Britische Reaktionen auf EU-Vorschlag: „Wir brauchen keine Bremse“

Eingefleischte Gegner lassen sich auch vom neuen Vorschlag des EU-Ratspräsidenten nicht überzeugen. Cameron aber ist guter Laune.

David Cameron

Premier David Cameron erklärt am Dienstag in einer Siemensfabrik in Chippenham seine erzielten Erfolge in den Verhandlungen mit der EU-Ratspräsidentschaft Foto: reuters

DUBLIN taz | Der britische Premierminister verkündete am Dienstag einen Etappensieg: „Der Entwurf für die EU-Neuverhandlungen ist ein echter Fortschritt in allen vier Punkten, in denen das Vereinigte Königreich Änderungen verlangt hat“, twitterte David Cameron, „aber es gibt noch mehr Arbeit.“

Die Arbeit betrifft Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei, die am lautesten gegen eine Diskriminierung ihrer Landsleute in Großbritannien protestieren. Cameron muss ihnen bis zum EU-Gipfel in gut zwei Wochen das Ergebnis der Verhandlungen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk schmackhaft machen. Der hatte eine Art Notbremse vorgeschlagen: Kann ein Staat nachweisen, dass die Zahlungen an EU-Migranten eine zu große Bürde für das Sozialsystem seien, dürfen sie reduziert werden.

Diese Regelung soll aber nur für neue Migranten gelten, deren Bezüge über einen Zeitraum von vier Jahren schrittweise angehoben werden, bis sie den vollen Umfang erreicht haben. Der Independent bezeichnete Tusks Vorschlag deshalb als „Niederlage für Cameron“. Der hatte gefordert, dass Migranten aus der EU zunächst vier Jahre lang Steuern in Großbritannien zahlen müssen, bevor sie Anspruch auf Sozialleistungen haben.

Tusk schrieb in einem Brief an die 28 EU-Mitgliedsstaaten, dass sein Vorschlag Cameron „sehr weit“ entgegenkomme, aber er könne nicht eins der Grundprinzipien des europäischen Projekts außer Kraft setzen. Er fügte hinzu: „Ich bin davon überzeugt, dass der Vorschlag eine gute Basis für einen Kompromiss ist.“ Der muss vom Europarat entweder einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit abgesegnet werden.

Sollte Tusks Vorschlag auf dem kommenden EU-Gipfel angenommen werden, könnte das britische Referendum über den Verbleib in der EU bereits am 23. Juni stattfinden.

Das komme einem Veto gleich, monieren Camerons Kritiker in der eigenen Partei. Der ehemalige Tory-Verteidigungsminister Liam Fox sagte: „Die sehr bescheidenen Forderungen unserer Regierung sind in allen Bereichen von der EU verwässert worden.

Keine dieser Veränderungen reichen auch nur im Entferntesten an die grundlegenden Veränderungen heran, die man der Bevölkerung versprochen hat.“ Richard Tice, Vorsitzender der Unternehmer-Organisation „Global Britain“ und vehementer EU-Kritiker, sagte am Dienstag: „Wir brauchen keine Bremse, auf der jemand anderes die Hand hat. Wir brauchen die Kontrolle über das Lenkrad.“

Sollte Tusks Vorschlag auf dem kommenden EU-Gipfel angenommen werden, könnte das britische Referendum über den Verbleib in der EU bereits am 23. Juni stattfinden. Das würde die Chancen auf einen Verbleib in der EU erhöhen, da den EU-Gegnern kaum Zeit für eine effektive Kampagne bliebe. Deshalb versuchen sie, den Volksentscheid mindestens bis September hinauszuzögern.

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