China missachtet die Bürgerrechte: Zwei Jahre Haft für Anwalt
Ein Gericht verurteilte Jiang Tianyong wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staaatsgewalt“. Er hatte es gewagt, politische Dissidenten zu verteidigen.
Diese nicht näher definierte Straftat wird in China gern Bürgern vorgeworfen, die sich für andere einsetzen und sich dabei nicht den Mund verbieten lassen.
Jiang war quasi der Anwalt vieler chinesischer Menschenrechtsanwälte. Mitte 2015 waren innerhalb kurzer Zeit rund 300 Bürgerrechtsanwälte verhaftet worden. Jiang setzte sich als einer der wenigen für sie ein.
Dann wurde er selbst verschleppt, als er auf dem Rückweg von einem Mandaten war. Mehrere Wochen war er verschwunden, bis die Behörden einräumten, dass er in ihrem Gewahrsam sei.
Ein mutiger Verteidiger
Jiang hatte es schon zuvor gewagt gehabt, auch Tibeter, Aktivisten der Falun-Gong-Sekte, den Künstler Ai Weiwei, Opfer von verseuchtem Milchpulver und politische Dissidenten zu verteidigen. Das erfordert in China viel Mut und ist mit einem großem persönlichen Risiko verbunden. Bereits ab 2009 war seine Anwaltslizenz nicht mehr verlängrt worden.
Jiang nahm kein Blatt vor den Mund, äußerte sich in sozialen Netzwerken und gegenüber internationalen Medien. Ausländischen Besuchern wie der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Vize Sigmar Gabriel stand er Rede und Antwort. Dabei tat er insgesamt eigentlich nur das, was man von einem engagierten Rechtsanwalt erwarten würde.
Drei Wochen nach seinem Treffen mit Gabriel wurde Jiang verschleppt. Im Prozess wurde ihm vorgeworfen, mit feindlichen Kräften im Ausland kooperiert zu haben.
Sein Urteil fiel dabei letztlich noch recht milde aus, weil er ein Geständnis abgelegt hatte. Jiang hatte Folter im chinesischen Justizsystem öffentlich gemacht und jetzt offenbar selbst große Angst, diese erneut am eigenen Körper zu erleben.
Geständnis wohl erzwungen
Menschenrechtler werten sein Geständnis deshalb auch als höchstwahrscheinlich mit großem psychischem Druck erzwungen.
Jiangs Geständnis war schon vor Prozessbeginn im chinesischen Fernsehen ausgestrahlt worden und kam so einer Vorverurteilung gleich.
Jiang selbst wurde im Prozess nur von einem Pflichtverteidiger vertreten. Zwei von seiner im US-Asyl lebenden Frau angeheuerte Anwälte durften ihn nicht sehen. Die Justiz behauptete, Jiang hätte sie gefeuert.
Im offiziellen Video von der Gerichtsverhandlung erklärt Jian, dass er das Urteil akzeptiert und nicht in Berufung gehen wird.
William Nee von Amnesty International bezeichnete den Prozess „als von den Behörden inszeniertes politisches Theater“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient