Linke nicht mehr im Geheimdienstgremium

Zehn Jahre saß André Hahn im Kontrollgremium des Bundestags. Nun nicht mehr. Dagegen klagte er in Karlsruhe. Sein Eilantrag wurde abgewiesen

Von Sabine am Orde
und Konrad Litschko

Am Donnerstagnachmittag sollte der Bundestag Vollzug melden. Dann wollten die Fraktionen der Ampel und der Union den CDU-Abgeordneten Marc Henrichmann als neues Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag wählen. Eine Mehrheit galt als sicher. Aber die Personalie sorgt für Aufruhr.

Denn der CDU-Mann Henrichmann soll den Platz des Linken André Hahn einnehmen. Das Kontrollgremium ist eine so verschwiegene wie wichtige Instanz: Hinter abhörsicheren Türen müssen die Geheimdienste dort Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen. Hahn gehörte der Runde zehn Jahre lang an, war auch mal stellvertretender Vorsitzender – und ist über Fraktionsgrenzen geschätzt.

Seit Dezember – als Sahra Wagenknecht und ihre Gefolgsleute die Linke verließen und die Partei im Bundestag ihren Fraktionsstatus einbüßte –, erhält er aber keine Einladungen mehr. Das Bundestagspräsidium um Bärbel Bas (SPD) ist der Ansicht, dass Hahn damit seinen Posten im Kontrollgremium verloren hat – und das Vorschlagsrecht für die Nachbesetzung nach dem üblichen Verteilungs­verfahren bei der Union liegt.

Hahn sieht das anders. Der Sitz sei nicht mit Mitgliedschaften in Ausschüssen zu vergleichen, sondern mit einem Platz im Bundestagspräsidium, sagt er. Dort sitzt für die Linke weiterhin Petra Pau, weil sie persönlich vom Plenum für die gesamte Legislatur als Bundestagsvizepräsidentin gewählt worden ist. Und auch Hahn ist vom Plenum mit der sogenannten Kanzlermehrheit ins Kontrollgremium gewählt worden, wenn auch erst in einem zweiten Wahlgang.Dass er nun aus dem Gremium fliegt, habe ihm offiziell niemand mitgeteilt, klagt Hahn. Er werde einfach nicht mehr eingeladen. Auch auf der Website des Bundestags ist er als Mitglied des Gremiums verschwunden. Noch am Mittwoch hatte Hahn einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben, um seinen Sitz zu behalten. Dieser wurde aber als unzulässig abgewiesen. Hahn habe nicht ausreichend dargelegt, ob und wie seine Abgeordnetenrechten verletzt werden, wenn er nicht in das Gremium eingeladen werde, so das Gericht. Eine Entscheidung in der Hauptsache steht aber noch aus – worauf auch Hahn verweist. Es werde spannend zu sehen, was mit CDU-Nachfolger Henrichmann passiere, sollte Karlsruhe am Ende zu seinen Gunsten entscheiden, erklärt der Linke.

Die Alternative, Hahns Platz unbesetzt zu lassen, soll nach taz-Informationen im Bundestagspräsidium verworfen worden sein. Wenn zwei Plätze im Gremium unbesetzt blieben, habe die Ampel dort eine Zweidrittelmehrheit, soll es dort geheißen haben. Das schwäche die Rechte der Opposition massiv. Denn ein Platz in dem 13-köpfigen Gremium ist ohnehin seit Beginn der Legislatur frei, weil die Vorschläge der AfD bisher keine Mehrheit finden.

Konstantin von Notz (Grüne), der Vorsitzende des Gremiums, äußerte sich gegenüber der taz zu dem Fall. Die Frage, ob Hahn im Kontrollgremium bleibe könne, sei eine juristische und von der Bundestagspräsidentin entschieden worden. „Ich kann dem geschätzten Kollegen derzeit nur für seine langjährige, engagierte und kollegiale Mitarbeit in der parlamentarischen Kontrolle bis hierhin danken.“