Brandanschlag in der Ukraine: Spur nach Deutschland
Drei Polen werden wegen eines „Terrorakts“ verurteilt. Ermittelt wird noch gegen einen rechtsextremen Deutschen, der gute Kontakte zur AfD pflegte.
Zwei der Täter haben in der Nacht auf den 4. Februar 2018 in Ushgorod, im äußersten Westen der Ukraine gelegen, einen Brandanschlag auf das Büro der Transkarpatischen Gesellschaft für Ungarische Kultur verübt und dieses mit Hakenkreuzen beschmiert. Das Ziel der Aktion: Spannung im Verhältnis der Nachbarländer zu schüren und die Ukraine, ganz im Sinne Russlands, weiter zu destabilisieren.
Nach ihrer Verhaftung haben die beiden gestanden und Michal P. als Auftraggeber genannt. P., Hauptangeklagter in dem Prozess, ist Anfang 30 und ein Milizionär mit bewegter Neonazi-Vita. Er soll Mitglied der polnischen Faschistengruppierung Falanga sein, die den prorussischen Rebellen nahesteht und mit ihnen bereits gegen die Ukraine gekämpft hat.
P. wiederum sagte vor Gericht aus, er sei angestiftet worden – von einem Deutschen: dem rechtsextremen Publizisten Manuel Ochsenreiter. Ochsenreiter hatte zu dieser Zeit gute Kontakte in die AfD, für einige Monate hat er für den AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier als Fachreferent für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gearbeitet. Alle drei – P., Ochsenreiter und Frohnmaier – bewegen sich seit Langem in radikal rechten Netzwerken mit prorussischem Geist. Als der Vorwurf bekannt wird, lösen Frohnmaier und Ochsenreiter das Arbeitsverhältnis auf.
Wie der Plot eines durchgeknallten Politthrillers
Was sich einerseits wie der Plot eines durchgeknallten Politthrillers anhört, hält der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin durchaus für möglich. Auf Facebook sprach dieser damals von „russischen Hybridmethoden“. Der Anschlag hätte also im Sinne Russlands für Unruhe in der Westukraine gesorgt, die bislang – anders als die annektierte Krim und Teile der Ostukraine – noch unabhägig von Russland ist. Und tatsächlich verschärften sich damals die Spannungen zwischen Ungarn und der Ukraine.
Während der Anschlag von westlichen Medien kaum wahrgenommen wurde, berichtete Zuerst!, das rechtsextreme Blatt aus dem Hause des Verlegers Munier, dessen Chefredakeur Ochsenreiter ist. „Wegen Anschlag auf Zentrale der ungarischen Minderheit: Budapest fordert OSZE-Mission in der Westukraine“, hieß es dort am Tage des Anschlags. Der Spin, ganz nach russischem Geschmack: Die Ukraine ist der Aggressor.
Die Krakauer Staatsanwaltschaft glaubt P.: Sie hält Ochsenreiter für den Finanzier der Aktion. Dafür spreche nicht nur P.s Aussage, sondern darauf deuteten auch WhatsApp-Chats zwischen P. und seiner Frau hin, die die Staatsanwaltschaft in den Prozess einführte. Demnach hat sich P. Anfang Februar 2018 mit Ochsenreiter am Flughafen in Berlin-Tegel getroffen. Dieser soll ihm dort 1.000 Euro übergeben haben, eine Anzahlung von weiteren 500 Euro soll Ochsenreiter schon zuvor nach Polen geschickt haben.
Hinzu kommt: P. und Ochsenreiter kennen sich erwiesenerweise schon seit Jahren. So hat zum Beispiel die taz P. bei einer Reportage über paramilitärische Gruppen in Polen im Sommer 2016 getroffen, anderthalb Jahre vor dem Anschlag in Ushgerod. Ganz von sich aus erwähnte P. damals Ochsenreiter. Ideologisch verbindet die beiden viel: P.s extrem rechtes Gedankengut verbunden mit großer Nähe zu Putins Russland – das ist auch Ochsenreiters Linie.
Dieser aber streitet die Vorwürfe ab. Dies hat er bereits, als sie bekannt wurden, auf der Website von Zuerst! publiziert. Nachfragen der taz ließ er unbeantwortet. Die Ermittlungen gegen Ochsenreiter als Anstifter der Tat aber gehen weiter. In Krakau und Berlin.
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