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Bundestagswahl 2025Wählen und kämpfen!

Zwischen Klimapolitik und Antifaschismus steht nicht oder, sondern und. Bis zur Bundestagswahl widmet sich die taz hier den drängendsten Themen.

Der Wahlkampf hat begonnen Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Zehn Jahre nach der Pariser Klimakonferenz steuert die Welt auf katastrophale Veränderungen zu. Die globale Durchschnittstemperatur lag 2024 zum ersten Mal über der kritischen Grenze von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

taz Themenwoche Klima

Im Wahlkampf spielt die Klimakrise keine große Rolle. Dabei schreitet die Erderhitzung weiter voran. Die taz schaut in dieser Woche dahin, wo es brennt. Alle Texte zum Thema finden Sie hier.

Nichts dagegen zu tun, ist keine Option. Doch der gesellschaftliche Umbau ist teuer und erfordert kollektiv wie individuell große Veränderungsbereitschaft. Das Geld dafür ist, außer in den Händen der oberen Zehntausend, knapper geworden. Geopolitische Disruptionen wie der russische Angriffskrieg und Donald Trumps neokoloniale Ansprüche führen obendrein zu einem Verlust an Sicherheit in globalem Maßstab.

Die fundamentale Verunsicherung, die zunehmende globale Ungleichheit und eine weltweite Relativierung von Fakten nützen auch in Deutschland vor allem Rechtsextremen und Autokraten. Die Situation ist also bescheiden. Und niemand scheint in dieser so entscheidenden Zeit zu wissen, wie der gleichzeitigen Bedrohung durch Klimakrise und Rechtsextremismus zu begegnen ist.

Rückzug können wir uns nicht leisten

Die jeweiligen politischen Antworten wirken aus linker und ökologischer Sicht widersprüchlich. Einerseits will man angesichts der Klimakrise entschieden handeln, andererseits hält man sich aus Angst, rechtsextreme Narrative zu füttern, mit harten ökologischen Forderungen zurück.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die Folge ist ein Zurückweichen im Kampf gegen die Klimakrise. Aktivistinnen und Aktivisten formulieren klimapolitische Anliegen mitunter vorsichtig in „Nachhaltigkeit“ um, was die Krise verdaulicher erscheinen lässt. Der grüne Kanzlerkandidat stellt die Schuldenbremse nicht etwa für die Klimapolitik infrage, sondern für eine aufgemantelte Verteidigungspolitik. Und im Wahlkampf lautet die allgemeine Botschaft: Migration ist das Schicksalsthema der Menschheit – und nicht die Bedrohung ihrer natürlichen Lebensgrundlagen.

Doch Rückzug ist das Letzte, das wir uns jetzt leisten können, das zeigen unter anderem die verheerenden Brände in Los Angeles oder die Lage in Österreich, wo ein rechtsextremer Kanzler droht. Im Gegenteil: Wenn denn nichts offenkundig richtig ist und jeder Fakt verzerrt werden kann, ist utopisches Denken praktische Vernunft.

Wer erfolgreich Klimapolitik machen will, muss sich trauen, einen starken Staat der anderen Art zu denken; einen Staat, der emotionale und finanzielle Sicherheit schafft. Der den Umbau der Gesellschaft in die Hand nimmt und der sich das Geld dafür auch dort holt, wo es zuhauf vorhanden ist: bei den Vermögenden.

Auftakt in dieser Woche: Klima und Energie

Der Ruf nach vermeintlicher Freiheit von Heizungsgesetzen, Veggie-Days und Klimapolitik im Allgemeinen zielt auf einen Abbau staatlicher Lenkung. Davon profitieren hauptsächlich Konzerne. Sicherheit kann aber, entgegen konservativen bis rechtsextremen Erzählungen, auch aus mehr statt weniger Steuerung erwachsen. Das reicht dann allerdings weit über die „sozialökologische Transformation“ oder eine homöopathische Bürgergelderhöhung hinaus.

Die Demokratie und unsere Lebensgrundlagen stehen auf dem Spiel. Da wird doch Deutschlands finanzielle Bonität die Aufhebung der Schuldenbremse vertragen.

Mit dieser Haltung beginnt die taz ihre Wahlkampfberichterstattung. Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar widmen wir uns auf allen Kanälen drängenden Themen wie Krieg und Frieden, Emanzipation und sozialer Gerechtigkeit. Zum Auftakt blicken wir in dieser Woche auf Klima und Energie. Währenddessen reisen gerade Tausende ins sächsische Riesa, um gegen die AfD zu protestieren. Denn zwischen Klimapolitik und Antifaschismus steht nicht oder, sondern und.

