Britischer Punkrocker über den Brexit: „Vom Brexit profitiert niemand“

Die Finanzwelt wird auch nach dem Brexit weiterleben, sagt Jock MacDonald. Für Musiker wird es schwer. MacDonald ist Mitglied der Punkband Bollock Brothers.

Die britische Punkband The Bollock Brothers am 10.02.2018 im Berliner Wild at Heart

„Wir Briten, wir Londoner, alle verlieren“ Foto: imago/Carsten Thesing

taz: Im Profifußball existierte bis vor kurzem die Bauernregel, dass ein Spiel 90 Minuten dauert und am Ende verliert immer England. Gilt das auch für die Brexit-Verhandlungen?

Jock MacDonald: Beim Fußball ist es gerade anders: Wie haben uns für die Europameisterschaft qualifiziert – Deutschland noch nicht. Eure Spieler sind zu alt. Sie waren früher brillant, jetzt nicht mehr. Zur eigentlichen Frage: Nein, ich glaube nicht, dass England bei den Verhandlungen verlieren wird. Money makes the world go round. Niemand, außer den armen Schweinen, die hart für ihr Auskommen arbeiten müssen, wird etwas verlieren. Die Finanzwelt wird sich weiter drehen.

Was wird der Brexit für Musiker wie Sie, die regelmäßig durch das europäische Festland touren, mit sich bringen?

Es ist eine schlechte Situation für alle Musiker aus Großbritannien. Der Brexit schickt uns zurück in die alten Tage, als wir an der deutsch-deutschen Grenze ausharren mussten, umzingelt von russischen Panzern, albernen Tempo-Limits auf der Transitstrecke durch die DDR und stundenlangen Verzögerungen mit peniblen Kontrollen beim Zoll.

Zu welchen Auswirkungen wird der Brexit bei der britischen Kultur führen?

Als Patrick Joseph O’Donnell wurde Jock McDonald am 25. März 1956 in Donegal/Irland geboren. Aufgewachsen ist er in Glasgow. In den Siebzigerjahren kam er über Leicester nach London, wo er sich in der Szene von Punk-Bands wie den Sex Pistols und Killing Joke bewegte und das erste Konzert von Johnny Rottens Band PIL organisierte. 1980 gründete er die Bollock Brothers. Die Band fiel zunächst vor allem durch Skandale auf. So sang der Kleinkriminelle Michael Fagan, der 1982 in das Schlafzimmer von Königin Elisabeth II. eingebrochen war, das Coverstück „God save the Queen“. 1985 gelang den Bollock Brothers mit dem Alex Harvey-Klassiker „Faith Healer“ ein Hit, den die Band auch heute noch auf ihren Konzerten spielt.

Am 14. und 15. Dezember spielen die Bollock Brothers in Münster im „Gleis 22“.

Ach, sie wird ihn definitiv überleben. Es sind die Politiker, die den Ärger aufrühren, nicht die Menschen, die in der Kulturwirtschaft arbeiten. Im Moment sieht es so aus, dass die Brexit-Verhandlungen noch ins Schlingern geraten könnten. Aber Politik kann sich ja von einem Moment auf den anderen ändern – leider. Obwohl alles gegen sie spricht, hat sich Theresa May bis jetzt immer durchgesetzt und ihre Prinzipien durchgezogen. Sie scheint nicht nur durchsetzungsfähig zu sein, sie kommt mir vor wie eine Re-Inkarnation von Maggie Thatcher.

Wer, glauben Sie, wird dann vom Brexit profitieren?

Vom Brexit profitieren? Niemand! Wir Briten, wir Londoner, alle verlieren. Warum kann man die Dinge nicht so lassen wie sie waren?

Sie leben heute in London, sind aber in der Nähe der Grenze zwischen Nordirland und Irland geboren und aufgewachsen. Können Sie die Atmosphäre beschreiben, die dort unter den Menschen herrscht?

Ich wurde in Donegal in Irland geboren, direkt neben der Grenze. Da ist nicht viel los. Unsere Schäfer lassen ihre Schafe auf den britischen Weiden scheißen, so bleibt die irische Republik sauber (lacht). Wir hoffen darauf, ein geeintes Irland zu bekommen.

Und im politischen Alltag?

Momentan ist es ruhig, aber die Ruhe täuscht. Die Situation dort ist sehr, sehr gefährlich. Eine falsche Bewegung könnte wieder zu Unruhen führen. Die Ulster-Fraktion befürchtet, dass der Brexit Irland wiedervereinen könnte. Das könnte katastrophal enden.

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