Brandenburger „Polizeiruf 110“: Mein Kollege, der Riesenidiot
Hass auf beiden Seiten des Flusses – und zwischen den Kommissaren: Der siebte Polizeiruf des Ermittlerduos aus Frankfurt an der Oder steht an.
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Ein abgetrennter Finger liegt im Feld, Brandstifter zünden eine Scheune an, das Vieh verendet in den Flammen, ein überzeugter Nationalist weigert sich vehement, Steuern zu zahlen, und verteidigt sein Hab und Gut fest entschlossen vor dem Pfänder – unter Einsatz seines Gewehrs. Das klingt alles reichlich verwirrend und das ist es zunächst auch.
Es sind viele Geschichten, die sich um den neuesten Fall des Ermittlerduos Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) spannen – vielleicht einige zu viel. Aber: Wer konzentriert zuschaut, wird mit einer Kriminalgeschichte belohnt, die zum Miträtseln einlädt.
Es ist der siebte Polizeiruf des Ermittlerduos aus Frankfurt (Oder), ein Krimi, der sich von anderen abhebt: Er spielt in zwei Ländern und ist (in einem Maß, das für den deutschsprachigen Zuschauer angenehm ist) gestreut bilingual. Das deutsch-polnische Team arbeitet grenzübergreifend. In dem neuen Fall sehen sich die Ermittler mit Hass und Nationalismus konfrontiert – auf beiden Seiten der Oder.
Die Geschichte startet düster: auf den Hof von Wojciech Sekula (Grzegorz Stosz), einem polnischen Landwirt, werden Anschläge verübt. Bei einem der brutalen Übergriffe kommt Sekula ums Leben. Als das Ermittlerduo den Mord untersucht, tun sich Abgründe auf.
Es bleibt also düster: Familienintrigen, brutale Übergriffe, ein zwielichtiger Bürgermeister, nationalistisches Gedankengut und eine wilde Schießerei. Besonders zum Ende hin wird es doch recht spannend.
Dabei ziemlich nervig und vollkommen überflüssig: das ätzende Macho-Gehabe von Kommissar Adam Raczek. An chauvinistischen Sprüchen mangelt es dem wenig sympathischen Charakter nicht. Besonders gegenüber seiner Partnerin Olga Lenski führt sich der Kommissar häufig wie ein Riesenidiot auf – auch in Bezug auf deren Tochter.
Polizeiruf 110: „Heimatliebe“, So., 20.15 Uhr, ARD
Als der Schulunterricht ausfällt, ist Lenski als alleinerziehende Mutter gezwungen, ihre Tochter mit ins Büro zu nehmen – ihr Kollege (selbst Vater) kann damit überhaupt nicht umgehen und rät Lenski (vor deren Tochter) sich endlich mal einen Kerl mit reichlich Zeit anzulachen. Tut das Not? In puncto passiver Aggressivität steht die Kommissarin ihrem Kollegen jedoch in nichts nach. Die beiden arbeiten mehr gegen- als miteinander.
Auch wenn die Themenvielfalt groß ist in diesem Polizeiruf, steht die Heimatliebe und mit ihr der Nationalismus über allem. Auch politisch gesehen ziemlich aktuell eine Woche vor der Landtagswahl in Brandenburg.
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