Bremer AfD vor der Bürgerschaftswahl: Rumpfvorstand gegen Notvorstand
In Bremen hat die AfD gleich zwei Kandidatenlisten für die Bürgerschaftswahl. Der Bundesvorstand scheint ratlos, die Situation ist verfahren.
Im Ergebnis könnten der Wahlleitung am Ende zwei unterschiedliche AfD-Landeslisten vorliegen – im Zweifel ist dann keine davon gültig. Das hätte wohl zur Folge, dass keine Kandidatenliste der AfD zur Wahl zugelassen würde.
Mittlerweile hat sich auch der AfD-Bundesvorstand um Tino Chrupalla und Alice Weidel mit der Angelegenheit beschäftigt. Die doppelte Liste aus Bremen war am Montag Thema bei der Vorstandssitzung, wie die taz aus Parteikreisen erfuhr. Als Frage im Raum steht, ob der Bundesvorstand eines der konkurrierenden Lager oder deren Listen anerkennen wird, oder ob der Vorstand gar einen eigenen, möglichst neutralen Notvorstand bildet, um eine dritte Liste zu wählen.
Angesichts der verfahrenen Situation scheint aber selbst der Bundesvorstand etwas ratlos: Dem Vernehmen nach habe man zunächst ein möglichst niedrigschwelliges Vorgehen abgestimmt und wolle erst einmal bei der Bremer Landeswahlleitung nachfragen, wie diese die Lage juristisch einschätzt. Offiziell hieß es vom AfD-Sprecher Michael Pfalzgraf auf taz-Anfrage lediglich, dass sich der Bundesvorstand derzeit nicht zum Sachstand äußern wolle, sich aber mit dem Landesvorstand Bremen im Klärungsprozess befinde.
Klage über Klage
Die Frage ist nur, mit welchem: Bbeide konkurrierenden Lager beanspruchen derzeit für sich, den Landesverband zu vertreten. Auf der einen Seite ein selbst ernannter „Notvorstand“ um Heiner Löhmann und den durch die vermeintliche Kantholz-Affäre bekannt gewordenen Frank Magnitz. Dieses Lager steht dem offiziell aufgelösten Flügel um Björn Höcke nahe und hat im November in einem abgelegenen Gasthof in Bremen-Nord die erste Kandidatenliste gewählt. Auf der anderen Seite steht ein „Rumpfvorstand“ um den Vize-Vorsitzenden Sergej Minich, dessen Lager letzte Woche die zweite Kandidatenliste aufgestellt hat.
Selbstredend überziehen sich die beiden verfeindeten Lager gegenseitig mit Klagen: Ein Bremer Gericht erklärte sich für parteiinternen Kleinkriege allerdings für unzuständig, sodass eine Klärung bei den Parteischiedsgerichten vorrangig war.
Dort scheint das flügelnahe Lager die Nase vorn zu haben: Der Notvorstand um Lohmann und Magnitz betont, vom Landesschiedsgericht anerkannt worden zu sein. Ebenso berichtet Radio Bremen von einem Urteil des Bundesschiedsgerichts, in dem es heißt, der „Rumpfvorstand“ von Minich sei eine „nicht als Landesvorstand handlungsfähige Einheit von Vorstandsmitgliedern, die sich fälschlicherweise als Landesvorstand erkennen“. Eine taz-Nachfrage beim Bundesschiedsgericht dazu blieb bislang unbeantwortet.
Demgegenüber verdichten sich die Vorzeichen, dass sich der Bundesvorstand auf die Seite des „Rumpfvorstands“ schlägt: So war das Vorstandsmitglied Carlo Clemens dabei, als die zweite Kandidatenliste um Minich gewählt wurde. Ebenso hieß es auf erneute taz-Rückfrage von Sprecher Pfalzgraf, dass man mit dem Rumpfvorstand von Minich im Klärungsprozess sei.
Nicht die erste Krise
Die Landeswahlleitung wollte die unübersichtliche Lage gegenüber der taz nicht einschätzen. Generell hieß es, die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen ende am 6. März. Der Wahlausschuss werde in öffentlicher Sitzung am 17. März über Zulassung oder Zurückweisung entscheiden.
Die erste AfD-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft ist 2019 nach persönlichen Machtkämpfen zerbrochen. Ein Vorsitzender fehlt dem Landesverband, seitdem Vorstand Peter Beck Anfang 2021 aus der AfD ausgetreten ist („Ich bin mit dieser Partei durch“).
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