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Buch über PartnerschaftenWeniger ein Gefühl

Der Autor Nils Pickert verabschiedet die romantische Liebe und ihre wirkmächtigen Klischees und sucht die Beziehung auf Augenhöhe.

Liebe auf Augenhöhe kann gelingen Foto: picture alliance/dpa | Markus Engelhardt

Die These, dass moderne Menschen gleichberechtigte Beziehungen führen wollen, ist so alt wie Paare, die glauben, jenseits patriarchaler Muster zu leben, aber fest in ihnen gefangen sind. Das zeigt allein die Zahl der Studien, die belegen, dass Eltern mit der Geburt des ersten Kindes, spätestens aber mit dem zweiten Baby in geschlechter­ste­reo­type Rollen zurückfallen: Er fungiert als (Haupt-)Verdiener, sie bespielt das Care-Feld.

Ist es tatsächlich ausgeschlossen, Kinder zu haben, Haus- und Betreuungsarbeit gerecht aufzuteilen, gleichermaßen Karriere zu machen und sich auch nach vielen Jahren noch gegenseitig zu begehren?

Der Autor Nils Pickert hat eine Antwort: Nein. So jedenfalls lässt sich sein aktuelles Buch „Lebenskomplizi*innen“ in einem Wort zusammenfassen. Pickert sagt aber auch: Das ist harte Arbeit. Sie sagen jetzt sicher: Wo ist die News? Und überhaupt: Liebe sollte leicht sein, verführerisch. Und wie das schon klingt: Beziehungsarbeit!

Nils Pickert: „Lebenskompliz*innen“. Beltz Verlag, Weinheim 2022, 288 Seiten, 19 Euro

An dieser Stelle widerspricht Pickert gar nicht. Sein Plädoyer für gelebte Gleichberechtigung präsentiert er nicht als Liebesmaschinist, sondern als Navigator: Es gibt einen Weg, wie „Liebe auf Augenhöhe“ gelingen kann.

Kein Ratgeber

Wobei sein Buch kein Ratgeber ist. Das wäre auch vermessen, Pickert ist weder Psychologe noch Paartherapeut. Die zahlreichen „Vorschläge“, die er parat hat, entspringen seiner eigenen Biografie. Pickert und seine „Lebenskomplizin“ sind beide um die 40, gleichermaßen berufstätig und auf Erfolg bedacht, seit mehr als 20 Jahren ein Paar, mit vier gemeinsamen Kindern.

Pickerts wichtigster „Vorschlag“ klingt in etwa so: Es geht nicht ohne die 4 W – Wohlwollen, Wandelbarkeit, Wissbegier, Wahrhaftigkeit. Um es salopp zu formulieren: Nörgle nicht am andern herum, aber sag, was du willst (und was nicht). Rechne damit, dass alles anders kommt, inklusive Scheitern und Ratlosigkeit.

Mag banal klingen und ist auch keine Garantie für lebenslange Liebe und Gleichberechtigung, wie Pickert schreibt: „Aber ein guter Kompass, um die geliebte Person und sich selbst im Auge zu behalten.“

Zweiter wichtiger Hinweis: Vergiss die allgemein gepriesene 50:50-Lösung, wonach sich die Part­ne­r:in­nen Haus- und Care-Arbeit hälftig teilen. Das geht nicht, sagt Pickert, es würde nur bedeuten, unterschiedliche Biografien zu synchronisieren und das Leben mit all seinen Wendungen zu negieren.

Gelebte Praxis

Also macht doch je­de*r seins? Natürlich nicht. Wer wofür und wie oft zuständig ist, wird ständig neu verhandelt. Pickert räumt gründlich mit der romantischen Liebe auf, so ähnlich, wie das bereits die Soziologin Eva Illouz in „Warum Liebe weh tut“ getan hat. Wobei Pickert eher auf die gelebte Praxis zielt: Liebe ist weniger ein Gefühl als vielmehr konkrete Handlung, das, was man füreinander tut.

Das kommt nicht von ungefähr. Pickert ist Feminist. Als der „Mann im Rock“ wurde er vor zehn Jahren berühmt. Um seinen damals fünfjährigen Sohn, der gern Kleider trug, vor Anfeindungen und Spott zu schützen, zog er einfach selbst einen Rock an.

Diese Geschichte sagt viel über den Mann aus: Er will tradierte Geschlechterrollen aufbrechen und hat mit „Prinzessinnenjungs“ vor zwei Jahren eine Art Standardwerk für Geschlechtergerechtigkeit hingelegt. Schon damals vermittelte Pickert seine Thesen anhand seiner eigenen Erfahrungen. Und tut dies als „Lebenskomplize“ nun noch offener, direkter, unverblümter.

