Braunschweigs Altholz-Heizkraftwerk: „Ein ökologischer Holzweg“
Der regionale Energieversorger BS Energy verbrennt Altholz, um aus dem Kohle-Strom auszusteigen. Umweltverbände und Opposition halten nichts davon.
Die aus Linke, Volt und Die Partei bestehende Oppositionsfraktion im Stadtrat sowie Umweltverbände teilen zwar das strategische Vorhaben eines möglichst raschen Kohleausstiegs. Das hehre Ziel rechtfertige aber nicht jedes Mittel. Mit der Verbrennung von Altholz begäben sich Stadt und BS Energy auf einen ökologischen Holzweg, lautet die Kritik.
Mit der Inbetriebnahme der Anlagen nehme BS Energy eine „Vorreiterrolle in der Energiebranche“ ein, sagte Vorstandschef Jens-Uwe Freitag am 10. Mai bei der Einweihungszeremonie. Und BS-Energy-Aufsichtsratschef, Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD), betonte: „Für Braunschweig bedeuten die neuen Erzeugungsanlagen nicht nur eine Verbesserung der Luftqualität. Sie tragen erheblich dazu bei, unser Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.“ In dem neuen Biomasse-Heizkraftwerk soll im Vergleich zu einem Kohlekraftwerk der CO2-Ausstoß um 50 Prozent reduziert werden, erklärt BS Energy.
Das Altholz wird bei mindestens 850 Grad verbrannt. Zuvor wird das Material auf etwa zehn Zentimeter große Stücke gehäckselt. Bei der Verbrennung entstehende Reststoffe wie etwa Feinstaub werden laut BS Energy aufwendig herausgefiltert. Das Altholz-Heizkraftwerk soll als Grundlast-Anlage laufen, das neue Gasturbinen-Heizkraftwerk vor allem in der kälteren Jahreszeit und bei Schwankungen im Stromnetz dazugeschaltet werden. Wegen der Energiekrise soll das Kohlekraftwerk in der Heizperiode 2023 und 2024 noch zur Verfügung stehen.
„Dass der Einstieg in die massenhafte Verbrennung von Altholz ein wichtiger Meilenstein hin zur klimaneutralen Wärmeversorgung sei und die Luftqualität verbessere, wird von uns massiv angezweifelt“, betont Gisela Ohnesorge von der Fraktionsgemeinschaft Linke, Volt, Partei. Sie glaube nicht, „dass die Verbrennung von Altholz tatsächlich die Alternative zur Kohleverbrennung darstellt“. Oberbürgermeister Kornblum hatte sich von der Braunschweiger Zeitung mit der Aussage zitieren lassen, dass die Stadt durch die Umstellung auf die Altholzverbrennung, 270.000 Tonnen CO2 sparen könne.
Umweltschützern zufolge werden bei der Verfeuerung von Altholz Feinstaub, aber auch Schwermetalle und hochgiftige Dioxine und Furane ausgestoßen. Der freigesetzte Ruß habe ein Treibhauspotenzial von bis zu 3.200 CO2-Äquivalenten und trage damit zur Klimaerwärmung bei.
Ein weiteres Problem sieht das Oppositionsbündnis darin, dass der Veolia-Konzern seine Position bei BS Energy weiter stärkt, indem er alleiniger Altholzlieferant wird. Das Altholz kam bislang aus Hannover. Seit drei Wochen erfolgt die Lieferung aus einer neuen Aufbereitungsanlage in Broistedt, einem Ortsteil der Gemeinde Lengede im Kreis Peine.
Veolia betreibt diese Anlage allein, ohne Beteiligung der anderen Gesellschafter von BS Energy. Sie soll pro Jahr 180.000 Tonnen Altholz reinigen und in Hackschnitzel verwandeln – genau diese Menge benötigt BS Energy für das neue Kraftwerk. „Es ist unklar, warum nicht alle Gesellschafter von BS Energy die Altholzhackschnitzelanlage betreiben“, sagt Udo Sommerfeld vom Bündnis.
BS Energy ist in Braunschweig nicht nur in den Bereichen Strom, Gas und Fernwärme tätig. Der Versorger kümmert sich auch um das Trink- und Abwasser, die öffentliche Beleuchtung und die Ampelanlagen. Auch als bundesweiter Stromanbieter tritt BS Energy in Erscheinung. Im Gegensatz zu anderen Kommunen hält in Braunschweig nicht die Stadt die Kapitalmehrheit an dem Versorger – hier sind es nur 25,1 Prozent. Mehrheitseigner mit 50,1 Prozent ist der börsennotierte Konzern Veolia mit Sitz in Paris. Die restlichen Anteile gehören dem Versorgungsunternehmen Thüga.
Kritik an dem Altholz-Konzept setzt es auch vom Naturschutzbund (Nabu). Weil aktuell viele Kommunen auf das Verbrennen von Altholz setzten, werde dadurch auch insgesamt sehr viel CO2 freigesetzt. Statt das Altholz zu verbrennen, sei es besser, es weiter zu verwenden, etwa für die Produktion von Spanplatten. Besonders die Altholz-Kategorien 2 bis 3 eigneten sich dafür, weil sie nur wenig mit Chemikalien von Lacken und Klebern belastet seien. Genau diese würden aber nun im Heizkraftwerk in Braunschweig verbrannt, so der Nabu.
Gemeinsam mit anderen Umweltverbänden hat der Nabu ein Papier zum Thema Altholzverbrennung veröffentlicht. Danach verstößt Deutschland mit der nahezu vollständigen Verbrennung des eigenen Altholzes gegen die von der EU vorgegebene und im deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetz umgesetzte Abfallhierarchie. Praktisch bedeute die Verbrennung von Altholz, dass für die Produktion von Spanplatten und ähnlichen Produkten Bäume gefällt werden müssten.
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