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Bundeskriminalamt tagt in WiesbadenDer Fall Franco A. als Warnung

Das BKA sagt auf seiner jährlichen Herbsttagung rechtsextremem Hass und Nazi-Gewalt den Kampf an. Nur: Wie soll das konkret aussehen?

Holger Münch, BKA-Chef, während der Herbsttagung in Wiesbaden Foto: Dorothee Barth/dpa

Wiesbaden taz | Holger Münchs Worte sind eindringlich. „Es hat sich etwas verändert“, sagt der Chef des Bundeskriminalamts (BKA). Radikale Hetze sei offen sagbar geworden, Menschen fühlten sich zu Gewalt legitimiert. Andere würden aus Angst zögern, öffentliche Ämter anzunehmen. All dies seien „Alarmzeichen“, so Münch. „Wir alle sind zu entschiedener Gegenwehr aufgerufen.“

Nur wie kann die aussehen? Darüber will die alljährliche BKA-Herbsttagung diskutieren, die am Mittwoch in Wiesbaden eröffnet wurde. Nach Schwerpunkten in den Vorjahren aufs Digitale, auf Migration oder islamistischen Terror fiel diesmal der Blick auf den Hass rechts außen. Eine zwingende Wahl, nach dem rechtsextremen Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und dem Attentat mit zwei Toten in Halle.

Schon zuvor bekamen die Behörden rechte Straftaten nicht in den Griff. Mit 20.431 Delikten verharrten diese 2018 auf dem Vorjahresniveau – und machen weiter mehr als die Hälfte aller politischen Straftaten aus. Münch kündigte nun an, „rote Linien klar zu benennen und durchzusetzen“.

Außerdem müsse man überprüfen, ob das Strafrecht früher greifen müsse. Und man werde die rechte Szene – wie bei Islamisten – künftig systematisch mit dem Analysetool Radar-iTE durchleuchten. Schon jetzt stufe man 46 Rechtsextreme als Terrorgefährder ein – 13 mehr als zu Jahresbeginn.

Es herrscht „Nachholbedarf“

Auch „Täter aus dem Nichts“, wie den Halle-Täter, will Münch besser prognostizieren. Schnittstellen zwischen rechter Szene und kriminellen Milieus müssten dafür aufmerksamer angeschaut werden, einmal auffällige Personen intensiver durchleuchtet werden. Münch nannte das Beispiel Franco A. Der Bundeswehrsoldat wurde 2017 wegen eines Waffenfunds festgenommen. Dann aber sei man auf Listen von Politikern gestoßen und plötzlich auf ein Chatgruppennetzwerk, in dem einige offenbar über Terror diskutierten – die taz hatte dieses „Hannibal“-Netzwerk mit aufgedeckt. Hier zeige sich, so Münch, wie tief man in die Ermittlungen gehen müsse.

Auch Hans-Georg Engelke, Staatssekretär von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), nannte den Rechtsextremismus „demokratiegefährdend“. Bei der Durchsetzung des Rechtsstaats habe es zuletzt „Nachholbedarf“ gegeben. Dies ändere sich nun. So werde der Bundestag noch diese Woche 300 neue Stellen für das BKA beschließen. Dort hatte man 440 Stellen erbeten. Engelke sprach dennoch von einem Erfolg, auch Münch gab sich zufrieden.

Zudem verabschiedete die Bundesregierung erst jüngst ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus. Das BKA ist hier ein zen­traler Akteur – vor allem im Kampf gegen Hass im Netz. Um VerfasserInnen von Online-Hasspostings zu identifizieren, wird dort eine Zentralstelle aufgebaut.

Plattformbetreiber sollen künftig strafbare Inhalte nicht nur löschen, sondern dem BKA melden. Er glaube, dass sich damit der Hass im Netz tatsächlich eindämmen lasse, sagte Münch. „Wenn die Verursacher merken, dass so etwas Konsequenzen hat, dann verändert sich Verhalten.“

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