piwik no script img

Chinas neues SicherheitsgesetzPeking will noch stärkere Kontrolle

Der Volkskongress verabschiedet ein Gesetz, das den Behörden noch stärkere Eingriffsrechte in die Privatsphäre der Bürger gibt.

Die Nutzer chinesischer Internetcafés müssen jetzt mit noch stärkerer Kontrolle rechnen. Foto: dpa

Peking taz | Schon bisher hatten es Internetnutzer in China nicht einfach. Lahme Verbindungen, schwierig aufzurufende Webseiten aus dem Ausland, Facebook, Twitter, YouTube und die meisten Google-Dienste sind blockiert, kritische Einträge in sozialen Netzwerken werden meist gelöscht. Nun wird der Zugang noch schwerer.

Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses, Chinas Scheinparlament, hat am Mittwoch ein Sicherheitsgesetz verabschiedet, das den Behörden eine noch größere Überwachung des Netzes ermöglicht.

Chinas Netzwerke seien zunehmend Cyberangriffen und dem Diebstahl geheimer Daten ausgesetzt, was die nationale Sicherheit gefährde, heißt es zur Begründung. Deshalb müssten Informationstechnologie, Infrastruktur und Daten „sicher und kontrollierbar“ sein.

Das Gesetz ermächtigt die Regierung „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Souveränität zu schützen“.

Besorgniserregend weites Spektrum von Bedrohungen

Vor allem das weite Spektrum, das als Bedrohung betrachtet wird, macht das neue Gesetz so heikel. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua weitet die Reform nicht nur die Kompetenzen der Sicherheitsorgane im Kampf gegen Staats- und Industriespionage aus, sondern dehnt sie auch auf die Bereiche Finanzen, Wissenschaft, Bildung und Nahrungsmittelsicherheit aus.

Explizit werden auch Religionen, Umweltbewegungen und sozialen Spannungen als Bedrohung gesehen. Weil das Gesetz so viele Bereiche umfasst, kann fast jede Handlung „relevant für die nationale Sicherheit“ werden. Dazu zählen explizit sogar Aktivitäten im Weltraum, in internationalen Gewässern und auf dem Nordpol.

Menschenrechtsaktivisten sehen in dem Gesetz einen weiteren Einschnitt in die Meinungsfreiheit und fürchten noch mehr Willkür bei der Verfolgung von Regimekritikern. Auch ausländische Unternehmen sind besorgt. Schon im Frühjahr hatten die Behörden ausländische Finanzinstitute aufgefordert, zur besseren Überwachung die Quellcodes ihrer Firmensoftware herauszugeben. Das löste Protest aus.

Ein „potenzielles Investitionshindernis“ nannte Lothar Herrmann, Präsident der deutschen Außenhandelskammer in Peking, schon die bisherigen Internetprobleme. „Ich kann mir vorstellen, dass sich Unternehmen das sehr genau ansehen, bevor sie hierherkommen.“

Unklar lässt das Gesetz die Kompetenzen der von Staats- und Parteichef Xi Jinping geschaffenen, geleiteten und inzwischen mächtigen Nationalen Sicherheitskommission.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Eben, der Flügelschlag des Schmetterlings, der einen Orkan auslösen kann. Natürlich schlägt sich die Sicht auch in Gesetzen nieder. Das ist typisch China. Wer das ernst nimmt, den Flügelschlag des Schmetterlings (das Kleine) kann nicht anders. Wundern tut mich Felix Lee, der China angestrengt verdrängt und dann skandalisiert, was eben gar kein Wunder ist. Wenn das Kleinste das Größte auslösen kann, wird es reguliert. Wer das Kleinste so ernst nimmt, kann nicht anders. Das Kleinste wird nicht diskriminiert, es wird so! ernst genommen.

     

    Es gibt auch noch die Chinesische Liste, auf der die seltsamsten Dinge stehen. Wer die Chinesische Liste ernst nimmt, listet entsprechend darauf auf.

     

    Felix Lee verhält sich ebenso wie eine Behörde und merkt es gar nicht, die chinesichen Behörden wissen immerhin, dass sie Behörden sind. Die Chinesen wissen auch, dass die Chinesischen Behörden Chinesische Behörden sind. Es soll gerade verhindert werden, dass Chinesiche Behörden keine Chinesischen Behörden mehr sind. Das Chinesische ist eine erneute Vorgabe an die Behörden, diese Vorgabe steht bereits über allem, sich nämlich chinesisch zu verhalten, mit entsprechenden Resultaten, die hier stehen im Artikel von Felix Lee. Vorranging waren das Erneuern dieser Vorgaben. Wäre China ein kleiner indigener Stamm, würden das jetzt alle verteidigen, ohne zu bemerken, dass der kleine indigene Stamm das Leben seiner Mitglieder bestimmt. China aber versteht sogar das ganz Kleine und auch, was das ganz Kleine da tut.