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Chinas Verbot von Wegwerf-PlastikGreenpeace lobt China

Greenpeace ist überzeugt: Das neue Plastikverbot in der Volksrepublik könnte die verschmutzten Weltmeere deutlich entlasten.

Ein Großteil des Plastikmülls im Pazifik stammt aus China Foto: Claro Cortes/reuters

Peking taz | Kri­ti­ke­r*in­nen strenger Umweltschutzmaßnahmen führen nicht selten an, dass jede noch so ambitionierte Maßnahme Deutschlands weltweit gesehen nur ein sprichwörtlicher Tropfen auf dem heißen Stein sei. Ein Argument, welches mitnichten für die Volksrepublik China gilt, schließlich ist sie mit 1,4 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Welt.

Dementsprechend euphorisch nehmen NGOs die jüngste Richtlinie des Pekinger Umweltministeriums vom Sonntag auf, unter anderem Plastiktüten in Supermärkten und Einwegprodukte bei Essenslieferanten zu verbieten. In den großen Metropolen des Landes gelten die Direktiven bereits Ende des Jahres, der Rest des Landes muss bis 2025 nachziehen. Allein im Gastronomiebereich soll so der Plastikverbrauch um mindestens 30 Prozent reduziert werden.

„Peking geht das Plastikproblem ernsthaft an und drängt auf Mehrwegbehälter“, sagt Tang Damin vom chinesischen Greenpeace-Büro. Kleinere Makel hat die staatliche Maßnahme laut dem Umweltschützer zwar; so seien bislang noch keine Pfandsysteme in Planung. Insgesamt jedoch biete sich die Chance auf eine Kehrtwende von der grassierenden Wegwerfkultur, die die boomenden Essenslieferdienste und der Onlineversandhandel eingeführt haben.

Tang von Greenpeace hofft zudem, dass der Kampf der chinesischen Regierung gegen den Plastikmüll auch die verschmutzten Weltmeere entlasten wird. Noch im Jahr 2017 hat China laut Angaben des Umweltministeriums knapp über 200 Millionen Kubikmeter Müll ins Meer gespült – vor allem über den Jangtse und den Perlfluss im Süden des Landes. Damals kritisierte das Ministerium, dass einige Regionen „kein ausreichendes Bewusstsein“ für das Problem haben.

China ist größter Verursacher von Müll im Pazifik

Laut einer Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung aus dem Jahr 2017 stammen 90 Prozent des Abfalls in den Meeren aus zehn Flüssen, von denen ganze sechs durch das chinesische Festland fließen.

Wie effektiv die nun beschlossenen Maßnahmen Pekings sind, wird sich frühestens ab Jahresende zeigen, wenn diese in den ersten Kernregionen in Kraft treten. Bislang scheint noch unklar, mit welchen Strafmaßnahmen die neuen Regeln durchgesetzt werden. Tang Damin von Greenpeace glaubt allerdings fest, dass die Regierung das „schaffen“ wird.

Generell hat der Umweltexperte in den letzten zwei Jahrzehnten einen Paradigmenwechsel beobachten können: Trieb früher vor allem der Zivilsektor den gesellschaftlichen Wandel an, geschieht dies mittlerweile vor allem von oben herab. „Es ist gut, dass der Staat die Ernsthaftigkeit des Problems realisiert hat“, sagt Tang. Gleichzeitig jedoch hat die jetzige Regierung unter Präsident Xi Jinping den Spielraum von NGOs massiv beschnitten, auf den öffentlichen Diskurs einzuwirken.

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3 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die Details überlassen wir auch hier unseren Reportern vor Ort. (Was ist eigentlich mit Harry Hirsch?)

    Dummerweise erinnert mich das Lob von Greenpeace allzu sehr an die Verleihung des Friedennobelpreis an Mr. "Yes, we can" Obama.

    Leider haben wir vergeblich darauf gewartet, dass seinen wohlfeilen Auftritten ein, zwei passende Taten folgen. Möge es mit China anders laufen.

    Zweifel bleiben ... aber die lassen sich durch überzeugende HANDLUNGEN ausräumen.

  • Man kann auch auf den Zusammenhang zwischen dem Importverbot on Plastikmüll nach China, das das Land 2018 verkündete und das 2019 in kraft trat und dem Verbot von Plastikprodukten in der EU hinweisen.



    Als die EU-Staaten ihren Müll nicht mehr los wurden, mussten sie sich zwangsläufig umorientieren, da auch andere Länder nicht gerade scharf auf den Abfall aus den entwickelten Ländern waren, und so machten sie sich an die lobenswerte Arbeit, die Plastikproduktion einzuschränken. Kann man als rein temporale Korrelation sehen - man kann auch einen kausalen Zusammenhang vermuten, je nach Vertrauen in die Politik der EU-Staaten.

  • Das Plastikverbot in China ist Teil eines umfassenden Programms zum Aufbau einer grünen Zivilisation, den sich Regierung und Partei vor allem seit 2012/2013 auf die Fahnen geschrieben haben und an dessen Realisierung sicht- und wahrnehmbar gearbeitet wird. Neben Aufforstung und Kreislaufwirtschaft gehören dazu E-Mobiltät, Recycling und Müllvermeidung sowie Energiesparen und regenerative Energien.



    Die Luft ist fühlbar besser geworden, Tage mit Smog sind viel, viel seltener geworden und die Gewässer sauberer. Um z.B. die Artenvielfalt des Jangtse zu erhalten, wird ab 2020 ein umfassendes Fischerei-Verbot zunächst in weiten Teilen des Flusses und ab 2021 auch für die Hauptnebenflüsse erlassen. Natur- und Tierfreunde wird es freuen, dass so auch der vom Aussterben bedrohte Jangste-Delfin oder Glattschweinswal in seinem Habitat überleben kann. Für ca. 300 000 Fischer müssen neue Arbeitsplätze gefunden werden - das ist natürlich eine große gesellschaftliche Aufgabe, aber es ist eben auch Kennzeichen des viel geschmähten Sozialismus chinesischer Prägung, dass diese Dinge angepackt werden - zum Wohle aller - nicht nur der Chinesen.