MDR eröffnet „Polizeiruf 110“-Saison: Sätze wie Wackersteine

Nach der Sommerpause ist plötzlich alles anders: Es erwartet uns ein Sonntagskrimi ohne Mord, ohne Leiche und ohne Spannung.

Schauspieler in einem Raum

Freunde? Feinde? Oder eine gemeine Gemeinschaft? Szene aus dem Polizeiruf Foto: MDR/filmpool fiction/Stefan Erhardt

Nein, dass Ronald Zehrfeld gleich am Anfang als Jäger durchs Feld läuft, reicht nicht. Dass er das Gewehr anlegt, Kimme und Korn justiert, einen Wolf anvisiert und abdrückt. Nur um jemanden zu haben, der uns bekannt vorkommt, dessen Auftauchen wie eine blinkende Neonreklame für „Qualität“ ist. Auf dass man nicht gleich wieder umschalte.

Ach nee, sorry, klar: Und um jemanden zu haben, der nie wieder zu sehen ist in den kommenden anderthalb Stunden, aber in der Story dieses Magdeburger Polizeirufs später dazu dient, dass die Spusi sagen kann, „ein Jäger“ habe ein verlassenes Auto voller Blut unter Pinien im Wald gefunden, notdürftig zugedeckt mit Ästen.

Vielleicht hatte Regisseur Philipp Leinemann noch was gut bei Zehrfeld für diesen Gastauftritt, vom Spionagefilm „Das Ende der Wahrheit“, der gerade mit ihm in der Hauptrolle im Kino lief.

Wie man es dreht und wendet: besser so tun, als würde die Sonntagskrimi-Sommerpause noch eine Woche länger dauern. Dass der MDR-„Polizeiruf“ „Mörderische Dorfgemeinschaft“ die Vorfreude auf Neues einlösen soll – na ja, echt jetzt?

„Keine Leiche, kein Mord. Kein Mord, kein Mörder“

Jurij Rehberg ist jedenfalls weg. Ihm gehört das Auto. Und die Bewohner*innen des Kaffs neben dem Wald in der sachsen-anhaltinischen Pampa vermissen ihn, die einen mehr, die anderen dann doch sehr viel weniger. Mehr: seine hochschwangere Verlobte Annette Wolf (Katharina Heyer), blondes Wallehaar, pastellfarbene Wallekleider, leider ein Klischee von treudoofer Frau. Sehr viel weniger: der ganze Rest.

Das ahnt das Ermittlungsduo Doreen Brasch und Dirk Köhler (Claudia Michelsen, Matthias Matschke) aber erst nach und nach, 8.000 Euro fehlen hier, 100.000 dort, dazu Fremdgeherei. Nach der Hälfte immer noch keine Leiche. Oder wie Wolfs Vater sagt: „Keine Leiche, kein Mord. Kein Mord, kein Mörder.“

Ein Krimi, keine Leiche, ein Verschwundener, der auf den ersten Blick als Neuer im Dorf bei vielen ein Stein im Brett hatte, weil er das Aufregende der Welt jenseits der Gemarkungsgrenze verkörperte: könnte spannend sein trotz der ländlichen Angler-Idylle.

Polizeiruf 110: „Mörderische Dorfgemeinschaft“, So., 20.15 Uhr, ARD

Aber, ach herrje. Der Plot (Katrin Bühlig) brockelt vor sich hin, das Gros der Schauspieler*innen lässt Sätze aus dem Mund fallen wie Wackersteine. Man wünscht sich schnell, dass Michelsen und der Bauer mit dem Miniauftritt den Film allein durchziehen. Stattdessen: ein poirotmäßiges Finale mit allen in der Dorfkneipe. Blöd halt, dass der Titel eh alles verrät.

Polizeiruf 110: „Mörderische Dorfgemeinschaft“, So., 20.15 Uhr, ARD

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