Brandanschlag auf Restaurant vorgetäuscht: 8 Jahre Haft für Versicherungsbetrug

Als 2018 in Chemnitz ein anatolisches Restaurant abbrannte, wurde ein rassistisches Motiv vermutet. Nun urteilt ein Gericht.

Ein Polizist fotografiert ein durch einen Brand zerstörtes Restaurant

Das durch einen Brand zerstörte Restaurant Mangal in Chemnitz Foto: Harry Haertel/imago

Berlin/Chemnitz taz | „Hier steckte mein ganzer Traum drin“, hatte Ali T. erklärt, als er im Oktober 2018 im Brandschutt seines Restaurants Mangal in Chemnitz stand, zwischen schwarz-verkohltem Inventar. In seinen Augen standen Tränen. „Es ist alles weg.“

Wenige Tage zuvor war in seinem anatolischen Restaurant ein Feuer ausgebrochen, welches das Lokal komplett zerstört hatte. Dies geschah in einer Zeit, als in der Stadt wöchentlich Rechtsextreme und Bürger auf die Straße gingen, um gegen Geflüchtete zu demonstrieren – nachdem im August 2018 in Chemnitz ein 35-Jähriger von einem Syrer erstochen wurde.

Im Juli 2021 dann die Wende: Die Polizei nahm Ali T. fest – und warf ihm vor, das Feuer selbst gelegt zu haben, um Versicherungsgelder zu kassieren. Am Dienstag sah das nun auch das Landgericht Chemnitz so. Es verurteilte den 51-Jährigen zu einer achtjährigen Haftstrafe wegen versuchten Mordes in 15 Fällen und schweren Betrugs. In der Tatnacht hielten sich über dem Restaurant in mehreren Wohnungen 15 Personen auf – verletzt wurde niemand weil das Feuer rechtzeitig bemerkt wurde. Zudem ordnete das Gericht die Einziehung der erhaltenen Versicherungssumme von rund 300.000 Euro an, die Ali T. für die Brandschäden und die Betriebsschließung erhielt.

Mittäter sind bis heute unbekannt

Laut Gericht hatte Ali T. damals wegen offener Schulden mehrere Mittäter beauftragt, sein Lokal anzuzünden. Er selbst haben ihnen ein Fenster offen gelassen, damit diese in das Restaurant einsteigen konnten. Deshalb sei er mehr als nur der Auftraggeber gewesen. Die Mittäter sind bis heute unbekannt. An­woh­ne­r:in­nen wurden damals durch eine Detonation geweckt und sahen drei Personen in einem roten Kleinwagen flüchten.

Die Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten eine zehnjährige Haftstrafe für Ali T. gefordert. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Ali T. hatte über seine Anwälte die Tat zurückgewiesen. Seine Verteidiger hatten vor allem die Glaubwürdigkeit eines Zeugen in Zweifel gezogen, der Ali T. schwer belastet hatte. In der Verhandlung, die seit Februar lief, wurden rund 120 Zeu­g:in­nen und mehrere Sachverständige gehört.

Ali T. selbst hatte nach der Tat auf mögliche rechtsextreme Täter verwiesen, auch gegenüber der taz. Damals hatte er sich auch empört über die Gefährdung der An­woh­ne­r:in­nen durch die Brandstiftung gezeigt. „Was ist mit den Leuten, die hier oben im Haus wohnen? Die hätten sterben können.“

Auch andere Restaurants damals angegriffen

Die rechten Demonstrationen in Chemnitz im Herbst 2018 hatten für bundesweites Aufsehen gesorgt. Neben dem Brand im Mangal gab es damals Angriffe auf das jüdische Restaurant Schalom in der Stadt und auf zwei persische Lokale. Die Polizei hatte in allen Fällen auch wegen eines politischen Motivs ermittelt.

Die Politik reagierte damals betroffen. Chemnitzs damalige Bürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) und Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) besuchten Ali T. und die anderen Restaurants und sprachen ihre Anteilnahme aus. Auch Kanzlerin Angela Merkel traf den Deutschkurden damals in Chemnitz.

Bei den persischen Lokalen konnten Tatverdächtige letztlich nicht ermittelt werden. Für den Angriff auf das Schalom wurde ein junger Rechtsextremist verurteilt: zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Nach einer Berufung durch die Staatsanwaltschaft, die eine härtere Verurteilung wollte, wurde die Strafe in einem zweiten Prozess nochmal abgesenkt – auf zehn Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf Bewährung, und eine Geldzahlung von 1.500 Euro an den Friedensdienst „Aktion Sühnezeichen“. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden legte auch gegen dieses Urteil Revision ein. (mit dpa, epd)

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