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Burundi als letzter VerbündeterKongo auf verlorenem Posten

Nach Südafrikas Abzugsbeschluss hilft nur noch Burundi Kongos Armee gegen die von Ruanda unterstützten M23-Rebellen – eine explosive Konstellation.

M23-Rebellen patrouillieren am 4. März im Zentrum von Bukavu, der zweitgrößten Stadt Ostkongos Foto: Janvier Barhahiga/ap/dpa

Kampala taz | Kamanyola, Kaziba, Lemera, Mulenge, Gatumba – lauter kleine Dörfer in der Provinz Süd-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo, die in den vergangenen Wochen in die Hände der Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) gefallen sind. Sie liegen in Grenznähe zum kleinen Nachbarland Burundi.

Ihr nächstes großes Ziel, so die M23, sei die Stadt Uvira direkt an der burundischen Grenze unweit von Burundis größter Stadt Bujumbura. „Wenn Uvira fällt“, so das M23-nahe Onlinemedium Kivu News, „wäre dies das Ende von Burundis Einfluss in Süd-Kivu.“

Als die M23-Kämpfer im Februar aus ihrem Kerngebiet in Nord-Kivu nach Süd-Kivu vorstießen, lieferten sie sich heftige Gefechte mit burundischen Truppen. Burundi entsandte vor zwei Jahren rund 3.000 Soldaten, um Kongos maroder Armee gegen die von Ruanda unterstützte M23 unter die Arme zu greifen. Bei Gefechten mussten sie hohe Verluste einstecken. Allein im Januar starben in einem Hinterhalt 19 burundische Soldaten, über 80 wurden verletzt. Vergangene Woche starben in Gefechten 80 Kilometer nördlich von Uvira 20 Burundier.

Nach dem Fall von Süd-Kivus Provinzhauptstadt Bukavu Mittte Februar setzte die M23 Burundi eine 24-Stunden-Frist, um abzuziehen. Doch stattdessen kam Verstärkung. Mittlerweile stehen bis zu 10.000 burundische Soldaten in Ostkongo.

Eingreiftruppe wurde mit Geld aus Coltan-Mine bezahlt

Bis April 2024 wurde Burundis Eingreiftruppe über die Ausbeute von Ostkongos größter Coltanmine Rubaya in Nord-Kivu bezahlt. Dann fiel diese an die M23, und die ­Burundier verlegten ihr Hauptquartier in die Goldgräberstadt Nyabibwe in Süd-Kivu. Nach deren Fall zogen sie sich in Richtung Grenze zurück.

Die Bereitschaft, unbezahlt im Kongo zu kämpfen, ist nicht hoch. Mehrfach war in burundischen Medien von Verhaftungen, Strafen und sogar Exeku­tio­nen die Rede, wenn Soldaten Befehle verweigerten oder flohen. UN-Experten berichteten im Juli 2024 von rund 500 Soldaten, die in Burundi wegen ­Befehlsverweigerung in Haft sind.

Als die M23 Bukavu einnahm, flohen 65.000 Kongolesen nach Burundi, darunter zahlreiche Provinzpolitiker, Beamte und auch Polizisten und Soldaten. Sie suchen nun Schutz vor der einsetzenden Regenzeit in Kirchen oder Schulen an der Grenze. Allein im Fußballstadion von Rugombo hausen 45.000 Flüchtlinge. Es gibt nicht genügend Latrinen, Duschen oder Nahrung, so das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

Burundi ist eines der ärmsten Länder der Welt. Der Flüchtlingszustrom treibt die Lebensmittelpreise in die Höhe. Und auch die politische Lage ist instabil. Im Mai stehen in Burundi Parlamentswahlen an.

Präsident Evariste Ndayishimiye von der regierenden CNDD-FDD (Nationalkomitee/Front zur Verteidigung der Demokratie) mobilisiert bereits seine Partei-Jugend­miliz Imbonerakure, um mittels Einschüchterung Wählerstimmen zu garantieren. Die Mili­zio­näre werden derzeit an schweren Waffen ausgebildet, um im Kriegsfall Burundi gegen die M23 und Ruanda zu verteidigen.

Spannungen zwischen Burundi und Ruanda

Burundi liegt seit langer Zeit im Clinch mit dem Nachbar Ruanda. In Burundi regieren ehemalige Hutu-Rebellen, in Ruanda ehemalige Tutsi-Rebellen, sie trauen einander nicht. Sämtliche Grenzübergänge sind geschlossen. Beide Seiten haben ihre Armeen in Stellung gebracht – und unterstützen jeweils Rebellengruppen, die gegen die Regierung des anderen Landes kämpfen.

So unterstützt laut UN-Experten Ruanda die burundische Rebellengruppe RED-Tabara sowie die burundische Miliz Biloze Bishambuke, die beide mit der M23 alliiert sind. Burundi beherbergt seinerseits den aus Kongo geflohenen Militärchef der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), Pacifique Ntawunguka alias Omega, den meistgesuchten Mann in Ruanda.

Die Sorge vor einem direkten Konflikt wächst. Aus Angst davor haben UNO und USA ihren in Burundi stationierten Diplomaten geraten, ihre Familien auszufliegen. Bei einem Treffen mit Diplomaten versicherte jedoch Burundis Präsident Ndayishimiye: „Burundi ist ein friedliches Land.“ Man wolle die Differenzen mit Ruanda „mit friedlichen Mitteln lösen“.

Doch falls Burundi angegriffen werde, „wird das burundische Volk gezwungen sein, sich mit allen Mitteln zu verteidigen“. Immerhin, die Geheimdienstchefs beider Länder trafen sich vergangenen Montag, um über eine Öffnung des Grenzverkehrs zu verhandeln.

Angolas Präsident lädt zu Verhandlungen mit den Rebellen

Für Kongos Regierung ist Burundi als Verbündeter immer wichtiger. Am vergangenen Donnerstag beschloss die SADC (Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft) den Rückzug ihrer vor allem von Südafrika gestellten Kongo-Eingreiftruppe mit zuletzt rund 2.800 Soldaten, einige sitzen in Goma unter M23-Herrschaft fest. Damit wären die Burundier die letzten ausländischen Truppen auf Regierungsseite in der DR Kongo.

Vor diesem Hintergrund hat nun Angolas Präsident João Lourenço im Auftrag der Afrikanischen Union für Dienstag zu direkten Verhandlungen zwischen Kongos Regierung und der M23 in Angolas Hauptstadt Luanda eingeladen. M23-Präsident Bertrand Bisimwa hat eine Einladung erhalten. Ob Kongos Präsident Félix Tshisekedi sich mit ihm an einen Tisch sitzt, bleibt offen: Seine Regierung hat auf die Ergreifung von Bisimwa und anderen Rebellenführern ein Kopfgeld von fünf Millionen US-Dollar ausgesetzt.

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1 Kommentar

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  • Fünf Millionen US-Dollar Kopfgeld - damit könnte in der Region so viel Gutes getan werden.