Bremen schiebt nicht nach Afghanistan ab: Afghanen bleiben in Sicherheit
Bremen beteiligt sich nicht an den Abschiebungen nach Afghanistan – im Gegenteil: 80 Geflüchtete bekommen befristete Aufenthaltsgenehmigungen. Die CDU hält das für unrechtmäßig.
BREMEN taz | Elisabeth Motschmann ist empört: Deutschland, findet die Bremer CDU-Bundestagsabgeordnete, habe „in Afghanistan viel für die Sicherheit erreicht“ – und statt anderen Bundesländern zu folgen, die afghanische Geflüchtete momentan massenhaft in das laut Motschmann „regional hinreichend sichere“ Land abschieben, wagt Bremen, das Gegenteil zu tun!
„Nicht hinnehmbar“ findet sie es, dass 80 in Bremen lebenden afghanischen Geflüchteten Aufenthaltserlaubnisse für ein halbes Jahr ausgestellt worden sind, und zwar, so sagt sie, „ohne weitere Prüfungen und ohne, dass diese von sich aus einen Antrag gestellt haben.“ Welchen Antrag sie genau meint, erklärt Motschmann nicht, Fakt ist jedoch, dass die 80 Menschen lediglich eine temporäre Aufenthaltserlaubnis erhalten haben – dafür braucht's keinen Antrag.
Und deren Akten, so die Innenbehörde, seien durchaus geprüft worden: Die Aufenthaltserlaubnisse seien nur unter der Voraussetzung erfolgt, „dass die Identität geklärt ist und dass keine Straftäter darunter sind.“ In sechs Monaten würden die Aufenthaltserlaubnisse erneut überprüft.
Momentan aber entspreche „die optimistische Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan von einigen Stimmen in der aktuellen Debatte nicht der Realität“, heißt es aus der Innenbehörde. So zeichne der Lagebericht des Auswärtigen Amtes ebenso eine Verschlechterung der Situation in Afghanistan wie Nichtregierungsorganisationen, die Kampfhandlungen in 31 von 34 Provinzen dokumentierten. „Es wäre deswegen nicht zu verantworten, kurzfristig Menschen nach Afghanistan abzuschieben.“
Damit teilt das SPD-geführte Innenressort die Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen, des Wehrbeauftragten des Bundestages – und der Bremer Bürgerschaftsfraktionen der Linken und der Grünen: Björn Fecker, grüner innenpolitischer Sprecher, sagt: „Es ist gut, dass Bremen sich an den Massenabschiebungen nicht beteiligt hat.“ Er sähe auch in naher Zukunft keine Perspektive, dass Afghanistan ein sicheres Land werde. „Wer daran zweifelt, sollte sich anhand der Bundeswehr-Berichte zur Sicherheitslage in Afghanistan kundig machen.“
Elisabeth Motschmann aber meint: „Es sollte zumutbar sein, in ein Land, in das wir sowohl Soldaten als auch zivile Helfer entsenden, auch Menschen zurückzuschicken.“ Und die Bremer CDU-Fraktion hat eine Sondersitzung der Innendeputation beantragt, weil sie die Vergabe der Aufenthaltserlaubnisse für rechtlich nicht zulässig hält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“