Bürgerkrieg in Myanmar: Teilamnestie für Aung San Suu Kyi
Die Miliärjunta begnadigt erneut viele Gefangene. Trotzdem hält sie unvermindert an ihrem gewaltsamen Kurs gegen die Demokratiebewegung fest.
Die demokratisch gewählte Aung San Suu Kyi war erst letzte Woche nach bisher nicht offiziell bestätigten Berichten aus der Einzelhaft im Gefängnis der Hauptstadt Naypyidaw in Hausarrest verlegt worden. Im Dezember hatte der UN-Sicherheitsrat ihre umgehende Freilassung gefordert.
Seit dem Putsch am 1. Februar 2021 wurde die Friedensnobelpreisträgerin, deren Partei die Parlamentswahlen im November 2020 sehr deutlich gewonnen hatte, nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Ihre Anwälte dürfen seitdem nicht über sie sprechen. Das Militär begründete den Putsch mit angeblichen Wahlmanipulationen. Doch weder legten die Generäle dafür Beweise vor, noch hatten Wahlbeobachter diese festgestellt.
Auch der beim Putsch entmachtete Staatspräsident Win Myint (72) bekam jetzt vier Jahre seiner zwölfjährigen Haftstrafe erlassen. In beiden Fällen sind die verbleibenden Strafmaße hoch genug, um eine Rückkehr der Politiker an die Macht auszuschließen. Praktische Folgen haben die Teilamnestien für die Betroffenen nicht. Dies dürfte eher dazu dienen, Kritik aus dem Ausland zu beschwichtigen.
Die Amnestien schaffen Platz in den Gefängnissen
Die Teilamnestien sind Teil von – nach Junta-Angaben – insgesamt 7.700 Begnadigungen aus Anlass eines buddhistischen Feiertags. Auch um Platz in den Gefängnissen zu schaffen, hat es nach dem Putsch schon mehrfach Massenbegnadigungen gegeben. Allerdings erfolgen die Freilassungen nach Angaben von Menschenrechtlern oft erst kurz vor dem ohnehin ursprünglich vorgesehenen Haftende.
Laut der myanmarischen Menschenrechtsorganisation AAPPB wurden seit dem Putsch 24.123 Personen aus politischen Gründen festgenommen. Davon waren bis Montag noch 19.733 inhaftiert. 3.857 Personen wurden bisher von Kräften der Junta getötet, darunter 1.334 Gefangene.
Glaubwürdige Angaben über Verluste von Militär und Polizei bei bewaffneten Kämpfen mit dem demokratischen wie ethnischen Widerstand gibt es nicht. Die Angaben beider Seiten sind nicht unabhängig zu überprüfen.
Eingeständnis mangelnder Kontrolle des Militärs
Am Montag hatte die Junta den Ausnahmezustand um weitere sechs Monate verlängert und damit die eigentlich für August geplanten Wahlen verschoben. Das US-Außenministerium äußerte sich „zutiefst besorgt“ über die Verlängerung zu einem Zeitpunkt, an dem die herrschende Militärjunta das Land „immer tiefer in Gewalt und Instabilität“ stürze.
Juntachef Min Aung Hlaing hate am Montag laut dem Exilmedium Irrawaddy erklärt, mit dem fortgesetzten Ausnahmezustand wolle er „Stabilität und Rechtsstaatlichkeit“ wieder herstellen und „terroristische Handlungen“ bekämpfen. Für Beobachter ist dies zugleich ein klares Eingeständnis mangelnder Kontrolle des Militärs.
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