, erklärte er.

Tausende Hongkonger hatten ihre Proteste gegen die Stadtregierung und die Polizeigewalt am vergangenen Wochenende und zu Beginn der Woche auf den Flughafen ausgeweitet und dort mit Sitzblockaden die Passagierabfertigung massiv behindert. Sowohl am Montag als auch am Dienstag wurde der Flugbetrieb deshalb vom Nachmittag an unterbrochen. In der Nacht zum Mittwoch kam es zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei. Auch in den vergangenen Wochen hatte es bei Protesten immer wieder schwere Zusammenstöße gegeben.

Derweil warf einer der bekanntesten Aktivisten der Hongkonger Protestbewegung Deutschland vor, in dem sich zuspitzenden Konflikt mit Chinas Regierung nicht auf Distanz zu Peking zu gehen. „Es sieht für mich danach aus, dass das deutsche Parlament sehr loyal gegenüber Peking ist. Ich verstehe nicht, wie Deutschland als Teil der freien Welt so mit China kooperieren kann, wenn das Land keine Freiheitswerte akzeptiert?“, sagte der Aktivist Joshua Wong der Bild-Zeitung.

Merkel hatte zuletzt davor gewarnt, die verbrieften Rechte der Bürger Hongkongs infrage zu stellen. Es müsse angesichts der jüngsten Spannungen jetzt „alles darangesetzt werden, Gewalt zu vermeiden und die Möglichkeiten einer Lösung im Rahmen des Dialogs zu finden“, sagte sie. Die Bundesregierung setze sich für einen solchen Dialog ein, „aber auf der Basis auch der in Hongkong geltenden Gesetze“, die Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sicherten.

Aktivisten fordern Unterstützung

Der Aktivist Wong monierte, die Bundesregierung positioniere sich nicht deutlich genug gegen ein chinesisches Eingreifen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sollte „ein klares Zeichen an Präsident Xi (Jinping) senden, keine Truppen nach Hongkong zu schicken und den Hongkongern das Recht auf freie Wahlen zu geben“.

Wong sagte, die Aktivisten brauchten „jetzt Unterstützung aus der ganzen Welt um die Demokratie zu unterstützen. Truppen zu schicken, um den Protest zu unterdrücken, darf für China kein Weg sein“. Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China autonom regiert. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik genießen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Diese Rechte sehen viele nun in Gefahr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • 0G
    06360 (Profil gelöscht)

    Nennt man das heute nicht "framing"?



    Es gibt einen Sachverhalt, der in unterschiedlichen Projektionen dargestellt wird.



    Mich erinnert das an die gewaltsame Niederschlagung des "Prager Frühlings", der von linker Seite als Konterrevolution diskreditiert wurde.



    Wie lange hat es danach noch bis zum Zusammenbruch des Systems gedauert?



    Natürlich werden in Hongkong die Panzer rollen. Wir könnten in D gut 5 Mio gut ausgebildete Chinesen aufnehmen. Nur müssten die NGOs ihren Kurs ändern.

    • @06360 (Profil gelöscht):

      Russen und Chinesen unterscheiden sich erheblich. Moderne chinesische Regierungen schrecken ab, aber reagieren nicht militärisch.

  • Hongkong - sicheres Rückzugsgebiet für Straftäter

    Das bislang in Hongkong geltende Auslieferungsgesetz stammt noch aus der Kolonialzeit, wonach Straftäter, denen Straftaten außerhalb Hongkongs zur Last gelegt werden, grundsätzlich an die betreffenden Staaten ausgeliefert werden können mit Ausnahme der Volksrepublik China, Taiwan und Macau. Straftäter aus diesen Gebieten können sich mithin durch Flucht nach Hongkong der Strafverfolgung entziehen, wie etwa ein geständiger Mörder aus Taiwan, der am 16. Februar 2018 in Taipei seine Partnerin erwürgte, aber nicht an die dortigen Behörden ausgeliefert werden darf und folglich straffrei bleibt. Laut Angaben der autonomen Hongkonger Justizbehörden gibt es z. Zt. 300 Fälle dieser Art, darunter auch mehrere der Korruption überführte Milliardäre aus der Volksrepublik.

    Den mit NED-Geldern üppig gesponserten und organisierten Massenprotesten geht es mithin zunächst einmal um die Beibehaltung einer Regelung aus der Zeit des Kolonialregimes zum Schutze von Kapitalverbrechern. Dies mit dem Label „Pro-Demokratie-Bewegung“ zu versehen, wie es u. a. auch die KNS tut, ist schon reichlich bizarr. (vgl. Congressional Research Service, 17. 06. 2019)

  • Bislang hielt sich die Gewalt der chinesischen Polizei auf "normalen" europäischen Niveau und übertraf nicht die Exzesse wie etwa beim G20 in Hamburg, oder bei den Gelbwesten-Protesten in Frankreich. Und dass die chinesische Presse, ob staatsgelenkt oder nicht, nicht besonders gut auf die Protestbewegung zu sprechen ist, kann auch daran liegen dass die Demonstranten Journalisten angegriffen und misshandelt haben.

    Mit der Auslieferung von mutmaßlichen Kriminellen tut sich Hong Kong sim übrigen sonst ja eigentlich nicht schwer, darunter zahlreiche Länder in denen ebenso gefoltert und hingerichtet wird. Hong Kong ist zu einem beliebten Zufluchtsort für gesuchte Mörder und korrupte Milliardäre aus China geworden. Es mag sein, dass diesen bei der Überführung nach China die Todesstrafe droht und es berechtigte Zweifel an einem fairen Prozess gibt, dann bitte, sollte Hong Hong aber auch nicht mehr an Länder wie Saudi Arabien, Brunai, die Philippinen, Singapur oder die USA ausliefern. Und der "Westen" allen voran die ehemalige Kolonialmacht UK sollte sich da lieber gleich raushalten. Die Britten haben den Hong Kong Chinesen einfach einen Gouverneur vorgesetzt und sie nicht einmal als ihre Staatsbürger anerkannt, von solchen diktatorischen Verhältnissen ist Hong Kong unter China weit entfernt.

    • @Sandor Krasna:

      Bei G20 oder den GelbWesten haben die "Sicherheits"behörden deutlich härter "durchgegriffen" als es die Chinesen bisher getan haben.



      Und die Deutsche Presse berichtet über Demonstranten genauso negativ (und entsprechend Positiv über die Polizei) wie die Chinesischen ...

      Bei uns sind Medien zwar formal "frei und unabhängig", aber i.d.R. verbreiten diese trotzdem einfach nur die Pressemitteilung der Polizei oder eines Ministeriums -- ohne diese zu hinterfragen, zu reflektieren oder zu überprüfen -- einen faktischen unterschied zu Chinesischen, Russischen, Iranischen, usw. Staatsmedien/Propagandasendern gibt es eben nur formal (=wenn sie wollen würden, dürften sie, sie wollen aber nicht)

      • @Franz Georg:

        na - da habe ich aber andere Szenen gesehen.