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11 Kommentare

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  • Danke für diesen guten Beitrag und Glückwunsch zu den Plänen der taz in Sachen Berichterstattung.



    Selbstverständlich ist es zielführend, die genannten Positionen, Klima, Rechtsextremismus und die soziale Fragen kritisch zu betrachten.



    Deutlich sollte allerdings aus einer "linken Perspektive" , die ich der taz zuschreibe, sein, dass, neben der Linken, die um Ihr Überleben kämpft, die Positionen der Grünen und der SPD am ehesten in die "richtige Richtung" gehen.



    Das wird besonders deutlich an den Vorhaben Staatsbürgerschaft, Asyl , GEG, Windkraft, die ein Möchtegern Kanzler Merz wieder abschaffen will.



    Es gilt auch, die gesellschaftlichen Verdienste der Ampel zu nennen und die (einzige) Zukunftsperspektive für unsere Wirtschaft, die in einer ökologisch sozialen Weiterentwicklung besteht, zu erläutern.



    Das hat die taz in den letzten Wochen getan.



    Danke dafür!



    Was wir nicht brauchen, ist, CDU Positionen, die denen der "afd" gleichen, zu relativieren.



    Was im linken Spektrum ebenfalls unzeitgemäß ist, sind neue Gräben aufzugwerfen.



    Es ist Wahlkampf und was mit Merz droht, wird immer deutlicher.



    Hier gilt es den Finger in die Wunde zu legen und für klare Verhältnisse zu sorgen.

  • "Die globale Durchschnittstemperatur lag 2024 zum ersten Mal über der kritischen Grenze von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Nichts dagegen zu tun, ist keine Option"



    Wer Falschmeldungen stetig bemängelt sollte vielleicht mal selbst damit aufhören ständig welche in Umlauf zu bringen...🙄



    Mit Ausnahme der AfD will NIEMAND nichts dagegen tun. Alle Parteien streben die CO2 Neutralität und den fossilen Ausstieg an.



    Teilweise halt auf euch nicht genehmen Wegen - Stichwort Wiedereinstieg in die Atomenergie, synthetischer Dieselkraftstoff, etc...



    Und alle nicht in dem zeitlichen Fenster das ihr euch vorstellt.



    Es ist völlig okay das ihr die Ideen und Strategien der anderen Parteien kritisiert und auch den zeitlichen Horizont zur Diskussion stellt, deshalb aber permanent zu behaupten alle anderen Parteien würden NICHTS gegen die Klimaerwärmung tun wollen ist einfach nur plump gelogen.

    • @Farang:

      Nichts dagegen zu tun bedeutet, dass man die Dringlichkeit nicht erkennt. Eine Feuerwehr die bei einem Brand eintrifft und mit dem löschen beginnt aber nur c-Rohre beschafft hat wo es A-Rohre bräuchte um den Brand zu löschen, der würde man auch vorwerfen sie habe nichts getan, denn jedes Greenwashing ist auch etwas tun und jede unzureichende Maßnahme als ausreichend hinzustellen ist auch etwas getan, aber sie sind eben nicht ausreichend sondern kontraproduktiv, weil sie suggerieren es werde doch genug getan.



      Aber wenn man sich ein Ziel setzt dann definiert dieses die Maßnahmen, so dass man das Ziel erreichen kann. Ist man dazu nicht bereit sollen man auch offen kommunizieren dass man das Ziel aufgegeben hat. Das tut aber keine der Parteien, denn damit müssten sie öffentliche ihren moralischen Bankrott eingestehen.

      Aufgabe der Politik ist übrigens nicht das "Mögliche" umzusetzen, dafür gibt eine Verwaltung. Aufgabe der Politik ist es das "Nötige" möglich zu machen.

      Wiedereinstieg in die Kernenergie (es werden keine Atome sondern Atomkerne gespalten) und synthetische Treibstoffe sind Hirngespinste, die suggerieren sollen es kann alles bleiben wie es ist.

  • "Das Geld dafür ist, außer in den Händen der oberen Zehntausend, knapper geworden."



    Für den Staat ist Geld grundsätzlich nicht knapp.



    Wenn ein Staat Geld ausgibt, mindert er einfach sein Konto bei der eigenen Zentralbank. Die Minderung ist technisch gesehen unbegrenzt möglich, da nur ein Datensatz. Wenn sich in der Folge das Girokonto des Empfängers erhöht, findet eine Geldschöpfung statt.



