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Bundestagswahl am 23. FebruarRollback bei der Berliner CDU

Erstmals seit 2002 führt keine Frau die Landesliste der Berliner CDU an. Spitzenkandidat ist Jan-Marco Luczak – für Mieterschützer ein rotes Tuch.

Spitzenkandidat Jan-Marco Luczak zwischen Landeschef Kai Wegner und Generalsekretärin Ottilie Klein am Donnerstagabend Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Erstmals seit zwei Jahrzehnten keine Frau vorn, dafür der mutmaßlich schärfste Gegner der Mietpreisbremse, Jan-Marco Luczak, als Spitzenkandidat. Und zudem kein Ostler auf einem vorderen Listenplatz. Das ist in Kurzform die Landesliste für die Bundestagswahl am 23. Februar, auf die sich die Berliner CDU am späten Donnerstagabend festgelegt hat.

Damit könnte sie die einzige unter Berlins mitgliederstärksten Parteien sein, bei der keine Frau die Landesliste anführt: Bei den Grünen ist eine Frau als Nummer 1 gesetzt, bei der SPD ist das im Gespräch. Die beiden Parteien stellen Samstag und Mittwoch ihre Listen auf.

Fünfmal in Folge hatten die Christdemokraten seit 2005 Monika Grütters an die Spitze ihrer Liste gewählt, die zwischenzeitliche Landesvorsitzende und Kulturstaatsministerin, überzeugte Merkel-Anhängerin und auf dem liberalen Parteiflügel einzuordnen. Sie hatte bereits Ende September, sechs Wochen vor dem Aus der Ampel-Regierung, in einem Gastbeitrag für die FAZ angekündigt, nicht wieder für den Bundestag kandidieren zu wollen.

Nun wurde auf Platz 1 statt Grütters nicht etwa Ottilie Klein gewählt, seit 2023 Generalsekretärin des Landesverbands, sondern Luczak, der Chef der fünfköpfigen Berliner CDU-Landesgruppe im Bundestag. Er ist für Mieterschützer das, was sich am besten mit einem roten Tuch vergleichen lässt. Luczak war eine treibende Kraft, als fast 300 Unionsabgeordnete 2020 am Bundesverfassungsgericht gegen den Berliner Mietendeckel vorgingen.

Kritiker der Mietpreisbremse als Spitzenkandidat

Am Kampf gegen den Mietendeckel beteiligte sich zwar auch Berlins heutiger Regierender Bürgermeister Kai Wegner. Doch der durchlief bei diesem Thema seither eine Wandlung. Gemäß der im Namen der Partei verankerten christlichen Ausrichtung ließe sich sagen: vom Saulus zum Paulus.

Bereits im Herbst 2023, ein halbes Jahr vor seiner Wahl zum Regierungschef, überraschte Wegner mit Forderungen, die Mietpreisbremse konsequenter anzuwenden und vermehrt den Wucherparagrafen des Strafrechts zu nutzen, der stark überhöhte Mieten abstraft.

Luczak hingegen wandte sich noch in diesem Oktober gegen das Vorhaben der Bundesregierung, die Mietpreisbremse über das Jahr 2025 hinaus zu verlängern. Er war bei der Einführung der Bremse im Bundestag nach Einschätzung von Kritikern auch daran beteiligt, diese Regelung inhaltlich auszuhöhlen und somit weniger effektiv zu gestalten. Die Kampagne „Mietenstopp“, getragen unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der Arbeiterwohlfahrt und dem Berliner Mieterverein, verlieh Luczak 2021 die „Goldene Mietenklatsche“

Nach seiner Positionierung in der Bandbreite der CDU zwischen dem wirtschaftsliberalen Generalsekretär Carsten Linnemann und dem als liberal geltenden Ministerpräsidenten von NRW, Hendrik Wüst, gefragt, lehnte Luczak derlei „Schubladendenken“ ab. Er befürworte die Ehe für alle, stehe aber für eine klare Linie in der Migrationspolitik.

