Bundesparteitag der Grünen: Die Basis zeigt ein bisschen Zähne
Der Grünen-Parteitag erhöht die Hürden für die Mitgliederbeteiligung. Dabei bleibt er aber weit unter der Forderung des Vorstands.
Eine Erhöhung des Quorums hatte sich der Bundesvorstand gewünscht. Er wollte ursprünglich aber eine weitaus höhere Hürde durchsetzen und ist damit gescheitert: Die Delegierten lehnten es ab, das Quorum auf 0,1 Prozent der Mitglieder zu setzen, was aktuell etwa 125 Unterschriften entspräche. Auch das Vorhaben des Vorstands, das Antragsrecht von Ortsverbänden zu streichen, ging nicht durch. Es erhielt zwar eine Mehrheit, blieb aber unter der nötigen Zwei-Drittel-Hürde.
Einige Mitglieder empfanden das Ansinnen als Frontalangriff auf die Basisdemokratie. Eine zu starke Erhöhung schwäche die „kleinen lokalen Basismitglieder“, sagte auf dem Parteitag Hannah Heller, Grünen-Mitglied aus Speyer. Mehrere Basisgrüne wiesen in der Debatte darauf hin, dass die Vorstandsvorhaben vor allem die Beteiligungsmöglichkeiten von Grünen auf dem Land beschneiden würden, da die Vernetzungsmöglichkeiten dort kleiner seien.
Nach Einschätzung derjenigen, die sich bei den zurückliegenden Parteitagen bemüht hatten, die vielen Anträge zu bündeln, verschafft eine Erhöhung der Hürden dagegen mehr Raum für die wirklich wichtigen Debatten. Der scheidende Parteichef Robert Habeck warb für die Erhöhung des Quorums. Diese erhöhe die Relevanz von Anträgen und stärke damit die Basisdemokratie, sagte er. „Die Partei, der Parteitag, weiß genauer, worüber er debattiert und abstimmt, und nicht alles verschwimmt im grauen Kuddelmuddel.“
Basisdemokratie oder Scheinbeteiligung?
Der Bundesvorstand hatte bereits mehrfach versucht, das Quorum zu erhöhen. Die bisherige Regelung stamme aus der ersten Satzung von 1980 und habe mit dem Wachstum der Partei nicht Schritt gehalten, hatte der Vorstand argumentiert. „Damals hatten wir knapp über 20.000 Mitglieder, jetzt über 125.000.“
Hintergrund waren zuletzt Erfahrungen beim Parteitag im Juni, vor dem die Parteiführung damit beschäftigt war, Kompromisslösungen für zunächst mehr als 3.300 Änderungsanträge zum Bundestagswahlprogramm zu finden. Bei den Grünen gilt diese Überlastung als einer der Gründe für Fehler im Wahlkampf. Die scheidende Parteichefin Annalena Baerbock rief den Online-Delegierten zu: „Das ist keine Basisdemokratie, sondern das ist Scheinbeteiligung.“
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