CDU-Wahlkampfauftakt im Osten: Müde Stimmung nicht auszumerzen
Die CDU in Sachsen und Thüringen startet in den Wahlkampf. Zu Gast: Parteichef Merz, der sich als von Trump inspirierter Kanzler in spe gibt.
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Das Romantik-Landhotel am Stadtrand mit seinem kleinen, aber noblen Park wirkte einladender als die Festung Meerane. Zudringliches Volk war aber auch in dieser grünen Idylle nicht zu befürchten. Man blieb unter Unionsfreunden und –freundinnen. Selbstermutigung war angesagt, und die ist auch dringend erforderlich. Es geht bei den Landtagswahlen am 1. September in beiden Bundesländern um mehr als die Thüringer Rostbratwurst, die Gäste für 4,50 Euro erwerben konnten. Die AfD liegt nach Umfragen von Ende Juni in Thüringen sechs Prozentpunkte vor der CDU (22,4 Prozent) und hat in Sachsen ganz knapp ebenfalls die Nase vorn. Die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer käme derzeit auf 29 Prozent.
Nun haben die Konservativen in beiden Ländern zumindest nicht mit dem Handicap einer betrunkenen E-Scooter-Fahrt zu kämpfen, wie sie der Brandenburger CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann seiner Partei gerade zumutet. Die startete am Donnerstag ebenfalls in den Wahlkampf für den 22. September, allerdings ohne Bundesprominenz. Aber auch im Gartenidyll zu Meerane wollte keine kämpferische Hau-Ruck-Stimmung unter den etwa 150 Parteigästen aufkommen.
Etwaige Partylaune erstickte schon der sächsische Ministerpräsident Kretschmer als Auftaktredner. Auch Nachrichtenagenturen fanden daran außer der Schärfe der Rede nichts berichtenswert. Kretschmer geht physisch leicht durch einen Infekt angeschlagen in die 45 Tage Wahlkampf bis zum 1. September.
Auf Reizthemen verzichtete Kretschmer. Nichts zu fiktiven Verhandlungslösungen im russischen Krieg gegen die Ukraine, keine erneute Verteidigung der „Friedensmission“ des derzeitigen ungarischen EU-Ratspräsidenten Viktor Orbán. Alleingänge, die die EU-Kommission mit einem Boykott Orbáns beantworten will.
Beseelt von „fröhlichem Patriotismus“
Dabei war Orbán lange gut gelitten bei der CDU im Osten. 320 Thüringer CDU-Mitglieder waren 2018 zu Orbán nach Budapest gepilgert. Und seit den 1990-er Jahren, der Ära des „Sachsenkönigs“ Kurt Biedenkopf, hält sich auch in der Sächsischen Union mindestens eine Europaskepsis.
Ministerpräsident möchte Mario Voigt in Thüringen erst noch werden. Wie, sagte er nicht. Irgendwie ideologiefrei und frei von Kollaboration mit Extremisten. Und beseelt von einem „fröhlichen Patriotismus“. Damit lieferte er dem Bundesvorsitzenden Friedrich Merz die Anmoderation und beschrieb zugleich das eigentliche bundespolitische Ziel dieser Landtagswahlen: „Wenn wir gewinnen, liefern wir der Bundespartei das beste Argument, dass nächstes Jahr die Ampel dran ist!“
Merz hielt denn auch nach dem obligatorischen Lob für seine Thüringer und die sächsischen Parteifreunde eher eine Auftaktrede für den Bundestagswahlkampf 2025. Peinlich berührt würden andere auf das Ampel-regierte Deutschland schauen. „Deutschland braucht Vertrauen und Stärke“, forderte Merz.
Nationale Töne überwogen dabei und Appelle an ein starkes Europa, das ein Gegengewicht zur erwarteten Wiederbelebung der „America first“-Strategie bilden müsse. Der CDU-Bundesvorsitzende sprach, als sei Donald Trump bereits wieder US-Präsident, und empfahl, dessen Rede in der Donnerstagnacht auf dem Republikaner-Parteitag zu hören, „die das Land mitreißen wird“.
„National, aber nicht nationalistisch“
Er habe nichts gegen eine wertegeleitete Außenpolitik, so Merz. Aber die Interessen des eigenen Landes gelte es aus einer Position der Stärke heraus mehr wahrzunehmen. Merz gab sich als ein vom Trumpismus inspirierter kommender Kanzler.
Er grenzte sich dabei von Rechtsradikalen ab. „Die CDU ist national, aber nicht nationalistisch!“ Der Unterschied sei, dass Patrioten ihr Land liebten und Nationalisten andere Länder hassten. Da gebe es keine Kompromisse. Merz betonte, dass es eine Zusammenarbeit mit der AfD deswegen nicht geben werde.
Einen Tipp zum Umgang mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht, das in beiden Bundesländern derzeit auf 15 bis 20 Prozent der Wählerstimmen hoffen kann, vermied Merz. Er erwähnte aber AfD und BSW in einem Atemzug.
Sein entschlossener Auftritt schien den Unionsfreunden dennoch keinen Wahlkampfelan zu vermitteln. Fassungslos berichteten manche im Gespräch von Überläufern zur AfD, von Bürgern, die ihnen völlig unbekannte AfD-Kandidaten wählen, die keinerlei Leistung vorzuweisen haben. Gegen den defätistischen Ungeist im Land hat niemand ein Rezept. Teilnehmer aus Sachsen setzen immerhin auf den in sechseinhalb Jahren erworbenen Amtsbonus von Michael Kretschmer. Den kann der Thüringer Spitzenkandidat Voigt nicht vorweisen.
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