Dominanz der Westler

Die Landesliste ist zudem stark westlich dominiert. Das brachte bei dem Parteitreffen am Donnerstag Mario Czaja ans Rednerpult, den einzig direkt gewählten CDU-Bundestagsabgeordneten aus dem Osten Berlins. Er hatte seinen Wahlkreis in Marzahn-Hellersdorf 2021 gegen den damaligen bundesweiten Negativ-Trend bei der CDU gewonnen und dürfte ihn am 23. Februar angesichts deutlich besserer Umfragewerten für seine Partei sicher verteidigen.

Czaja kritisierte die Parteispitze, deren Listenvorschlag die CDU-Delegierten am Donnerstagabend in jedem Punkt folgten. „Ich halte es ehrlich gesagt für falsch, keinen aus dem Osten auf einen aussichtsreichen Listenplatz zu stellen“, sagte er.

Kurzzeitig hatte es so gewirkt, als wolle Czaja auf Listenplatz 3 gegen Adrian Grasse aus Steglitz-Zehlendorf antreten, mit dem er bis 2021 gemeinsam in der Abgeordnetenhausfraktion saß. Doch die Zusammenstellung der Liste habe „mit der Weitsicht des Landesvorstands zu tun und nichts mit Adrian Grasse, den ich sehr schätze“, sagte Czaja. Eine Entgegnung darauf durch den Landesvorstand und dessen Vorsitzenden Wegner gab es nicht.

Dabei könnte die Personalie Czaja Wegner auch privat beschäftigt haben. Denn die erfolglose Forderung an den Landesvorstand, ihn vorn auf der Liste zu platzieren, wurde nach Czajas Worten einstimmig von seinem Kreisvorstand Wuhletal so beschlossen. Und eine der drei stellvertretenden Vorsitzenden dieses Gremiums ist Katharina Günther-Wünsch, Wegners Lebensgefährtin.

Czaja will mehr Wertschätzung für den Osten

Czaja, von 2011 bis 2016 Berlins Sozial- und Gesundheitssenator, war bereits vor der Bundestagswahl 2021 vom Landesvorstand nicht berücksichtigt worden. Vergeblich kandidierte er damals gegen seinen früheren Senatskollegen Thomas Heilmann für einen vorderen Listenplatz. Czaja argumentierte auch damals damit, eine solche Platzierung sei ein Zeichen der Unterstützung für die östlichen Kreisverbände. Am Donnerstagabend erinnerte er daran, dass inzwischen zwei Ostbezirke CDU-Bürgermeister haben, während Steglitz-Zehlendorf grün geführt ist.

Landeschef Wegner hatte eingangs seinen eigenen Wahlerfolg 2023 hervorgehoben und ihn zum Modell für den Bundestagswahlkampf gemacht. „Von Berlin lernen, heißt siegen lernen“, sagte er. In seiner Rede pries Wegner, der sich sonst, unter anderem beim Umgang mit der Schuldenbremse, wiederholt kritisch gegenüber Friedrich Merz geäußert hat, seinen zum Kanzlerkandidaten avancierten Bundesvorsitzenden.

Merz werde genau für den nötigen Richtungswechsel sorgen, ihm müsse man „Rückenwind geben auf seinem Weg ins Kanzleramt“, sagte Wegner. Vor einem Jahr hatte es die Auseinandersetzung zwischen beiden ins Bundesparlament geschafft, als Merz dort sagte, Entscheidungen zur Schuldenbremse „werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin“.

Bei der jüngsten Umfrage zur Bundestagswahl von Ende November liegt die CDU in Berlin bei 24 Prozent und damit vor den Grünen (22), der AfD (17) und der SPD (13). Bliebe es dabei, würden die Christdemokraten ihr Ergebnis von 2021 um ein Drittel verbessern. Damals erhielten sie nur fünf Bundessitze und gewannen lediglich drei Wahlkreise – Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf. Am 23. Februar könnten es bis zu acht und ebenso viele Wahlkreissiege sein.

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14 Kommentare

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  • Wo ist das Problem ? Die Parteimitglieder bestimmen letztendlich durch Wahl wer welchen Listenplatz bekommt. Das ist Demokratie.

