Bündnis zur Förderung fairer Kleidung: Zweifel an der Nachhaltigkeit

Im Textilbündnis von Entwicklungsminister Gerd Müller sollen Firmen wie Adidas oder H&M ihre Fortschritte nachweisen. Vielen fällt das schwer.

eine Arbeiterin zwischen Mänteln auf der Stange

Schwer zu erkennen: Wie fair ist der Handel? Foto: ap

BERLIN taz | Vielen Textilfirmen fällt es schwer, soziale und ökologische Fortschritte zu definieren. Erst etwa 30 von 146 eingereichten Arbeitsplänen der Mitglieder des Textilbündnisses von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) haben dessen Prüfer für gut befunden. Die Mehrheit der Unternehmen muss ihre sogenannten Roadmaps, die Ziele und konkrete Fortschritte enthalten, nun nachbessern. Das umstrittene Unternehmen KiK, bekannt für seine Billigtextilien, hat bestanden, Otto beispielsweise noch nicht.

Müller hatte das Bündnis 2014 nach dem Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch gegründet. Mitglieder sind unter anderem Adidas, Aldi, C&A, H&M, Hugo Boss und Primark.

Die Roadmaps sollen Angaben darüber enthalten, wie die einzelnen Textilhändler die Umwelt- und Arbeitsbedingungen in den weltweiten Zulieferfabriken verbessern. Alle Bündnismitglieder, auch einige Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen haben ihre Pläne bis Ende März abgegeben. Zwei auf Nachhaltigkeit spezialisierte Beratungsfirmen überprüfen jetzt die Inhalte. Wer nicht bestanden hat, soll seine Papiere bis Mitte Juni überarbeiten.

„Die Überprüfung der Roadmaps auf Plausibilität hat in der Tat eine größere Zahl von notwendigen Klarstellungen ergeben“, sagte Jürgen Janssen, der Leiter des Bündnissekretariats. „Dieser Zwischenstand lässt keine Rückschlüsse auf die Qualität der Roadmaps zu. Die Beanstandungen sind sowohl inhaltlicher, vor allem aber formaler Art. Wir gehen daher davon aus, dass viele Mitglieder ihre Roadmaps mit geringem Aufwand fertigstellen können.“

„Wir hoffen auf Transparenz“

Maik Pflaum, für die Christliche Initiative Romero im Bündnis, ist verhaltener: „Es ist gut, dass die Prüfer ihre Aufgabe ernst nehmen. Wie die Qualität der Roadmaps ist und wie anspruchsvoll die konkreten Fortschrittsziele, können wir nur beurteilen, wenn sie veröffentlicht werden. Deswegen hoffen wir hier auf breite Transparenz, auch wenn die Veröffentlichung im ersten Jahr den Mitgliedern noch freigestellt ist.“

KiK setzt sich in seinem Fortschrittsplan beispielsweise das Ziel, „mit der Hälfte aller seiner pakistanischen Lieferanten Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen“, damit die Löhne der ArbeiterInnen steigen und exzessive Überstunden vermieden werden. Diese und die anderen Zusagen der Unternehmen will das Sekretariat des Bündnisses im kommenden Jahr überprüfen.

Der Textildiscounter KiK arbeitet daran, sein Bild in der Öffentlichkeit aufzuhellen. Ob das auch zu besseren Arbeitsbedingungen in den Zulieferfabriken führt, muss sich zeigen. Bislang verpflichtet die zum Tengelmann-Konzern gehörende Firma ihre Zulieferer unter anderem in Bangladesch, China, Pakistan und Indien lediglich darauf, dass diese ihren Beschäftigten den jeweiligen staatlich festgesetzten Mindestlohn zahlen. Der reicht jedoch oft nicht, um eine Familie zu ernähren. In solchen Fällen sollen die Lieferanten eine Entlohnung „anstreben“, die den tatsächlichen Lebensunterhalt deckt. Ob das passiert, lässt sich kaum nachprüfen, da KiK die Liste seiner Zulieferer nur wenigen Experten zur Verfügung stellt.

Beim schwedischen Textilkonzern H&M heißt es, dass das „Verfahren“ zur Überprüfung der Roadmap „noch läuft“. Veröffentlichen will H&M seinen Arbeitsplan derzeit nicht. Man verwies auf den Nachhaltigkeitsbericht 2016, der aktuellere Zahlen enthalte als das beim Textilbündnis eingereichte Papier. Der Nachhaltigkeitsbericht sagt, dass 2018 die Hälfte der H&M-Textilien aus Zulieferfabriken kommen solle, die ihren Beschäftigten existenzsichernde Löhne zahlen. Dies sind Einkommen, die deutlich über den staatlichen Mindestlöhnen liegen. Ob das Unternehmen auf einem guten Weg ist, dieses Ziel zu erreichen, lässt sich nicht überprüfen. H&M veröffentlicht zwar die Liste seiner weltweiten Zulieferfabriken, erklärt aber nicht, welche Firmen zur Gruppe der 50 Prozent gehören werden.

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