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Carola Rackete beim KapitänstagMehr Kapitäne für die Seenotrettung

„Sea-Watch“-Kapitänin Carola Rackete tritt im September beim traditionsreichen Bremer Kapitänstag auf. Sie will dort für Seenotrettung im Mittelmeer werben.

Ist im September Ehrengast beim Kapitänstag in Bremen: Carola Rackete Foto: dpa

Bremen epd/taz | Die „Sea-Watch“-Kapitänin Carola Rackete will beim traditionsreichen Bremer Kapitänstag für die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer werben. Sie wolle ihre Kolleg*innen dazu motivieren, sich selbst zu engagieren, sagte die 31-Jährige dem Bremer Weser-Kurier.

Rackete ist Ehrengast des Treffens am 6. September. Ende Juni wurde sie international bekannt, als sie sich nach 14 Tagen Wartezeit mit 53 Flüchtlingen an Bord der „Sea-Watch 3“ entschloss, ohne Erlaubnis in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa einzulaufen.

Im Grundsatz sei allen Kapitän*innen klar, dass Menschen in Seenot gerettet und in den nächsten sicheren Hafen gebracht werden müssten, sagte Rackete. Die entscheidende Frage sei jedoch, warum die Menschen auf dem Mittelmeer überhaupt in Seenot geraten. „Menschen fliehen aus einem Bürgerkriegsland, und weil es keine sicheren Fluchtwege gibt, müssen sie Boote nutzen, in die wir uns niemals hineinsetzen würden.“

Das Problem dabei sei nicht das Seerecht, sondern Rassismus, erläuterte Rackete: „Niemals würden wir eine schiffbrüchige Person mit europäischem Pass in ein Bürgerkriegsland bringen und behaupten, es gäbe dort einen sicheren Hafen für sie.“ Ob ein Hafen sicher ist oder nicht, dürfe nicht vom Pass oder Herkunft einer Person abhängen, „denn vor dem Recht sind alle Menschen gleich“.

Rackete appellierte an die europäischen Politiker*innen, langfristige Strategien und sichere Fluchtrouten zu schaffen. Die Migration sei nicht zu verhindern. „Indem wir Wege erschweren, Zäune bauen und fragwürdige Rückführungsabkommen schließen, machen wir die Fluchtrouten noch gefährlicher, was wir an der gestiegenen Todesrate sehen.“

Der Kapitänstag ist ein jährlich am ersten Freitag im September stattfindender Empfang für Kapitäne und Chefingenieure der Schiffe und Flugzeuge. Die Veranstaltung ist ein symbolischer Dank Bremens an die Verantwortlichen im See- und Luftverkehr und geht auf einen Senatsbeschluss im Jahr 1965 zurück.

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8 Kommentare

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  • „denn vor dem Recht sind alle Menschen gleich“

    Jeder Mensch hat das Recht, sich in Italien niederzulassen - was meinen Italienische Gerichte dazu?

    Migration ist nicht zu verhindern - mit harten Maßnahmen an den Grenzen ist sie zumindest deutlich zu reduzieren?

    Insgesamt allenfalls merkwürdige Behauptungen.

  • "Das Problem dabei sei nicht das Seerecht, sondern Rassismus, erläuterte Rackete: [...]"

    Das ist meiner Meinung nach, zumindest in Bezug auf Italien, ein sich hartnäckig haltendes Vorurteil, und man sollte hier noch eine "Weiche" weiterdenken: Eurokrise.

    Italien kämpft mit dem Abstieg. Da ist es nicht verwunderlich, wenn man von einer Rationalitätsfalle in die nächste tritt und sich von seiner schlechten oder gar schlechtesten Seite zeigt, und zumindest ich empfinde den Rassismus-Vorwurf dabei als von ausschließlich nautischen Kenntnissen der Welt geprägt.

