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Britischer Ex-Premier in NahostTony Blair soll Trump-Friedensplan in Gaza verwalten

Der einstige Premier Großbritanniens soll sich um Nahost kümmern – schon wieder. Beim ersten Mal scheiterte er am Fundamentalismus Netanjahus.

Tony Blair soll den „Friedensrat“ für Gaza leiten Foto: Daniel Leal//dpa

Es gab eine Zeit, da verkörperte Tony Blair die Zukunft. Als Erneuerer führte er Großbritanniens Labour-Partei zu einem Wahltriumph 1997 und wurde 2001 und 2005 wiedergewählt, der erfolgreichste Politiker in der Geschichte der britischen Linken. Als Blair 1997, wenige Tage vor seinem 44. Geburtstag, in 10 Downing Street in London einzog, war viel vom „Dritten Weg“ die Rede, jenseits von Sozialismus und neoliberalem Kapitalismus. Der junge Strahlemann mit dem einnehmenden Grinsen verkörperte geradezu die optimistische Weltordnung der 1990er Jahre.

Heute ist Tony Blair nicht mehr jung, die Weltordnung ist nicht mehr optimistisch, aber der mittlerweile 72-Jährige will nicht der Vergangenheit angehören. Im Gaza-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump ist er als ein Regent des Gazastreifens vorgesehen, führendes Mitglied eines von Trump geführten Verwaltungsgremiums, des „Board of Peace“.

Blair als Trumps Statthalter in Gaza – das ist irgendwie logisch. Sein Strahlemann-Image war Tony Blair spätestens 2003 los, als er gemeinsam mit dem letzten republikanischen US-Präsidenten George Bush den Irakkrieg gegen Saddam Hussein vom Zaun brach. Von Kritikern als Bushs Schoßhund belächelt, sah sich der Brite eher als Bushs Blindenhund, der Vernunft ins Weiße Haus einbringt. Aber als die Kriege nicht endeten, grinste Blair immer seltener.

Am 27. Juni 2007 musste Blair als Premierminister zurücktreten. Nur wenige Stunden später wurde er als Nahost-Sonderbeauftragter der UNO, der EU, der USA und Russlands wiedergeboren. Er setzte auf ökonomische Fakten, die Israelis und Palästinenser in gegenseitige Abhängigkeit bringen, als Friedensbringer. Aber an Netanjahus Fundamentalismus biss sich Blair die Zähne aus. Über Machtmittel verfügte er nicht mehr und seine verbale Überzeugungskraft war dahin. 2015 trat er wieder zurück.

Erfolgreicher war der Brite als Geschäftsmann. Er gründete eine politische Beraterfirma, eine Sportstiftung, eine religiöse Stiftung, eine Afrika-Initiative und schließlich 2016 das Tony Blair Institute for Global Change (TBI). Von Kasachstan über Ruanda bis Saudi-Arabien ließen sich Autokraten von Blair beraten. Mit israelischen Geschäftsleuten soll das TBI die Gaza-Gedankenspiele entwickelt haben, die schließlich in Trumps Friedensplan mündeten, der deutlich milder ausfällt als bei den ersten Rivieraentwürfen.

Laut Berichten ist die Weigerung, eine Zwangsvertreibung der Palästinenser zu akzeptieren, eine rote Linie, von der Blair seine Mitarbeit abhängig macht. Wieder einmal sieht sich der Brite als Blindenhund, der einen US-Präsidenten von den schlimmsten Fehlern abhalten will. Falls es überhaupt so weit kommt.

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