Bundesrat zu Lärmgrenzen: Kein Bock auf das Geknatter
Die Grenzwerte für neue Motorradtypen müssen bei allen Geschwindigkeiten gelten, verlangt der Bundesrat. Das hatten zuvor Umweltschützer gefordert.

Umfragen zufolge fühlen sich etwa drei Viertel der Bevölkerung durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt, also in der Lebensqualität eingeschränkt. Die Karte der taz mit Protesten gegen Lärm von Motorrädern und unnötig lauten Autos in Deutschland enthält bereits etwa 300 Orte. Dabei können chronische Lärmbelastungen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle verursachen, warnt das bundeseigene Robert-Koch-Institut.
Dennoch bauen BMW und andere Konzerne Motorräder oder Autos so, dass sie lauter sind als zum Fahren nötig. Der Grund: Gerade männliche Kunden bevorzugen es, wenn die Fahrzeuge einen kräftigen „Sound“ haben. Legal ist das, weil der Schallpegel für die Zulassung nur in „zahmen“ Situationen wie bei niedrigen Drehzahlen und Geschwindigkeiten von 50 Kilometern pro Stunde gemessen wird.
Das soll sich nach dem Willen der Bundesländer ändern. „Ziel ist es, die Prüfvorschriften so zu gestalten, dass die Fahrzeuge nicht nur bei der Typprüfung, sondern auch im realen Fahrgeschehen leiser werden (Real Driving Sound Emissions)“, schreibt die Länderkammer zu der Entschließung.
„Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Motorsteuerungen an Motorrädern zu verbieten, die individuell vom Fahrer einstellbare Soundkulissen (’Sound-Design') ermöglichen“, verlangen die Länder weiter. Denn die Hersteller bauten diese Vorrichtungen teilweise ab Werk ein, sodass die Fahrzeuge auf der Straße lauter sein können als bei der Typgenehmigung. Zudem verlangt das Papier, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Streckensperrungen an Sonn- und Feiertagen aus Gründen des Lärmschutzes zu ermöglichen. Bisher sind solche Maßnahmen nur erlaubt, um zum Beispiel Unfälle zu verhindern.
Empfohlener externer Inhalt
Sowohl Jan Gebhardt, Verkehrslärmexperte des Umweltbundesamts, als auch Holger Siegel, Sprecher des Arbeitskreises Motorradlärm beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, hatte die Vorlage als „Schritt in die richtige Richtung“ begrüßt. „Bis das Gesetzeskraft erlangt, ist es aber noch ein sehr weiter Weg“, sagte Gebhardt der taz. Siegel wies darauf hin, dass die geforderte Reform der Zulassungsregeln nicht für bereits genehmigte Modelle gelten würde. Zu laute alte Motorräder könne man von der Straße holen, indem die Behörden zum Beispiel Auspuffklappen, die den Lärm nur unter Prüfbedingungen reduzieren, als illegale Abschalteinrichtungen einstufen. Der Industrie-Verband Motorrad Deutschland ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Kennen Sie Orte, wo es Proteste gegen unnötigen Motorrad- und Autolärm gibt, die auf unserer Karte fehlen? Dann schicken Sie bitte Ort, Straße, Postleitzahl und Quelle (zum Beispiel Link zu einem Medienartikel) an kfzlaerm@taz.de.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator