piwik no script img

Bundesrat zu PKW-MautEs wird abkassiert

Der Bundesrat hat die Pkw-Maut beschlossen. Sie startet 2016, Inländer zahlen im Schnitt 74 Euro im Jahr, dafür aber eine niedrigere Kfz-Steuer.

Horst Seehofer zeigt im Bundesrat den „langen Arm der CSU“. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Pkw-Maut kann kommen: Gegen den Widerstand mehrerer Länder hat der Bundesrat das umstrittene CSU-Wunschprojekt gebilligt. Damit nahmen die Gesetze von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag die letzte parlamentarische Hürde und sind endgültig beschlossen.

Starten soll die Maut 2016, an einem noch nicht genannten Termin. Sie gilt für inländische Autobesitzer auf Autobahnen und Bundesstraßen, für Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf Autobahnen. Inländer entrichten im Schnitt 74 Euro Jahresmaut, je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos. Sie sollen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurück bekommen.

Die CSU hatte befürchten müssen, dass die rot-grün dominierte Länderkammer die Maut auf den letzten Metern noch einmal aufhalten könnte, um nachträglich Ausnahmen für Autobahnabschnitte in Grenznähe durchzusetzen. Mehrere einflussreiche Länder - allen voran Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg - machten sich dafür stark, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Verhindern konnte der Bundesrat die bereits im Bundestag beschlossenen Gesetze zwar nicht mehr. Nachverhandlungen hätten das Vorhaben aber empfindlich verzögern können.

Dobrindt lobte, die Maut sichere langfristig den Ausbau der Infrastruktur. Weitere Verzögerungen seien daher nicht angezeigt. Nach Abzug der Systemkosten soll die Maut jährlich 500 Millionen Euro einbringen. CDU, CSU und SPD hatten das CSU-Prestigeprojekt im Koalitionsvertrag vereinbart.

Wirtschaftliche Einbußen befürchtet

NRW und die anderen kritischen Länder befürchten wirtschaftliche Einbußen in den Grenzregionen durch die Abgabe, die unterm Strich nur die ausländischen Fahrer belastet. Außerdem gibt es die Sorge, dass dort viele Fahrer auf Nebenstrecken ausweichen könnten.

Am Donnerstagabend hatte sich aber bereits abgezeichnet, dass für die Anrufung des Vermittlungsausschusses keine Mehrheit zustande kommen würde. Nach dpa-Informationen schaltete sich Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) persönlich ein, um die SPD-regierten Länder auf Kurs zu bringen. Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer für den Fall einer Maut-Blockade unverhohlen mit Konsequenzen für die Zusammenarbeit in der großen Koalition gedroht.

Abgestimmt wurde über zwei Gesetze. Die Maut macht auch eine Änderung des Kfz-Steuer-Gesetzes notwendig, damit Inländer das Geld für die Maut über eine niedrigere Steuer voll zurück bekommen.

Die Grünen warfen Gabriel vor, vor Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeknickt zu sein. So sei „eine Mehrheit der Vernunft im Bundesrat“ verhindert worden, kritisierte Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Mir ist die politische Rechnung nicht klar, einerseits soll Maut gezahlt werden und andererseits erfolgt eine Erstattung über die Kfz.Steuer. Wo ist da der Gewinn????

    • @Querdenker:

      Der Gewinn besteht darin, dass die PKW-Maut eingeführt ist.

       

      Das eigentliche Ziel, die Umstellung der Finanzierung der Infrastruktur von der Steuerfinanzierung auf die Gebührenfinanzierung nach Nutzung (siehe ehem. Verkehrsminister Ramsauer unter Stichwort PKW-Maut/Paradigmenwechsel) ist dann nur noch eine Frage der Zeit.

       

      Investoren freuen sich schon auf risikolose und üppige ÖPP-Profite aus Verkehrs-Infrastrukturprojekten.

       

      Das wird insbesondere für Pendler noch ein richtig teuere Spaß!

  • Eine wichtige Frage ist da noch offen:

     

    Müssen dann auch Schwerbehinderte die Maut-Gebühr zahlen, die bisher eine Steuerbefreiung für ihren PKW hatten?

     

    Wenn ja, dann wäre die Einführung der Maut gleichzeitig auch ein weiterer Sozialabbau durch die Hintertür.

  • "Nach Abzug der Systemkosten soll die Maut jährlich 500 Millionen Euro einbringen."

    1. 500 Millionen sind ein Tropfen auf de heißen Stein

    2. 500 Millionen wird die Maut in ihrer momentanen Form niemals einbringen

     

    "Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer für den Fall einer Maut-Blockade unverhohlen mit Konsequenzen für die Zusammenarbeit in der großen Koalition gedroht."

    Ist die CSU nötig in der GroKo?? Die Stimmen von CDU/SPD reichen doch aus. Muss ich nicht verstehen, wie man sich so vorführen lassen kann.

     

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CSU nicht weiß, was sie hier für einen Käse fabrizieren. Da könnte man doch sicher ne lustige Doku-Soap drüber drehen, "House of Maß" oder so, das Drehbuch für die zweite Staffel (erste Staffel wäre "Herdprämie") ist hiermit fertig...

    • @Co-Bold:

      So lustig ist das gar nicht.

      Und sie wissen genau, was sie tun.

       

      Bereits der ehemalige Verkehrsminister Ramsauer (auch CSU!) hat versucht die PKW-Maut einzuführen, und dies wie folgt erklärt:

      "Wir wollen, dass das Straßennetz stärker durch die Nutzer finanziert wird. Die Lkw-Maut war ein Anfang""

       

      Darum geht es. Die Kompensation der Maut-Gebühr über die KFZ-Steuer darf getrost als Nebelkerze verstanden werden, um den Widerstand für ihre Einführung klein zu halten.

       

      Worum es wirklich geht, ist, die Bereitstellung der Infrastruktur von einer gesamtgesellschaftlichen, nach finanzieller Leistungsfähigkeit steuerfinanzierten Aufgabe auf individuelle Finanzierung nach Nutzung umzustellen.

      Investoren reiben sich schon die Händer in Erwartung risikoloser ÖPP-Profite!

       

      Der Mittelschicht wird die Vorfreude auf die mickrigen Erträge der geplante Steuersenkungen vergehen, sobald die (Maut)Rechnung in voller Pracht präsentiert wird.

  • Das ist der größte Schwachsinn der letzten Jahre. Wie ist es möglich dass eine Splitterpartei wie die CSU mit so einer Schnapsidee Bundespolitik betreiben kann? Unfassbar...