    Steuereinnahmen sind analog dazu eine Geldervernichtung.



    Steuern sind also gar nicht zur "Finanzierung" eines Staates notwendig, haben aber andere wichtige Funktionen.



    Der Staat könnte also alle Ausgaben, die er für erforderlich hält, tätigen, ohne dabei auf die Einnahmen zu achten.



    Eine Erhöhung der Inflation durch mehr staatliches Geld ist überhaupt erst denkbar, wenn die Wirtschaft ausgelastet ist, also bei Vollbeschäftigung. Und selbst dann würden sich die Preise nur langsam erhöhen. Davon sind wir aber Lichtjahre entfernt. Und Hyperinflationen - besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern - haben ohnehin andere Ursachen wie z.B. Kriege, Embargos oder Missernten. Zwar wurde in diesen Ländern oft auch viel Geld gedruckt, jedoch immer erst nach (!) dem Eintreten der Inflation.

  • Utopie, das hört sich für viele nach Träumerei an. Aber genau so machen es die großen Unternehmen. Von Vision, Mission und Strategie sprechen die Manager und ihre Berater. Utopien sind auch für politisches Handeln wichtig, wenn man noch etwas verändern und gestalten will. Die repräsentativen Demokratie ist für utopische Politik aber ein denkbar ungünstiges Spielfeld. Wahlen und die Notwendigkeit zu Koalitionen und Kompromissen nivellieren alle Utopien und machen aus Regierungshandeln Verwaltungshandeln. Stabilität und Mitte sind nicht nur Schlagworte, sie stehen für die Stagnation demokratischer Entwicklung. Repräsentative Demokratie, das ist wortwörtlich die Herrschaft einer Elite (Auswahl), die sich in oligopolen Strukturen organisiert. Elitäres Regieren rechtfertigt sich dabei immer wieder als alternativlose Realpolitik, was nicht viel mehr als Verwaltung ist. 'Mehr Demokratie wagen’ ist da viel zu utopisch. Autoritäre Führung ist hingegen, so zeigt die Geschichte, eine reale Option. Es ist darum nicht verwunderlich, dass alle demokratischen Parteien (inklusive der AfD) die Verwaltung von Sicherheit und Wohlstand in den Mittelpunkt ihrer Programme rücken.

  • Am wichtigsten ist doch digitale Souveränität.

  • "Wer erfolgreich Klimapolitik machen will, muss sich trauen, einen starken Staat der anderen Art zu denken; (...) Der den Umbau der Gesellschaft in die Hand nimmt."

    Oh Gott nicht schon wieder. Das 20. Jhdt. ist gerade erst rum und schon stehen die nächsten größenwahnsinnigen Weltbeglücker in den Startlöchern um mit maximaler Staatsgewalt den neuen Menschen zu formen. Rette sich wer kann.

  • Ich sehe das genau anders herum.

    Irreale Vorstellungen, also das Streben nach Utopien, haben die Krise herbeigeführt.

    Es wäre mal schön, wenn statt Haltungspoltik mal Lösungspolitik gemnacht würde.

    • @Erwin Schiebulski:

      Um, ohne Utopien und Visionen für die Zukunft befänden wir uns heutzutage wohl immer noch in Höhlen oder Lehmhäusern.

      Das Problem der heutigen Zeit ist, dass viele Menschen offensichtlich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft verloren haben, und sich stattdessen in die reaktionären, rechtspopulistischen Versprechungen eines Zurück in eine Vergangenheit, die es so nie gegeben hat und geben wird, flüchten.

    • @Erwin Schiebulski:

      "Irreale Vorstellungen, also das Streben nach Utopien, haben die Krise herbeigeführt."

      Würde ich so nicht unterschreiben, aber grundsätzlich d'accord:

      Dugins "Osnovy geopolitiki" und seine Utopie des "Eurasianismus" sind ganz fundamentale Schlüsselfaktoren von immenser Bedeutung.

      Neben der Utopie, dass unbegrenztes logarithmisches Wachstum erstrebenswert und möglich ist, und nicht nur ein mathematisches Artefakt so wie (möglicherweise) "Dunkle Energie".



      Die irreale Vorstellung des unendlich steigerbaren Ressourcenumsatzes in einer thermodynamisch hartlimitierten Welt ist sicherlich der allerwichtigste und ultimate Auslöser der Krise.

    • @Erwin Schiebulski:

      Es gibt aber durchaus praktische Utopien. Utopien sind nicht per se unrealistisch oder "Haltungspolitik".



      Sie müssen nur ein bisschen suchen...