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11 Kommentare

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  • Ich finde es eigentlich traurig, dass über sowas (zurecht) Bücher geschrieben werden müssen. Sind liebeserfüllte, dauerhafte Zweierbeziehungen doch langsam beinahe zur Rarität geworden. Sodass inzwischen gar die Frage aufkommt "Gibt es sowas überhaupt?" Ohje!! Ich bin zwar erst bei 9 Jahren Ehe inzwischen, aber es gibt keinen Anlass, an weiteren 10, 20, 30 glücklichen Jahren zu zweifeln. Und ich pack' mal den Ossi aus: In der DDR gab es bereits etliche Familien, in denen "Mama" und "Papa" gearbeitet und meist auch etwa gleich viel verdient haben. Das schützt nicht vor Asymmetrie und Unglück in der Beziehung, aber es ist eine gute Basis. Wir waren da in Deutschland schon mal weiter als heute. Das Baby mit 6 Monaten in die Krippe zu schicken und den Kinderwagen vorm Kaufhaus einfach draußen stehen zu lassen und sich mit dem Partner gemütlich drinnen zu verdingen ist zwar nicht jedermannfraus Sache, hatte damals aber so einiges für die Eltern leichter gemacht. Heute hingegen wird von Eltern mitunter schon erwogen, besser ganz mit dem Sex aufzuhören, ehe das Kind irgendwas davon bemerkt? ... Kinder sind wichtig und ihre Bedürfnisse unbedingt ernstzunehmen. Aber wer sein Leben zu 80, 90 oder 100% nach ihnen ausrichtet (und mir scheint, das ist gegenwärtig der Zeitgeist) muss damit rechnen, im Job zu scheitern und auch in der Beziehung unglücklich zu werden. Das gilt für beide Elternteile.

    • @Maximilian Blum:

      Die höhere Erwerbstätigkeit in der DDR hat prozentual zu höheren Scheidungsraten geführt (belegt) und diese haben in der Folge als Multiplikator auf die Scheidungs- und Trennungsrate der nachfolgenden Generation gewirkt.

      Trotzdem bin ich nicht der Überzeugung, dass Erwerbstätigkeit der Hauptgrund ist. Auch in der DDR gab es massenhaft alte Familienstrukturen bezüglich der Überzeugung der Männer, dass Familienarbeit Frauensache sei. Viel früher als Frauen jetzt mussten Frauen in der DDR erleben, dass sie also trotz Erwerbstätigkeit auch noch mit der Familienarbeit allein gelassen wurden. Allein die Künstlerszene der DDR hatte einen wesentlich höheren Männer- als Frauenanteil. Hauptsächlich Männer mit normalem Beruf, die in der Freizeit ihrem zeitintensivem Hobby fröhnten. Freizeit, die Frauen wegen der Kinder nicht hatten.

      • @blEm:

        Dem möchte ich nicht widersprechen. Hinzu kommt, dass auch in der DDR Frauen nur selten in Führungspositionen gelangten. Das sollten aber keine Argumente dafür sein, die noch viel unselbstständigere Rolle der Frau in der Alt-BRD zu rechtfertigen. Und dass die Scheidungsrate steigt, wenn Frauen dank eigenem Einkommen den Mut haben können, sich zu trennen wenn was schiefläuft, ist auch nicht sonderlich überraschend. Insofern musste der Mann schon wissen was er tut: Selber müßiggehen und die Frau den Haushalt machen lassen, führte (anders als in der BRD) sehr wahrscheinlich zur Scheidung durch die Frau. Das ist kein negativer, sondern ein positiver Aspekt. Zumal die Rechtslage in der DDR eine andere, feministischere war: dem progressiven Ehe- und Scheidungsrecht der DDR näherte sich die BRD erst mit der Reform 1977 allmählich an.

  • RS
    Ria Sauter

    Immer wieder passend dazu:



    Marshall Rosenberg :"Liebst du mich?"



    www.youtube.com/watch?v=T0cdFOflTeA

    • @Ria Sauter:

      Die Lehre der GFK von Rosenberg ist veraltet! Schon die Wahl seiner Puppen ist Gewalt! Er stellte den bedürftigen und manchmal vom Verhalten des Partners verletzten oder sogar traumatisierten Partner einer Beziehung immer als Schakal dar, machte diesen damit lächerlich! Selbst in diesem kurzen Ausschnitt ist zu sehen, wie das Publikum entsprechend reagiert. Auch spricht er mit dieser Darstellung dem Schakal-Part das Recht ab, Wut über Verletzungen zu äußern, was moderne Therapeuten der GFK grundsätzlich als Kritik entgegenstellen.

