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Brandanschlag auf Restaurant in SykeNach der Hetze das Feuer

Die Polizei geht davon aus, dass der Brandanschlag auf ein Syker Restaurant rassistisch motiviert war. Der Betreiber hat einen Migrationshintergrund.

Nicht mal die Polizei glaubt, das sei unpolitisch: Brandanschlag auf das Restaurant „Martini“ Foto: Heinfried Husmann

Hamburg taz | Die Scheiben der weißen Eingangstür zum Restaurant „Martini“ sind zertrümmert, ein schwarzes Hakenkreuz darauf gesprüht, ein weiteres an anderer Stelle. Am frühen Donnerstagmorgen hat es in der niedersächsischen Stadt Syke einen Brandanschlag gegeben. „Wir gehen von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus“, sagt Lene Steinbrecher, Pressesprecherin der Polizei Diepholz.

Der Betreiber sei deutscher Staatsbürger aus Syke mit syrischem Migrationshintergrund. Er habe das Lokal erst kürzlich übernommen. Der Staatsschutz sei eingeschaltet, sagt Steinbrecher.

Ein Autofahrer hatte den Brand bemerkt und um 3.20 Uhr die örtlichen Feuerwehren und die Polizei in Syke alarmiert. Die Löschmaßnahmen an dem italienischen Restaurant verhinderten das Übergreifen des Feuers auf andere Gebäude. Sechs Anwohner*innen konnten in Sicherheit gebracht werden.

Der Brand hatte sich im Erdgeschoss ausgebreitet. Die am Brandort von den Ermittler*innen entdeckten Spuren deuteten auf Brandstiftung hin, sagt Steinbrecher. Zur Tatzeit waren keine Menschen in dem Haus. Der entstandene Sachschaden liegt bei mindestens 150.000 Euro.

In dem Restaurant haben nach einem Anti-AfD-FDP-Protest Demonstrant*innen gegessen

Nur wenige Tage vor dem Brand waren am Samstag in Syke aus Protest gegen die Wahl des FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsident von Thüringen über 100 Menschen auf die Straße gegangen. Unter dem Motto „Thüringen: Die Dämme brechen“ hatte das „Wir sind mehr – Landkreis Diep­holz“ und die Seebrückeninitiative zu einer Kundgebung vor dem Kreishaus aufgerufen.

Die Zeitnähe zwischen dem Brandanschlag und der lokalen Kundgebung gegen die AfD in Thüringen lässt Bündnismitglieder aufmerksam werden. „Wir fragen uns schon, ob es da einen Zusammenhang geben könnte“, sagt Michael Roeder.

Zumal die Spur direkt in das Restaurant führt: „Wir waren da ja auch noch mit etwa 20 Demoteilnehmern im Martini essen“, sagt Roeder. Er hofft, dass die Polizei dieser Verbindung nachgeht.

Die AfD im Landkreis Diepholz, zu dem Syke gehört, gilt als Anhängerschaft des völkischen Flügels. In der Stadt Syke ist die AfD jedoch nicht im Rat vertreten. Bei der niedersächsischen Landtagswahl lag die AfD in der Stadt bei rund 6 Prozent. Sie gilt auch nicht als Hotspot der klassisch extrem rechten Szene.

Erika Schneider von der Seebrückeninitiative erzählt jedoch, dass die AfD dennoch vor Ort präsent sei: „Sie sind überall dabei und vor allem im Landkreis Diepholz aktiv – zum Glück will die Mehrheit der Gastwirte ihnen kein Forum bieten.“

Das nun von dem Brandanschlag betroffene Restaurant Martini ist erst im Mai an den neuen Standort im Stadtteil Steimke gezogen. Vorher war es im ein paar Kilometer entfernten Ortsteil Barrien – einem Ort, der dafür bekannt ist, dass es dort rechtsextreme Strukturen gibt.

Reichsbürger-Attacke auf CDU-Politiker

2019 attackierte ein sogenannter Reichsbürger einen CDU-Politiker aus Barrien öffentlich, beleidigte und bedrohte ihn. Beim Schützenfest in dem Ortsteil gab es Übergriffe auf Geflüchtete. In dem Stadtteil tummeln sich seit Jahrzehnten Rechte.

So lebt etwa ein Mitglied der Bremer Rechtsrockband „Endstufe“ in Barrien. Der Mann spielt auch Schlagzeug in der Szene-Band „Bunker 16“. Ein weiteres Bandmitglied wohnte ganz in der Nähe. Im Mai 2011 trat „Bunker 16“ im nahen Groß Mackenstedt auf, keine 20 Kilometer entfernt von Syke. Rund 150 Rechtsrock-Fans aus ganz Norddeutschland sollen teilgenommen haben. Dort, an der Landesgrenze zu Bremen, befanden sich lange Jahre Proberäume für diverse rassistische Bands.

Ob die Täter*innen aus der örtlichen rechtsextremen Szene stammen, ist noch ungeklärt. Bis Donnerstagmittag lagen der Polizei noch keine konkreten Hinweise auf die Täterschaft vor. Eine sofortige Fahndung unterstützt mit einem Hubschrauber verlief ohne Erfolg.

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