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Britischer Premier entlässt MinisterDer Fall des Nadhim Zadawi

Großbritanniens politisches Wunderkind, vom Geflüchteten kurzzeitig zum Finanzminister aufgestiegen, stolpert über das Verschweigen einer Steueraffäre.

Karriereende: Nadim Zahawi wird von seinem Premier hinausgeworfen – und schimpft auf die Medien Foto: Kirsty Wigglesworth/ ap

Berlin taz | Nach knapp 100 Tagen im Amt hat Rishi Sunak seine erste große Krise bewältigt. Der britische Premierminister entließ am Sonntag eines seiner prominentesten Regierungsmitglieder: Nadhim Zahawi, zuletzt Minister ohne Geschäftsbereich und Geschäftsführer der regierenden Konservativen.

Sunak zieht damit einen Schlussstrich unter einen peinlichen Skandal: Zadawi verschwieg, dass seit April 2021 gegen ihn wegen Steuerhinterziehung ermittelt wurde, als er im September 2021 als Bildungsminister ins Kabinett eintrat und auch, als er im Juli 2022 Finanzminister wurde. Er drohte sogar mit Verleumdungsklage, als darüber berichtet wurde.

Erst als er bereits Finanzminister war, gab er an, dass eine Steuerprüfung lief, verschwieg aber weiter die Ermittlungen. Er konnte weitermachen – unter Liz Truss ab September 2022 als Minister für das „Duchy of Lancaster“, zuständig für den Besitz der britischen Krone und auch für die Staatstrauer beim Tod der Queen; unter Rishi Sunak ab Oktober in anderen Posten.

Vor zwei Wochen enthüllte die Boulevardzeitung Sun, dass Zadawi eine Steuernachzahlung in Millionenhöhe blühe. Es ging um Anteile der in Gibraltar basierten Firma Bal­shore Investments, die Zahawis Familie gehört, am von Zahawi mitgegründeten Meinungsforschungsinstitut YouGov; die Anteile wurden 2018 für 20 Millionen britische Pfund verkauft, und weil Zahawi den Gewinn nicht versteuerte, verlangten die Steuerbehörden von ihm rund 3,8 Millionen Pfund Gewinnsteuern. Dazu kamen Bußgelder und Gebühren, insgesamt rund 5 Millionen Pfund.

Untersuchungsbericht: Weder ehrlich noch offen

Zwei Tage nach dem Sun-Bericht legte er die Affäre endlich im Interessenregister des Parlaments offen. Seine Linie, er habe doch bloß Fragen des Finanzamts beantwortet und die ganze Sache sei nur ein Versehen, wurde endgültig unhaltbar, als herauskam, dass er die Nachzahlung bereits im September 2022 geleistet hatte. Für Zahawis Finanzen – sein Vermögen wird auf 100 Millionen Pfund geschätzt – war das ein Klacks, für seine Karriere fatal.

Eine von Premier Sunak angeordnete Untersuchung durch den unabhängigen Ermittler Laurie Magnus ist nun zum Schluss gekommen, Zahawi habe weder „ehrlich“ noch „offen“ und „exemplarisch“ gehandelt. Der Untersuchungsbericht wurde dem Premierminister am Sonntag früh vorgelegt.

Bereits um 9.08 Uhr veröffentlichte Sunaks Amt das Entlassungsschreiben an Zahawi, in dem er ihn absetzte, weil er die Ethikregeln für Regierungsmitglieder gebrochen habe. Der antwortete mit einem beleidigten Brief, in dem er statt einer Entschuldigung Stolz auf seine Lebensleistung äußerte und Medienschelte betrieb.

Es ist ein schmähliches Ende für Zahawi, der 1967 in die kurdische Familie eines einstigen irakischen Zentralbankgouverneurs geboren wurde und mit elf Jahren als Flüchtling nach Großbritannien kam. Nach einer lukrativen Unternehmerkarriere kam er 2010 als konservativer Wahlkreisabgeordneter für Stratford-on-Avon ins Unterhaus.

2018 trat er als Staatssekretär in die Regierung ein und war unter anderem 2020/21 für das britische Covid-Impfprogramm zuständig, bevor er Minister wurde. Auch nach Boris Johnsons Rücktritt 2022 hielt er sich im Kabinett. Nun kann er froh sein, wenn er überhaupt noch im Parlament bleibt.

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1 Kommentar

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    06438 (Profil gelöscht)

    Es ist einer der schwärzesten Tage in der modernen britischen Geschichte. Ein naiver Premier setzte den Wohlstand und die Sicherheit des Landes auf die Behauptung, er könne die Bedingungen der EU-Mitgliedschaft neu verhandeln, ohne die leiseste Ahnung zu haben, was er ändern wollte oder könnte …... (Mittlerweile sind es 64% der britischen Bevölkerung die den Brexit für einen absoluten Fehler halten)

    Damit nicht genug - angesichts der politischen und wirtschaftlichen Interessen könnten sich Diskussionen zu diesem Thema als explosiv erweisen. Selbst wenn Verhandlungen (UK - EU) gut verlaufen, könnten innenpolitische Maßnahmen das britische Boot ins Wanken bringen. Die im Brexitvertrag enthaltenen Bedingungen sollten sicherstellen, dass Arbeitnehmerrechte sowie Sozial- und Umweltschutz nicht gekürzt werden.

    Folglich könnte die Verabschiedung des Gesetzentwurfs zum zurückbehaltenen



    EU-Recht (Widerruf und Reform), der derzeit durch das Parlament geht, Handelssanktionen der EU auslösen, wenn die Aufhebung von EU-Rechtsvorschriften Auswirkungen auf Handel und Investitionen haben würde.

    Parallel schlägt das britische Chaos Purzelbaum, weil neben den massenhaften ungelösten substantiellen Brexitproblemen noch deutlicher wird, welches unfähige Personal der Brexit in die Regierungsämter gespült hat.

    Gegen den stellvertretenden Premierminister Dominic Raab wird wegen Mobbing-Vorwürfen ermittelt, während Boris Johnson einer hochrangigen Untersuchung des Commons-Privilegienausschusses gegenübersteht, ob er das Parlament wegen des Partygate-Skandals in die Irre geführt hat.

    Der ehemalige Minister Zahawi versäumte es, die HMRC-Untersuchung (Steuerunterschlagung) nach seiner Ernennung zum Kanzler durch Boris Johnson im Juli 2022 dem Finanzministeriums mitzuteilen. Zu diesem Zeitpunkt war die Untersuchung seit mehr als einem Jahr im Gang - mittlerweile hat Zahawi Strafen bezahlt (!) - wurde aber jetzt erst durch Sunak gefeuert.

    Armes Großbritannien.