  • Hoffentlich werden nicht versehentlich die Stimmzettel für die BTW mit falschen Datum gedruckt: 1955 statt 2025 - das passt allerdings viel besser zur CDU ;-)

  • Fünfmal eine Frau auf Platz 1 der Liste, schön. Jetzt mal ein Mann, für die TAZ ein Rollback. Ernsthaft??? Wo ist das Problem?

  • Viele Menschen sorgen sich um ihren persönlichen Haushalt, die Mieten sind ein großes Thema. Und die CDU mit diesem Personal und überhaupt den allgemeinbekannten (?) Vorbehalten gegen Mietbegrenzungen führt die Umfragen an.

    • @Ciro:

      Wenn man zur Lösung des Mieten-Problems gleich die Große System mfrafe stellt, wird nichts daraus.



      Probieren wir es mit dem Kleinen: wirksames Vorgehen gegen Mietnomaden, gegen Entmietung mittels unsachgemäßer, viel zu langsamer Sanierung, harte Strafe für Veruntreuung von Nebenkosten.



      Dann kann man noch für Eigentümer im Ausland im Inland ansässige Prokuristen verlangen, und verzögerte Weiterleitung der Miete an ausländische Konten bei Qualitätsmangel, geordnete Verantwortung und Haftung bei Mängel.

    • @Ciro:

      Die werden sicherlich von Autofans gewählt, die nicht darauf warten können, nach dem Verlust der Wohnung endlich im Wagen auf der A100 zu wohnen.

    • @Ciro:

      Das Gutachten der Wirtschaftsweisen kam auch zum Ergebnis, dass die Mietpreisbremse hinderlich ist für den Wohnungsmarkt. Nach meinem Wissen auch mit Zustimmung des gewerkschaftsnahen Vertreters.

      • @Der Knuenz:

        Denken Sie mal über den Begriff "Wohnungsmarkt" nach, dann erkennen Sie vielleicht, wo das Problem liegt!

    • @Ciro:

      Sie haben vollkommen recht. Mich wundert das auch, weil man eben oft davon ausgeht, dass die Menschen eben nicht so genau nachdenken. Hier zeigt sich das Gegenteil. Das ist recht erfreulich.

  • Ist in Berlin der Ost/West Hintergrund immer noch so wichtig? Generell kann ich es verstehen, bei Berlin würde ich es nicht erwarten. Es lässt allerdings einigermaßen tief blicken, wenn sich von dort niemand durchsetzen konnte.

    Zu problematisieren, dass nach 20 Jahren ein Mann an die Spitze der Liste kommt ist m.E. nach eher frech. Es sollte normal sein, dass das mal abwechselt. Frauen sind ja nicht per se bessere Politiker.

    • @Dr. Idiotas:

      Das überrascht aber nicht. Diskriminierung nach Geschlecht aka. Sexismus gehört zur grünen Standardausstattung.

  • Grütters war die Chialo, nur im Bund, sorry.



    Und im Osten der Stadt und bei Frauen mag dann jede und jeder seine Schlüsse daraus ziehen.



    Wichtiger sind aber die Inhalte. Das bewegt sich mit der Union recht sicher gerade in eine nicht zielführende Richtung, für die Vielen gesehen.

  • Ich hoffe zutiefst, dass keine Mieterin oder Mieter CDU/AfD wählt, aber leider rede ich meistens gegen eine Wand.

    • @Montagsdepression:

      Natürlich wählen die auch die CDU und die AfD.

      Es war ein rot-roter Senat, der die GSW verkaufte und die verbliebenen städtischen Wohnungsbaugesellschaften verdonnerte, Gewinn zu machen.

      Rot-Grün-Rot hat auch nichts Nachhaltiges auf die Reihe gekriegt.

      Die Enteignungsdiskussion als populistische Wählerbenebelung war komplett sinnfrei.

      Die CDU reißt es jetzt auch nicht raus.

      Da kann man als Mieter wählen, wen man will.