    • 0G
      05653 (Profil gelöscht)
      @Gerhard Krause:

      Aber wenn die Italiener sich von einer der schlechtesten Seiten, also der rassistischen Seite zeigen, ist das Problem doch Rassismus. Die anscheinend schlechte wirtschaftliche Lage ist dabei sicherlich eine Motivation dem Ärger und der Wut durch Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Nationalismus Luft zu machen, aber Rassismus bleibt es dennoch.

      • @05653 (Profil gelöscht):

        Menschen sind gesteuert und Status-quo-Bewahrer, sie bleiben im Prinzip ewig Kinder, es mag zwar unschön sein und sich grundsätzlich nicht gehören, aber wenn "deine" Lebensgewohnheiten bedroht werden, dann reagierst "du".

    • @Gerhard Krause:

      Nein. Nicht mischen.

      Das Rassismus derzeit einen fruchtbaren Boden in Italien findet hat sicher auch mit der wirtschaftlichen Situation dort zu tun. Eine Situation die sicher auch von der hirnlosen Austeritätspolitik mit befeuert wird. Und vom Exportweltmeister.

      Aber es ist und bleibt Rassismus. Das ist weder Vorurteil noch "zu kurz" gedacht.

      • @tomás zerolo:

        Ich bin schon ziemlich, und sei es nur gefühlt, hornalt, ich kann Ihren Punkt verstehen.



        Ferner, aber umso intensiver, möchte ich in dieser Sache für die "unvollkommenen" Menschen werben, die, das ist meine Meinung, verlernt haben, sich ihrer Menschlichkeit zuzuwenden, soweit man für fehlende Menschlichkeit ganz oder teilweise das Wort "Rassismus" ein- und anführt.

        In Italien, wie hier, weiß ja zB auch kaum jemand, dass man sich für die Staatsanleihe (in Euro) den Zinssatz nicht zwingend vom Markt diktieren lassen muss, sondern EZB und Euro-Teilnehmerstaaten den Preis (u.a. Zins) auf ein (niedriges) Maß harmonisieren kann.

        So kam und kommt es zu Spreizung, womit der Koll. Sinn völlig sinnlos durch durch die Veranstaltungen tingelt und sich beklatschen lässt, weil unausgesprochen bleibt, dass es eben nicht stimmt, dass Krisen und Negativfolgen einfach so über uns kommen.

        "Die sind rassistisch" ist folglich mE genauso falsch, wie "Ausländer sind krinimell" oder "Ausländer nehmen die Arbeitsplätze weg".

        Die Menschen radikalisieren sich mE, u.a. dann, ich meine, dass dies durch soziologisches Verständnis und die Geschichte bereits bewiesen ist, wenn sie ökonomisch an die Wand gedrückt werden.

        In einem System, in dem alles zu bezahlen ist, da bin ich - siehe unten - ganz bei User R. Schramm, diktieren die ökonomischen Verhältnisse den Spielraum der Politik. Das! ist für mich Rassismus, das! muss sich ändern.

  • Richtig wäre: Mehr KapitänInnen im Kampf gegen die Rüstungs- und Rohstoffkonzerne, die Wirtschafts- und Monopolverbände, die französische Atommafia in der Europäischen Union!

    Richtig ist, keine Entsorgung des afrikanischen Jugend-Widerstands gegen den Ausverkauf ihrer Rohstoffe und Bodenschätze an die westlichen Wirtschafts- und Konsummetropolen!

    Würde es auch Frau Rackete ernst meinen, mit ihren antiimperialistischen Widerstand, dann würde sie ihren Beitrag in Europa für die Mobilisierung des antiimperialistischen Widerstands -- gegen die Ausplünderung Afrikas, Asiens und Lateinamerikas -- leisten!

    R.S.: seit 1967 im antiimperialistischen Kampf!

  • Ich dachte, Dreadlocks bei Weissen seien kulturelle Aneignung, neokolonial und rassistisch?



    Frau Hengameh hat mir das hier oft und oft eingetrichtert.



    Wie nun?