China gegen Modekonzern H&M: Sie wissen, was sie tun

China traktiert den Modekonzern H&M wegen dessen Haltung zur Zwangsarbeit. Firmen sollten sich im Klaren sein, worauf sie sich in dem Land einlassen.

Zwei chinesische Polizisten vor dem Logo von H&M

Wer nicht nach Chinas Pfeife tanzt, bekommt den Zorn: Polizisten vor H&M-Laden in Peking Foto: UPI Photo/imago

Wenn ausländische Firmen wie der Modekonzern H&M „gecancelt“ werden nur dafür, dass sie sich gegen Zwangsarbeit positionieren, dann scheint endgültig ein Tiefpunkt erreicht. Doch im China des Xi Jinping ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser ein weiteres Mal unterboten wird.

Dieser Tage zeigen sich so deutlich wie selten die Schattenseiten vom Geschäftemachen in der Volksrepublik. Jedes europäische Unternehmen muss unweigerlich einen moralischen Drahtseilakt hinlegen, wenn es am boomenden Konsumentenmarkt von 1,4 Mil­liarden Einwohnern teilhaben möchte. Denn wer es wagt, nur im Leisesten Kritik an der Staatsführung zu üben, fliegt schneller außer Landes als eine Maschine von Air China. Ein unbedacht gewählter O-Ton reicht oftmals aus, um Tausende Arbeitsplätze und Milliardengewinne zu gefährden.

Dementsprechend verbreitet ist das Duckmäusertum. Als Peking-Korrespondent erfährt man im Wochentakt solch beschämende Situationen: Der Autokonzern-Chef, der selbst im Hintergrundgespräch nichts zur firmen­eigenen Fabrik sagen möchte. Der deutsche NGO-Leiter, der eine harmlose Klimadiskussion „off the record“ halten möchte. Oder der entsandte Sportfunktionär eines großen Fußballclubs, der stolz davon berichtet, dass er seinen Stürmer-Star auf Linie bringen konnte, nachdem dieser auf seinem persönlichen Twitter-Account seine Solidarität zu den Uiguren zeigen wollte.

Dass die chinesische Regierung künftig die globalen Spielregeln stärker gestalten möchte, ist nüchtern betrachtet längst überfällig. Peking ist eine Weltmacht, die natürlich das Recht hat, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Ihre Kernbotschaft lautet: Wer nicht nach unserer Pfeife tanzt, bekommt unseren wirtschaftlichen Zorn zu spüren.

Das mag zwar moralisch bedauerlich sein, ist jedoch nüchtern betrachtet die Realität der Dinge. Europäische Unternehmen sollten sich jedoch im Klaren sein, worauf sie sich einlassen. Spätestens nach dem Fall von H&M kann niemand mehr sagen, man hätte von nichts gewusst.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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