Bundesverdienstkreuz für Daniel Nivel: Zu wenig, zu spät
1998 wurde Daniel Nivel von Nazi-Hooligans verprügelt. Jetzt bekam er das Bundesverdienstkreuz. Eine nette Geste, die aber nicht alleine stehen sollte.
Daniel Nivel wurde um 21. Juni 1998 von deutschen Hooligans brutal zusammengeschlagen. So brutal, dass der französische Polizist daraufhin mehrere Wochen im Koma lag und seitdem einseitig gelähmt ist. Nicht riechen und nicht schmecken und nur mühsam sprechen kann. Das alles geschah im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich während des Spiels Deutschland gegen Jugoslawien. Bereits einen Tag zuvor sollen sich 80 deutsche Neonazis unter Fußball-Fans gemischt und gebrüllt haben: „Wir sind wieder einmarschiert.“
Vier der Angreifer waren danach zu Haftstrafen zwischen dreieinhalb und zehn Jahren verurteilt worden. Zwei Jahre nach der Tat gründete der damalige DFB-Präsident Egidius Braun die Daniel-Nivel-Stiftung, die sich gegen Gewalt im Fußball und für Gewaltopfer engagieren will.
Bundespräsident Steinmeier hat Daniel Nivel am 4. September das Bundesverdienstkreuz verliehen, Heiko Maas hat es ihm am Dienstag vor dem Nation-League-Spiel Deutschland gegen Frankreich in Paris überreicht. „Sie sind zu einem Symbol gegen Hooligangewalt und Nationalismus geworden“, sagte Maas.
Aber was bedeutet das? Bevor Nivel überhaupt zu einem Symbol für die Folgen von Hooligangewalt und Nationalismus werden konnte, musste er erst Opfer davon werden. Er ist Symbol für das, was im schlimmsten Fall geschehen kann. Und eine Auszeichnung dafür zu bekommen, dass man Opfer einer zerstörerischen, lebensveränderenden Gewalttat wurde, kann eigentlich nur ein schwacher Trost sein.
An Nivels Seite stehen
Die Verleihung des Bundesverdienstkreuz ist zwar dennoch eine schöne Geste der Solidarität, der Anteilnahme und des Mitgefühls. Dafür, dass man auf Nivels Seite steht und den gewalttätigen Nazi-Hooligans entgegen. Doch die Geste kommt zu spät.
Die Tat ist 20 Jahre her, seit zehn Jahren sind alle Täter wieder frei. Nach wie vor kommt es zu gewaltsamen Ausschreitungen bei Fußballspielen durch Hooligans. Auch ist es nach wie vor so, dass es Verbindungen zwischen der rechtsextremen und der Hooligan-Szene gibt.
Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Daniel Nivel hilft dabei, die schreckliche Tat von 1998 nicht zu vergessen. Auf diese Geste sollten aber weitere Taten folgen. Die Aktivitäten der Daniel-Nivel-Stiftung könnten zum Beispiel erweitert und stärker gefördert werden. Das stünde nicht nur dem deutschen Fußball sondern auch dem deutschen Staat gut zu Gesicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“