Chinas neues Sicherheitsgesetz: Peking will noch stärkere Kontrolle
Der Volkskongress verabschiedet ein Gesetz, das den Behörden noch stärkere Eingriffsrechte in die Privatsphäre der Bürger gibt.
Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses, Chinas Scheinparlament, hat am Mittwoch ein Sicherheitsgesetz verabschiedet, das den Behörden eine noch größere Überwachung des Netzes ermöglicht.
Chinas Netzwerke seien zunehmend Cyberangriffen und dem Diebstahl geheimer Daten ausgesetzt, was die nationale Sicherheit gefährde, heißt es zur Begründung. Deshalb müssten Informationstechnologie, Infrastruktur und Daten „sicher und kontrollierbar“ sein.
Das Gesetz ermächtigt die Regierung „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Souveränität zu schützen“.
Besorgniserregend weites Spektrum von Bedrohungen
Vor allem das weite Spektrum, das als Bedrohung betrachtet wird, macht das neue Gesetz so heikel. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua weitet die Reform nicht nur die Kompetenzen der Sicherheitsorgane im Kampf gegen Staats- und Industriespionage aus, sondern dehnt sie auch auf die Bereiche Finanzen, Wissenschaft, Bildung und Nahrungsmittelsicherheit aus.
Explizit werden auch Religionen, Umweltbewegungen und sozialen Spannungen als Bedrohung gesehen. Weil das Gesetz so viele Bereiche umfasst, kann fast jede Handlung „relevant für die nationale Sicherheit“ werden. Dazu zählen explizit sogar Aktivitäten im Weltraum, in internationalen Gewässern und auf dem Nordpol.
Menschenrechtsaktivisten sehen in dem Gesetz einen weiteren Einschnitt in die Meinungsfreiheit und fürchten noch mehr Willkür bei der Verfolgung von Regimekritikern. Auch ausländische Unternehmen sind besorgt. Schon im Frühjahr hatten die Behörden ausländische Finanzinstitute aufgefordert, zur besseren Überwachung die Quellcodes ihrer Firmensoftware herauszugeben. Das löste Protest aus.
Ein „potenzielles Investitionshindernis“ nannte Lothar Herrmann, Präsident der deutschen Außenhandelskammer in Peking, schon die bisherigen Internetprobleme. „Ich kann mir vorstellen, dass sich Unternehmen das sehr genau ansehen, bevor sie hierherkommen.“
Unklar lässt das Gesetz die Kompetenzen der von Staats- und Parteichef Xi Jinping geschaffenen, geleiteten und inzwischen mächtigen Nationalen Sicherheitskommission.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen