Bürgermeisterin über Flüchtlinge: „Die Lage ist sehr brisant“
Kreuzbergs Bürgermeisterin ist vorsichtig optimistisch, dass es zu einer friedlichen Lösung an der besetzten Schule kommt. Doch die Polizei hätte das Recht, zu räumen.
taz: Frau Herrmann, glauben Sie noch daran, dass die Verhandlungen in der Schule gut ausgehen?
Monika Herrmann: Das Gesprächsangebot des Staatssekretärs für Inneres, Bernd Krömer, macht mich vorsichtig optimistisch. Ein solches Angebot hätte ich vor drei Tagen noch nicht für möglich gehalten.
Wirklich?
Ich werte es als einen großen Schritt, dass Herr Henkel seinen Staatssekretär schickt. Der Innensenator hat sich bewegt. Wie ich die Herren Henkel und Krömer verstehe, gibt es dieses eine Angebot. Ich habe mit beiden persönlich geredet. Es wurde unter der Voraussetzung gemacht, dass alle Flüchtlinge die Schule verlassen. Ich weiß allerdings nicht, ob sie dieses Angebot annehmen werden. Wenn die Flüchtlinge heute sagen, wir haben die und die Bedingung, muss das wieder rückgekoppelt werden. Ich versuche, Wege zu bereiten.
Wie brisant schätzen Sie die Situation in der Schule ein?
Die Situtation ist sehr brisant. Die Polizei hat uns zu verstehen gebeben, dass sie bereits nach Landespolizeirecht handeln müsste, weil sie laut ASOG eine Gefahrensituation sieht. Ein Flüchtling in der Schule hat gesagt, dass er diese anzünden will. Seine Äußerung ist öffentlich bezeugt. Der Flüchtling hat allerdings schon vor Wochen gesagt, dass er das tun will. Ich vermag nicht zu beurteilen, wie ernst er das meint.
Es gibt Fotos von Molotowcocktails auf dem Dach. Führt die Polizei das auch als Gefahrensituation an?
Unter anderem. Die Polizei könnte jederzeit handeln. Sie hätte es auch gestern schon tun können. Sie hat es nicht wahr gemacht, weil wir es geschafft haben, dass erst Gespräche zwischen Flüchtlingen und Senatsinnenverwaltung stattfinden sollen.
Die Grünen-Politikerin ist seit August vergangenen Jahres Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg.
Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen das Hausrecht über die Schule von der Polizei jederzeit aus der Hand genommen werden kann?
Das ist mir am Donnerstag ganz klar von der Polizei gesagt worden. Aber noch haben wir es.
Sprechen Sie mit Polizeipräsident Klaus Kandt direkt?
Ja. Meine Eindruck ist, dass er eine Räumung lieber vermeiden würde.
Ist sich die Polizei bewusst, dass sie es in der Schule mit ganz unkalkulierbaren psychischen Befindllichkeiten zu tun hat?
Ich habe das ganz direkt gefragt. Die Antwort war: Ja. Auch dass die Polizei bisher noch nicht eingeriffen hat, werte ich so. Uns allen ist das sehr bewusst. Damit meine ich das gesamte Bezirksamt und die Vorsteherin des Bezirksparlaments. Alle ziehen hier über die Parteiigrenzen hinweg an einem Strang und zeigen einzigartigen Einsatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut