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Buschmanns Blockade beim MietwucherIm Zweifel für die Ver­mie­te­r:in

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Der Justizminister tritt bei der Gesetzesinitiative gegen Mietwucher auf die Bremse. Das ist bedauerlich. Höhere Bußgelder hätten eine abschreckende Wirkung.

Nicht genug Schutz für Mieter Foto: Markus Pfaff/imago

J ustizminister Marco Buschmann (FDP) empfahl, eine Gesetzesinitiative aus dem Bundesrat abzulehnen, die gegen Mietwucher vorgehen will. Das grün geführte Wirtschaftsministerium und das SPD-geführte Bauministerium nickten es hingegen ab. Die Meinungsbildung sei noch nicht abgeschlossen. Natürlich gehört juristische Sorgfalt zum Anforderungsprofil eines Justizministers.

Wahr ist aber auch: Bedenken sind auch ein wunderbares Mittel, um Nichthandeln zu rechtfertigen. Dem Bundesrat geht es vor allem um zwei Dinge: erstens um ein doppelt so hohes Bußgeld bei Mietwucher. Zweitens soll es Mie­te­r:in­nen erleichtert werden, Mietwucher überhaupt nachzuweisen. So sollte es reichen, dass die vereinbarte Miete die ortsüblichen Mietpreise um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an Wohnungen knapp ist.

Aktuell gilt, dass Mie­te­r:in­nen nachweisen müssen, dass Ver­mie­te­r:in­nen eine Notlage bewusst mit überteuerten Mieten ausgenutzt haben. Beides ist richtig: Ein höheres Bußgeld erhöht die Abschreckungswirkung, und eine Reform des Wirtschaftsstrafgesetzes, um Mietwucher besser bekämpfen zu können, kann Mie­te­r:in­nen darin bestärken, überhaupt dagegen vorzugehen.

Die Bedenken der Bundesregierung wirken zudem vorgeschoben. Sie betreffen das sogenannte Schuldprinzip – wer unverschuldet handelt, muss straffrei bleiben. Bei der Frage überteuerter Mieten ist das aber ein geradezu lächerliches Argument. Mieten werden durch Ver­mie­te­r:in­nen bewusst fest­gesetzt und nicht aus Versehen. Es bleibt das Signal: Mieterschutz ist uns egal.

Dass das Bauministerium nun ankündigt, weiter gegen Mietwucher vorgehen zu wollen, während das Justizministerium sich hinter juristischen Argumenten versteckt, weist auf eine Konfliktlinie innerhalb der Ampelregierung hin. Klar ist: Die FDP steht im Zweifel auf der Seite der Vermieter:innen, dafür bekommt sie auch großzügige Parteispenden aus der Immobilienbranche.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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14 Kommentare

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  • Die FDP steht im Zweifel auf der Seite der Vermieter:innen, dafür bekommt sie auch großzügige Parteispenden aus der Immobilienbranche.

    Als guter vernetzter immobilienbroker - vermieter bin ich auch in der lage keinen Gewinn aus der bewucherungs - tätigkeit zu generieren also steuerneutral zu wirken.

    Wenn ich dann noch die Rechtssprechung optimiert - begleitet habe, baue ich mir offshore mit den Milliönchen ein paar jachten oder inselchen und lache mich in meinem Pool kaputt über die Naivität von gewissen Volsvertretern die mir Dankbar den Lebensabend versüssen.

    Klaro die Investoren wollen nur unser bestes. Unser Geld und unsere Abhängigkeit. Darum nehmen die FDP die Spenden auch gerne an.

  • @MARMOT

    Seriöse... Immobilien-Investoren? Sie meinen z.B. Deutsche Wohnen? Oder Vonovia?

    Selten so gelacht.

    Ja, die sähe ich auch gerne vertrieben. Sollen die in Crypto-Dingsbums oder in NFTs spekulieren, jedenfalls dort, wo sie Menschen keinen Schaden zufügen können, weit, weit weg von Nahrungsmittel, Wohnung, Bildung und Gesundheit.

  • Eine übertrieben mieterfreundliche Gesetzgebung verjagt gerade seriöse Immobilien-Investoren. Dann gäbe es irgendwann nur noch möblierte Wohnungen oder intransparente Wohnungsmärkte wie in Stockholm oder Wien.

