Brexit-Drama hört einfach nicht auf: Europaparlament stützt harte Linie
Neue Abgeordnete stellen sich hinter das Vorgehen Brüssels im Streit mit Großbritannien. Sie sprechen sich für einen weiteren Brexit-Aufschub aus.
Eine entsprechende Entschließung wurde am Mittwoch in Straßburg mit 544 Stimmen bei 126 Gegenstimmen und 38 Enthaltungen angenommen. Sogar Linke und Grüne trugen den Text mit. Sie wollen damit ein Zeichen der Geschlossenheit aussenden und den britischen Premier Boris Johnson vor weiteren „Spielchen“ warnen. Johnson wird von vielen Parlamentariern als unseriös und gefährlich betrachtet.
Vor der Abstimmung hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vor einem No-Deal gewarnt. Die Gefahr eines ungeordneten Brexits sei real und fast mit Händen zu greifen, erklärte er. Sein Treffen mit Johnson am Montag in Luxemburg sei zwar „freundlich, konstruktiv und in Teilen positiv“ verlaufen. „Ich kann Ihnen aber nicht in die Augen schauen und sagen, dass Fortschritte erzielt wurden.“
Nach offizieller Brüsseler Darstellung hat Johnson bei der zweistündigen Begegnung mit Juncker keine neuen Vorschläge zum strittigen Backstop für Irland präsentiert. Er habe Johnson aufgefordert, schriftlich konkrete Alternativen für eine Regelung für die irische Grenze vorzulegen, sagte Juncker. Ohne schriftliche Vorschläge könne es auch keine Fortschritte geben.
Altbekannt und untauglich
Die britische Seite sieht dies jedoch offenbar anders. Nach einem Bericht der britischen Tageszeitung Guardian hat Johnson bewusst noch keine schriftlichen Vorschläge gemacht, jedoch bereits mehrere Ideen für eine „innerirische“ Lösung des Streits über den Backstop und die irische Grenze lanciert. Offenbar fürchtet er, schriftliche Vorschläge könnten an die Öffentlichkeit gelangen und so „verbrannt“ werden.
In Brüssel heißt es dazu, Johnsons Ideen seien altbekannt und schon mehrfach als untauglich verworfen worden. So sieht es auch das Europaparlament. Man sei offen für die Prüfung von „alternativen Regelungen“, wenn sie rechtlich umsetzbar, voll funktionsfähig und mit den EU-Grundsätzen vereinbar sind, heißt es in der Erklärung vom Mittwoch. Sollte Johnson keine brauchbare Alternative liefern, so sei er allein verantwortlich für einen No-Deal und das danach zu erwartende Chaos.
Johnson hat einen Antrag auf weiteren Aufschub ausgeschlossen. Das britische Parlament hat ihn allerdings per Gesetz dazu verpflichtet, sollte sich das Vereinigte Königreich bis zum 19. Oktober nicht mit der EU geeinigt haben. Am 17. und 18. Oktober ist EU-Gipfel, dort will der britische Regierungschef einen Deal erreichen. Welche Lösung Johnson auch anstrebt – in jedem Fall wird die Zeit sehr knapp.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste