Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt: Kommunen unter Druck
Das geplante Investitionsprogramm ist jetzt schon teuer. Länder und Gemeinden verlangen vom Bund Milliarden Euro Kompensation für Steuerausfälle.

„Wir haben die Länder und Gemeinden im Blick“, sagte Merz am späten Mittwochnachmittag, „in die nächsten Tagen beginnt ein Dialog, um faire Finanzbeziehungen zu gewährleisten.“ Man werde „eine Entlastung organisieren“, erklärte Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU), der die Länderrunde zur Zeit leitet. Als Datum für einen Beschluss nannte er den 11. Juli, die nächste Sitzung des Bundesrates.
Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) sagte: „Die Kommunen können erwarten, dass wir ihre Interessen vertreten.“ Eine Möglichkeit bestünde wohl darin, dass die Länder, damit auch die Städte und Gemeinden, vorübergehend einen höheren Anteil an den gemeinsamen Mehrwertsteuer-Einnahmen des Staates erhielten.
Die Debatten entzünden sich an dem „steuerlichen Investitionssofortprogramm“ der schwarz-roten Koalition, im Politsprech auch „Investitionsbooster“ genannt. Um aus der wirtschaftlichen Stagnation herauszukommen, sollen Unternehmen zwischen 2025 und 2027 unter anderem höhere Steuerentlastungen erhalten, wenn sie investieren. Der Staat schenkt ihnen dann ein Drittel der Kosten einer neuen Maschine oder Produktionshalle. Und ab 2028 soll die Gewinnsteuer schrittweise sinken. Bis 2029 würde dieses Programm Mindereinnahmen von knapp 50 Milliarden Euro verursachen, hat das Bundesfinanzministerium berechnet.
Schwächere Gemeinden finanziell bedroht
Den größten Teil müssten der Bund und die Länder tragen. Allerdings kämen auch auf die Kommunen Steuerausfälle von ungefähr 13,5 Milliarden Euro bis 2029 zu, etwa 2,7 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist ein wesentlicher Punkt in der Debatte. Die Länder betonen, dass ein guter Teil der öffentlichen Investitionen, die in den kommenden Jahren ja auch stark steigen sollen, von den Städten und Gemeinden aufgebracht würden.
Da geht es zum Beispiel um Schulen, Kitas, Sportanlagen, sozialen Wohnungsbau und öffentlichen Nahverkehr. Bürde man den Kommunen jetzt die Steuerausfälle auf, könnten besonders finanzschwache Gemeinden, von denen es viele gibt, nicht investieren, sondern müssten ihre Ausgaben kürzen, warnen die MinisterpräsidentInnen.
Neben einem befristet höheren Anteil an der Mehrwertsteuer für Länder und Kommunen werden weitere Varianten diskutiert. Zum Beispiel könnte der Bund auch zusätzliche Milliarden Euro übernehmen, die Städte und Gemeinden für bestimmte Programme wie Klimaschutz und Sportstätten ausgeben. Außerdem fordern manche Landesregierungen grundsätzlich, dass der Bund künftig Ausgaben, die er beschließt, auch selbst finanziert und nicht teilweise auf die Länder abwälzt.
Zustimmung der Länderkammer essenziell
Die Bundesregierung ist ebenfalls an einer Einigung interessiert: Sie will das Investitionsprogramm noch vor der Sommerpause beschließen, damit es schnell wirken kann. Ohne Zustimmung der Länderkammer am 11. Juli würde das nicht funktionieren.
Andererseits hat Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) kein Geld zu verschenken. Die Bundeshaushalte für 2025 und 2026 aufzustellen, wird schwierig genug. Die Länder bekämen doch schon 100 Milliarden Euro zusätzlich aus dem neuen Sondervermögen für Infrastruktur, heißt es aus der Regierung. Allerdings verteilt sich dieses Geld auf 12 Jahre. Im Übrigen, so wird in der Koalition weiter argumentiert, sei in wenigen Jahren, wenn das Investitionsprogramm wirke, mit mehr Steuereinnahmen zu rechnen – auch für die Kommunen.
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