Bremer Medienlandschaft: Bürgerradio im Visier
Die kommerziellen Konkurrenten blasen zur Jagd auf den Bremer Bürgerrundfunk - angeblich im Namen von mehr "Medienkompetenz" wollen sie sein Geld verteilen.
Auf den ersten Blick sieht alles ganz harmlos aus: Zwei Vereine mit den wohlklingenden Namen "Medienmeile Bremen" und "bremen digitalmedia" haben eine Pressemitteilung formuliert. Darin empfehlen sie, dass das Bremer Bürgerradio geschlossen werden sollte.
Die 850.000 Euro, die jedes Jahr dafür zur Verfügung stehen, sollten von einem "ehrenamtlichen Gremium" an Projekte für Medienkompetenz vergeben werden. Klassisches Bürgerradio, so das Argument, sei technisch überholt.
Auf den zweiten Blick ergeben sich erstaunliche Verbindungen - die den Eindruck erwecken, dass hinter dem Vorstoß schlichtes Konkurrenzdenken steckt. Die Pressemitteilung im Namen des Vereins Medienmeile wurde verbreitet vom Marketing-Chef des Weser Kurier, David Koopmann.
Die Redakteurin des nämlichen Blattes, die über die PR-Meldung ihres Marketing-Chefs berichtete, konnte den Leiter des Bürgerrundfunks, Uwe Parpart, angeblich nicht für eine Stellungnahme erreichen. "Wieso eigentlich nicht?", fragt sich Parpart gegenüber der taz. "Ich war da."
Radio Bremen holte in diesem Zusammenhang als Kronzeugen Björn Feddersen ins Studio. Was der Sender dabei nicht erwähnte: Feddersen arbeitet für eine Tochterfirma des Energiekonzerns EWE, mit dem er auch sonst eng verbandelt ist. EWE wiederum betreibt - zusammen mit dem Weser Kurier - das Bremer Stadtfernsehen "Center TV".
Der Lokalsender hat sich gerade von seinem einzigen gelernten Journalisten getrennt und genießt spätestens seither vielerorts den Ruf, "Praktikanten-Fernsehen" zu sein, das vor allem über potentielle Werbekunden berichtet.
Bisher unterstützte die EWE indirekt aber auch den Bürgerrundfunk: Man sponsorte die Datenleitung zur Übertragung der Bürgerschaftssitzungen ins Kabel des Bürger-TV. Dieser Vertrag wurde zum Jahresende gekündigt.
Die Bremer SPD steht zum Bürgerrundfunk, für den in den Koalitionsvereinbarungen eine Bestandsgarantie hineingeschrieben wurde. Angesichts der technologischen Entwicklung müsse er sich aber weiterentwickeln, sagt die medienpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten, Antje Grotheer. "Dafür sind wir offen", sagt Bürgerfunk-Leiter Parpart.
In der kommerzialisierten Medienlandschaft sei der Bürgerrundfunk ein Fremdkörper - und wehrt sich dagegen, dass die Kommerziellen ihn an die Wand drücken wollen. Wie im Offenen Kanal kommen einzelne Bürger regelmäßig, um über die Hörfunk- oder Fernsehfrequenz "ihre" Sendung zu machen. Wer will, kann seine Sendung auch zu Hause am Laptop produzieren und an den Sender schicken.
Dessen wesentliche Aufgabe ist es, Interessierten zu helfen, mit der Technik umzugehen - aber eben unabhängig von kommerziellen Interessen und finanziert über GEZ-Rundfunkgebühren. Radio Bremen meldete nun in erstaunlicher Unkenntnis, hier würden "Steuergelder" verschwendet.
"Wir arbeiten mit Rundfunkgebühren und haben einen gesetzlichen Auftrag, in dem der Bürgerrundfunk einen festen Platz hat", sagt dazu Sven Petersen von der Landesmedienanstalt (LMA).
Die Diskussion um eine Förderung der Medienkompetenz hatte das Bremer Rathaus angestoßen und dazu vor Monaten die Medienfirmen eingeladen. Eine große Runde war da zusammen getroffen, heraus kam ein Papier, das voller Allgemeinplätze steckt und eigentlich nur die Frage aufwirft, wozu der ganze Aufwand dienen soll.
Da könnte der aktuelle Vorstoß eine Antwort sein: Zu plündernde Fördertöpfe für die Medienunternehmen gibt es nicht mehr - und so nimmt die geballte private Medienkompetenz nun den Etat des Bürgerradios ins Visier.
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