      Rosenberg ist heutzutage überholt. Nur noch Fußnote in der Geschichte. Und leider wird die Forderung, gewaltfrei zu kommunizieren heutzutage auch viel zu oft von Manipulanten benutzt, um das Gegenüber still zu halten.

  • »Glück hat auf die Dauer doch zumeist wohl nur der Tüchtige.« (Helmuth Graf v. Moltke) - Umgekehrte Frage: wäre jemand qualifiziert, über das Glück einer dauerhaften Partnerschaft zu schreiben, bei dem selbige nie länger als drei Jahre gedauert hat (dann versiegen bekanntlich die Verliebtheitshormone :-)?

  • Ist jemand qualifiziert, über die Liebe und Beziehungen zu schreiben, der seit 20 Jahren beziehungsweise seit Anfang 20 keine anderen PartnerInnen mehr hatte? Da fehlt doch einiges an Erfahrungen, auch negativen. Wenn der andere nicht mitzieht oder sich neu verliebt, kann man noch so sehr Beziehungsarbeit leisten und es wird das Scheitern nicht verhindern. Würde sagen, er hat einfach Glück gehabt!

    • @Netti Netti:

      Die Qualifiziertheit ergibt sich aus dem Inhalt der Aussage! Es soll Menschen geben, die zum Abstrahieren in der Lage sind. Nicht jeder benötigt viele Beziehungen, um zu erkennen, worauf es ankommt.

      Sein "einziges Glück" besteht also darin, dass sich zwei Menschen gefunden haben, die die gleichen Werte teilen. Loyalität, Respekt, Aufmerksamkeit. Schwierig wird es für Menschen mit diesen Werten erst, wenn das Gegenüber diese nicht lebt. Dann erst wird sich durch Ehen/Beziehungen gequält oder sind häufige Trennungen nötig.

      Er und seine Frau hatten dies nicht nötig und er schreibt nun darüber.

      Dass dieses Buch von einem Mann geschrieben wird, begrüße ich persönlich. In meinem Freundeskreis, bei Kumpels und Bekannten habe ich oft genug erlebt, wie meine Kollegen die Beziehungsarbeit den Ehefrauen überlassen haben. Man wirft Frauen oft vor, sie hätten eine romantische Vorstellung von Liebe. Kann ich aus meiner Beobachtung nicht bestätigen. Die "romantische Vorstellung" war immer nur der Wunsch nach loyalem Verhalten, Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Beziehung. In den Ehen die ich habe scheitern sehen, haben Männer die Frau als Selbstverständnis in ihrem Leben angesehen, andere Frauen als angenehmes Plus (von Anmache bis Seitensprung).

      Gut für alle, wenn Männer umdenken.

  • Ich bin mit der Definition von Liebe nicht ganz einverstanden. Jeder Mensch hat seine eigene Sprache der Liebe. Für manche mögen es Taten sein, für andere vielleicht Worte. Ich denke, dass eine Beziehung eine Partnerschaft ist, aber nicht im üblichen Sinne.

  • Ooch klar - Zweierbeziehung - wa! - 💅 -

    “Die kleinste Sekte der Welt!“



    © Michael-Lukas Moeller - 😤 -



    Aber gern ubiquitär! Very well.



    - 🎭 -



    kurz - Darauf einen Dario Fo - 🥂 - 🎏

    • @Lowandorder:

      Mal anders gewendet zu dieser gut abgehangen - Huch-Nein-Dauerwurst di Schmollii - aber Scheibnerweise - 😂 -

      “Naa - Liebst du noch? - oder Parshipperste allwedder?“ - und dann - Toll!



      Geh ich aber blitzschnell in Deckung! Woll!



      Denn die Perle aussem Pott - Kerle Kerle



      Sind ganze handfeste - Mei Beste! - 🙀 -



      Tonn 🍀 - ahnses schon¿ - A 📞 - 😎 -

      unterm——- entre nous only—- 🤫 —



      “Ach & das Landei vonne Sieg -



      Die Hippiefalle - is not amused=>



      Du gen Berlin - kein Schmus?



      Na sag ich dich doch: heihettse nich alle!

      kurz - Beiderseits entspanntes Lachen



      Ja. Das sind so Sachen😎: “Wat wiss maaken?!



      Shitts ins Bett - Shitts ins Laaken!“ •