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Bremer Daseinsvorsorge in Corona-KriseVon nun an ist Sonntag

Die Bremer Betriebe der Daseinsvorsorge reagieren auf die Krise. Viele Mitarbeiter:innen sind im Homeoffice, die BSAG fährt ab Dienstag weniger.

Für die Fahrer:innen sicherer als Busse: Trams Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Bremen taz | Einen täglich tagenden Krisenstab haben sie alle längst, einen Corona-Fall zum Glück noch nicht: die Bremer Unternehmen, die für die sogenannte „kritische Infrastruktur“, also den ÖPNV und die Strom-, Gas- und Wasserversorgung, Abwasser, Müllabfuhr und Straßenreinigung zuständig sind. Viele Mitarbeiter:innen sind zudem im Homeoffice: Diese und weitere Maßnahmen stellten die Verantwortlichen von Swb, Bremer­ Straßenbahn AG (BSAG) und Hansewasser gestern gemeinsam mit Bürgermeisterin Maike Schaefer (Grüne) vor.

So fahren Busse und Bahnen ab heute reduziert. Der neue Rhythmus ist an den Sonntagsfahrplan angelehnt, sagt BSAG-Vorstand Hajo Müller. „Zu Hauptverkehrszeiten stocken wir den allerdings auf.“ Die Linien,­ die im regulären Sonntagsfahrplan nicht vorkommen – 5, 52, 82, 91, 92 und 95 −, würden­ jedoch nicht bedient. Auf den digitalen Anzeigen werden die neuen Abfahrtszeiten dargestellt, für die Aktualisierung der VBN-App braucht es voraussichtlich ein paar Tage.

Vorwürfe, wonach eine Reduzierung des Angebots fahrlässig sei, weisen Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) und Müller zurück. Die Nutzungszahlen des ÖPNV verfolge man, es sei ein „erkennbarer Rückgang“ zu verzeichnen. „Unser Ziel ist, die Mobilität aufrecht zu erhalten“, so Müller. Durch eine Veränderung des gesellschaftlichen Lebens sei jedoch das Mobilitätsbedürfnis eingeschränkt. „Wir rechnen aufgrund der ganzen Schließungen­ nicht mit überfüllten Fahrzeugen“, so Schaefer.

Dass es in Bussen und Bahnen besonders hohe Ansteckungs­möglichkeiten gibt, dementiert hier jedoch niemand. Um die Fahrer:innen zu schützen, sind in Bussen schon seit Tagen die vordere Tür sowie die erste Sitzreihe gesperrt. Auch Fahrkartenkontrollen fallen aus. Wenn doch wieder mehr Bedarf ist, erklärt Müller, könne man nachsteuern: „Noch – solange die Infektionsrate nicht steigt.“

Fahrer werden geschützt

Für die Aufrechterhaltung des Betriebs brauche die BSAG je nach Umfang 600 bis 800 der insgesamt 1.000 Fahrer:innen. In der Zentrale und anderswo gebe es zudem einige Positionen, die unabdingbar sind. „Mehrere Menschen, die das können, schützen wir schon jetzt gesondert“, sagt Müller. So bleiben sie zum Beispiel vorerst Zuhause.

Bei der SWB arbeite man inzwischen mit einem kontaktlosen Schichtwechsel, erklärt Vorstand Torsten Köhne. Noch laufe alles im Normalbetrieb, auch an den Standorten, die eine 24-Stunden-Besetzung erfordern – wie das Netzleitcenter in Woltmershausen, das Heizkraftwerk in Hastedt oder die Müllverbrennungsanlagen. Pläne für den Fall einer Infektion im Team gebe es aber. „Die Leute können da wohnen, es gibt sanitäre Anlagen und Unterhaltungsmöglichkeiten“, so Köhne zu einer möglichen Quarantäne. Das Kundencenter der SWB bleibt ab jetzt geschlossen.

Das Abwasser-Unternehmen Hansewasser habe bereits vergangene Woche 65 Funktionen ausgemacht, die vor Ort erfüllt werden müssen – und die anderen 300 Mitarbeiter:innen nach Hause geschickt. „Auch die Betriebskantine haben wir umgestellt, um Kontakte zu vermeiden“, sagt Geschäftsführer Ekkehart­ Siering.

Die Bremer Stadtreinigung habe mir ihrem Krisenstab eine Priorisierung der Aufgaben vorgenommen, berichtet Schaefer. Restmüll und illegale Müllablagerungen stehen auf Platz eins.

Wenn wieder mehr Bedarf ist, erklärt BSAG-Vorstand Hajo Müller, könne man nachsteuern: Noch – solange die Infektionsrate nicht steigt

Auch im Ressort von Senatorin­ Schaefer gibt es inzwischen ein Team, das mit den genannten Unternehmen sowie­ mit der Bremer Stadtreinigung, dem Umweltbetrieb Bremen, dem Amt für Straßen und Verkehr, der Deutschen Bahn und Nordwestbahn in Kontakt ist. „Wir sind in einem Vorbereitungs-­Modus“, erklärt Schaefer. Man habe noch keine Corona-Fälle in diesen Einrichtungen. „Aber wir bereiten uns mit diesen Krisenstäben auf Situationen vor, damit­ die Bevölkerung auch weiterhin das bekommt, was sie dringend braucht.“

Dass das Virus früher oder später Mitarbeiter:innen aus der sogenannten kritischen Infrastruktur­ erwischt, ist zu erwarten.

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5 Kommentare

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  • Buten und Binnen hat gemeldet, dass Busse und Bahnen im Hinblick auf Mindestabstände überfüllt waren. Nun will man dort wo diese Erfahrungen gemacht wurden nachbessern.

    Warum geht man nicht den anderen Weg und baut Überkapazitäten ab, statt den Problemen hinterherzufahren?

  • Was mich auch noch nervt in Bremen: Im Klinikum Ost finden weiterhin im psychologischen/psychiatrischen Bereich bei niederschwelligen Fällen Gruppentherapien statt und man trifft sich munter weiter in der dortigen Mensa

  • Was mich auch noch nervt in Bremen: Im Klinikum Ost finden weiterhin im psychologischen/psychiatrischen Bereich bei niederschwelligen Fällen Gruppentherapien statt und man trifft sich munter weiter in der dortigen Mensa

  • Sonntagsfahrplan!!? Damit die, die für die Arbeit auf ÖPNV angewiesen sind doch noch kuschelig eng zusammen fahren können?!!