piwik no script img

Castortransporte mit dem SchiffTrockenübung auf dem Neckar

Zwischen Obrigheim und Neckarwestheim soll erstmals Atommüll verschifft werden. Atomkraftgegner starten am Samstag mit Widerstandsaktionen .

Rauf aufs Schiff: am 27. Februar gab es bereits einen Testlauf mit leeren Castoren Foto: dpa

Berlin taz | Eine Genehmigung für den Ernstfall liegt noch nicht vor. Dennoch fuhren diese Woche bereits mehrere Castoren auf einem Schubschiff den Neckar flussabwärts. Vom abgeschalteten Atomkraftwerk Obrigheim ging es zum Zwischenlager des AKW Neckarwestheim.

Noch war es nur ein Testlauf, die Castoren leer, doch schon in den nächsten Monaten werden sie den Weg erneut antreten. Fünf Schiffe mit je drei Castoren sollen dann insgesamt 342 Brennelemente verfrachten. Es wird eine Premiere: Nie zuvor gab es in Deutschland einen Castortransport auf einem Fluss.

Schon mit Verkündung des Plans durch den Energiekonzern EnBW im vergangenen Jahr formierte sich der Protest. Dem Bündnis „Neckar Castorfrei“ haben sich lokale Anti-Atom-Initiativen sowie Organisationen wie der BUND und Robin Wood angeschlossen. Und die Castor-Gegner sind entschieden wie eh und je. Sechs Jahre nach dem letzten großen Protesten in Gorleben heißt ihr Motto weiterhin: „Wir stellen uns quer“. Für Samstag hat das Bündnis eine Demonstration in Heilbronn angekündigt. Sprecher Herbert Würth sagte der taz: „Wir lehnen die Transporte ab. Sie stellen eine Scheinlösung dar.“

Obrigheim ging im Jahr 2005 vom Netz, fast genauso lang liegt eine Genehmigung für den Bau eines Zwischenlagers am selben Ort vor. Doch EnBW hat sich anders entschieden und möchte die Brennelemente in dem bereits bestehenden Zwischenlager, einem Steinbruch in Neckarwestheim, unterbringen. Der allerdings ist durch Auswaschungen und Hohlräume bedroht – „eine sichere Lösung ist das nicht“, so Würth. Der Konzern und das grün regierte Umweltministerium sprechen dagegen von einer „grünen Wiese“, sobald alle Reste abtransportiert und der Rückbau des AKW Mitte des nächsten Jahrzehnts abgeschlossen sein wird.

50 Kilometer, 6 Schleusen, 23 Brücken

Weil weder Obrigheim noch Neckarwestheim einen Schienenanschluss haben und der Transport über die Straße besonders aufwendig ist, entschied man sich für den Wasserweg. EnBW wirbt damit, dass die beiden doppelwandigen Schubleichter (Schiffe ohne Eigenantrieb) praktisch unsinkbar seien. Die Atomkraftgegner unterstellen dagegen noch eine andere Motivation, nämlich die schwierigen Protestbedingungen auf dem Neckar.

Doch Würth sagt: „Wir sehen unsere Möglichkeiten dort genauso groß.“ Auf der 50 Kilometer langen Strecke warten nicht nur sechs Schleusen und mehrere Engstellen, sondern auch insgesamt 23 Brücken. „Wir bereiten uns auf verschiedene Protest- und Widerstandsformen vor“ – das Ziel sei den Transport „zu behindern oder zu stoppen“. Die Polizei will das mit einem Großaufgebot verhindern.

Das Bundesamt für Entsorgungssicherheit teilte auf Anfrage noch keinen Termin für eine Genehmigung mit. Beachten werde man die neuen Sicherheitsrichtlinien zum Schutz vor Terrorangriffen, die derzeit durch das Bundesumweltministerium erarbeitet werden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Gemacht wird was möglich ist und nicht was nötig ist, so läuft es eben in einer marktkonformen Demokratie.

    Der Konzern bestimmt was gemacht werden muss, die politischen Entscheider ziehen hörig mit.

    Wie sehen die Katastrophenschutzpläne aus, sollte es zu einem Anschlag/Unfall oder einer Havarie kommen?

    Diese Castortransporte stellen nicht "nur" ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar, sondern sie sind maximal überflüssig und einzig der Beweis, dass die Landesregierung von BaWü unwillig, vielleicht sogar unfähig ist, das Gefahrenpotential zu minimieren.

     

    Grün sind die Blätter, schwarz ist der Stamm,

    nennt sich Regierung, und steht doch nur stramm.

  • Die Betreiber setzen vll auch auf die hohe ökologische Sensibilität der Flusslandschaft. Wer uns behindert, riskiert evtl erheblichen Umweltschaden. Das könnte den Handlungsdruck der Transportgegner anständig erhöhen.

  • Echt jetzt? Wie will man da sicherstellen, dass die Propeller der Schiffe nicht durch Leinen oder Drahtseile im Wasser angegriffen und blockiert werden? Im Gegensatz zu Bahngleisen sieht man nicht, was da im Wasser abgeladen wurde.