Bürgerschaftswahl in Bremen: Eine Alternative zu viel

Am Donnerstag tagte der Bremer Wahlausschuss in einer Sondersitzung. Es sieht so aus, als würde die AfD nicht zur Bürgerschaftswahl im Mai zugelassen.

Sergej Minich und Frank Magnitz sitzen nah beieinander

Verfeindete Bremer AfDler: Sergej Minich (links) und Frank Magnitz (rechts) Foto: Focke Strangmann/dpa

BREMEN taz | Wie tief muss sich ein Wahlausschuss in parteiinterne Querelen einarbeiten? Diese Frage beschäftigt derzeit den Ausschuss für den Wahlbereich der Stadt Bremen. Am Donnerstagvormittag kam er zu einer Sondersitzung zusammen. Viele alte Männer, wenige junge Männer und noch weniger junge Frauen folgten der Diskussion im Saal des Landeswahlamtes gegenüber dem Bremer Hauptbahnhof und hörten wiederholt die Argumente der zwei zerstrittenen Bremer AfD-Lager.

Beide behaupten von sich, den einzig wahren AfD-Landesvorstand zu stellen und deshalb einzig befugt zu sein, eine Kandidat:innen-Liste für die Bremische Bürgerschaftswahl am 14. Mai einreichen zu dürfen. Nach dem Wahlgesetz darf eine Partei aber nur eine Liste einreichen und kann sogar von der Wahl ausgeschlossen werden, wenn sie doppelt auftritt, wie die Wahlbereichsleiterin Carola Janssen zu Sitzungsbeginn erklärte. Beide Lager hatten eine Frist Anfang dieser Woche verstreichen lassen, bis zu der sie sich auf eine Liste hätten einigen können.

Dazu sind sie aber viel zu zerstritten – und das bereits seit Jahren, weshalb es kurz nach der vergangenen Wahl im Mai 2019 schon keine Fraktion mehr in der Bremischen Bürgerschaft gab, sondern zwei verfeindete Gruppen: eine um den damaligen Spitzenkandidaten Frank Magnitz, der derzeit einem „Notvorstand“ angehört, der den am 8. Mai 2022 gewählten Landesvorstand nicht akzeptiert.

Für den Notvorstand sprach am Donnerstag dessen Vorsitzender Heiner Löhmann, für den Landesvorstand dessen Vizevorsitzender Sergej Minich, weil es keinen Vorsitzenden gibt. Jedenfalls saß Minich mit am Tisch, durfte aber nichts sagen, weil das der AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Jacobi als „Vertrauensmann“ des AfD-Landesvorstandes übernahm. Als Minich einmal das Wort ergriff, beugte sich der sehr viel breitere und größere Jacobi zu ihm, woraufhin Minich sagte: „Okay, dann halte ich mich da raus.“

Heillos zerstritten

Nun ging es in der Sitzung jedoch gar nicht um die Entscheidung, ob die AfD ausgeschlossen wird. Zusammengekommen war der Wahlausschuss, weil Minich sich über die Aufforderung der Wahlbereichsleiterin beschwert hatte, eine Erklärung zu von ihr monierten Mängeln bei der Listenaufstellung abzugeben. Dazu waren beide Vorstände aufgefordert worden und sie hatten es nicht getan.

Wahlbereichsleiterin Janssen teilte zu Beginn der Sitzung mit, dass nach ihrer Auffassung zwei Vorschläge aus einer Partei vorliegen – weshalb sie ganz von der Wahl ausgeschlossen würde und eine Mängelprüfung nicht notwendig sei. „Über die parteiinternen Unklarheiten können wir hier nicht entscheiden.“

An dieser Stelle wird es knifflig. Denn parteiintern ist die Sache eigentlich entschieden: So haben sowohl das Landes- als auch das Bundesschiedsgericht der AfD den Notvorstand für vertretungsberechtigt erklärt. Deshalb vertrat das Ausschussmitglied Wilko Zicht die Auffassung, dass nur der Wahlvorschlag des Notvorstandes akzeptiert werden müsse.

Er glaube aber nicht, so Zicht, dass dieser einer Mängelprüfung standhalten werde, weil der Notvorstand nur mit einer Anzeige in der Lokalzeitung zur Listenwahl eingeladen hatte. „Das ging nicht anders“, sagte Heiner Löhmann vom Notvorstand. „Wir hatten ja keinen Zugang zu den Mitgliederadressen.“

Der Bundesvorstand der AfD, der trotz des Bundesschiedsgerichtsbeschlusses den Notvorstand nicht anerkennt und dessen Gegner unterstützt, will nun nach Jacobis Aussage Löhmann und Magnitz aus der Partei ausschließen und ihnen untersagen, den Namen AfD zu verwenden.

Entscheidung steht noch aus

Zudem versucht er offenbar vor Gericht gegen den Beschluss des Schiedsgerichts vorzugehen. Auch der Notvorstand hat schon die Bremer Gerichte beschäftigt: Im Januar hatte das Landgericht seinen Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Diese sollte den Landesvorstand davon abhalten, auf einer Versammlung über Kan­di­da­t:in­nen abzustimmen.

Am Freitag nächster Woche tritt der Wahlbereichsausschuss wieder zusammen. Dann muss er darüber entscheiden, ob die AfD bei der Bürgerschaftswahl dabei sein wird. „So wie es sich jetzt darstellt, sehe ich das nicht“, sagte der Wahlrechtsexperte und ehemalige grüne Bürgerschaftsabgeordnete Wilko Zicht der taz.

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