    • @Marmot:

      Na ja. Wenn "der Vermieter" als Sündenbock weg fällt, würde das vielleicht dazu führen, dass die Kommunen endlich ihre Verantwortung bei der Versorgung der Bürger mit Wohnungen sehen.

      Momentan geht der Neubau bei Sozialwohnungen ja sogar, wie in Berlin zurück. Der Bestand in DE hat sich seit den letzten 15 Jahren fast halbiert! ( de.statista.com/st...en-in-deutschland/ ). Die vor allem auch in Kommunen und Bundesländer in denen der Sündenbock FDP Jahrzehnte kaum Fuß fassen konnte. Ja selbst in Rot-Grünen Kommunen ist dieser Trend zu beobachten.

  • Ja, der letzte Satz ist es: die FDP bedient ihre Kernklientel.

    @VRONI M.: sehe ich auch so. Verstösst m.E. gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Ich könnte es allenfalls verstehen, wenn die Ausgaben die Einnahmen überstiegen.

    • @tomás zerolo:

      Ein Vermieter, der zu doof ist Einnahmen (Mieten) und Ausgaben (Erhaltungs- und Instandhaltungskosten) gegen zu rechnen (=Grundrechenarten + & -), aufzulisten und bei der Steuererklärung anzugeben, der kann das nicht, weil er nicht darf, sondern weil er zu blöd dazu ist.

      Wie niedrig er seine Einnahmen hält oder gar grundsätzlich negative hat, bleibt allein ihm überlassen.

      Oder meinen Sie den Steuertick, den Unterhalt an die eigene Brut über angebliche negative Einnahmen bei der Vermietung weiter Immobilien an selbige zu mindern und der Allgemeinheit zu überlassen?

    • @tomás zerolo:

      dumm nur, wenn in dem verlinkten Artikel keine Spenden von Immobilienfirmen an die FDP aufgeführt werden, also die Behauptung der Autorin schlecht recherchiert ist und in der Luft hängt.

      • Moderation , Moderator
        @Hunky Dory:

        Hier finden Sie weitere Informationen:

        taz.de/Grossspende...Parteien/!5824473/

        www.bundestag.de/p...2021-inhalt-816896

        • @Moderation :

          Vielleicht posten Sie noch den Hinweis auf die Wahlergebnisse und Regierungsbeteiligungen der FDP in DE in den letzten 20 Jahre.



          Spenden und fehlende Bedeutung der FDP standen in einem reziproken Verhältnis zueinander. 🤪

          So wie hier eingebracht ist das wie mit den Babys und den Störchen.

  • "Dem Bundesrat geht es vor allem um zwei Dinge: erstens um ein doppelt so hohes Bußgeld bei Mietwucher."



    Warum nicht gleich Vergesellschaftung? Bei starker Anhebung von Miete und Betriebskosten hat sich die*der Vermieter*in disqualifiziert.

    • @Uranus:

      Wenn es aber jemanden gibt, der bereit ist diese Miete zu zahlen? Im Prinzip gehört die Wohnung dem Eigentümer...er muss sie ja auch nicht vermieten, wenn ihm das Vermieten als nicht lohnend erscheint

    • @Uranus:

      Was für eine schräge Argumentation.



      Wenn sie ihren Löffel falsch halten, sollte der dann vergesellschaftet werden und sie essen die Suppe mit der Hand?

  • Weshalb sollten Vermeiter einen "Mieterschutz" berücksichtigen müssen? Das Wirtschaftstrafgesetz ist nicht geeignet, einen Mieterschutz zu regeln (Grenze ist lediglich Wucher). Soweit eine Wohnung nicht unter die Mietpreisbremse fällt, ist es Sache der Parteien einen angemessenen Preis zu verhandeln. Insoweit hat die FDP durchaus Recht.

  • Von der FDP hätte ich nichts anderes erwartet.

    Wichtig wäre meines Erachtens auch, das Steuerrecht zu ändern. Aktuell können Vermieter, die nach Ansicht des Finanzamts "zu günstig" vermieten, Erhaltungs- und Instandhaltungskosten nicht oder nur teilweise steuerlich geltend machen.Und das betrifft nicht jur die Vermietung an Angehörige