Brieftaube als Kulturerbe: Züchter wollen nicht locker lassen
Kritik von Tierschützern sorgte dafür, dass das Brieftaubenwesen 2018 nicht in die Kulturerbeliste aufgenommen wurde. Jetzt gibt es eine neue Bewerbung.
Die erste Bewerbung war Ende 2018 von der Kultusministerkonferenz abgelehnt worden. Sie habe sich nicht mit den gesellschaftlichen Kontroversen um Tierhaltung und –nutzung auseinandergesetzt, hatte die Unesco-Auswahlkommission ihre Ablehnung unter anderem begründet. Tierschützer hatten den Sport zuvor massiv kritisiert und sich gegen eine Aufnahme in die Kulturerbeliste ausgesprochen.
In der neuen Bewerbung werde der Verband das Brieftaubenwesen so darstellen, wie es heute sei, sagte Groß. Er betonte, dass Tierschutz bei den Taubenzüchtern eine große Rolle spiele. So gebe es etwa seit zwei Jahren eine Flugsicherungskommission, die Distanzflüge bei Hitze verbieten könne. Die Tiere würden in Spezialfahrzeugen zu den Abflugorten gebracht, in denen sie mit Wasser und Futter versorgt würden. Er verwies auch auf die Taubenklinik in Essen, die der Verband schon seit 1972 betreibe.
Distanzflüge mit Strecken ab 80 Kilometer fänden etwa zwölf Mal im Jahr statt, sagte Groß. Einmal im Jahr gebe es einen Flug über maximal 650 Kilometer – deutlich weniger als früher: „In den 50er Jahren war es völlig normal, dass Tauben einmal im Jahr 850 oder gar 900 Kilometer geflogen sind.“
„Wir erhalten eine der faszinierendsten Kreaturen, die es gibt. Kein anderes Tier kann in so kurzer Zeit über bestimmte Distanzen zielsicher nach Hause finden“, sagte Groß weiter. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die frühere Bedeutung der Brieftauben als Nachrichtenübermittler.
Hälfte der Taubenzüchter kommt aus NRW
Der vor allem im Ruhrgebiet früher sehr populäre Taubensport war im April 2018 in die nordrhein-westfälische Landesliste aufgenommen worden. Der Verband hat nach eigenen Angaben bundesweit noch rund 30.000 Mitglieder, etwa die Hälfte davon in Nordrhein-Westfalen.
Das bundesweite Verzeichnis des sogenannten immateriellen Kulturerbes umfasst derzeit 97 Einträge. Die Aufnahme in das Verzeichnis soll helfen, Traditionen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das Aufnahmeverfahren ist mehrstufig. Über die Neuaufnahmen entscheiden letztlich die Kultusministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien – das nächste Mal frühestens im Dezember 2020.
In der Bewerbungsrunde 2019-2021 wollen unter anderem die bayerischen Gebirgsschützen in das Verzeichnis aufgenommen werden. Die Städte Esslingen, Reutlingen und Ulm in Baden-Württemberg wollen ihre Tradition der „Schwörtage“ anerkennen lassen.
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