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Brand in Flüchtlingsunterkunft in Meißen„Anschlag mit Ansage“

Der Besitzer der geplanten Flüchtlingsunterkunft in Meißen sagt, er habe im Vorfeld Drohungen erhalten. Die Polizei habe ihn jedoch „an der Tür abserviert“.

In der Nacht zum Sonntag brannte es in der geplanten Unterkunft in Meißen Foto: dpa

MEISSEN dpa | Nach dem Feuer in einer noch unbewohnten Unterkunft für Asylbewerber in der sächsischen Stadt Meißen hat der Hauseigentümer von einem „Anschlag mit Ansage“ gesprochen. Anfang Juni habe er an der Tür einen Zettel mit einer klaren Drohung gefunden, sagte Ingolf Brumm, Geschäftsführer der gleichnamigen Baufirma. Darauf seien die Asylbewerber ironisch willkommen geheißen worden – mit der Aufforderung, das Land so schnell wie möglich wieder zu verlassen.

Als er bei der Polizei Anzeige erstatten wollte, habe man ihn „an der Tür abserviert“, sagte der Eigentümer, der die Flüchtlingsunterkunft in den vergangenen beiden Jahren saniert hat. Begründung sei gewesen, dass man nur Anzeige erstatten könne, wenn ein Schaden vorliege, fügte er hinzu. Eine Sprecherin des für extremistische Straftaten zuständigen Operativen Abwehrzentrums der Polizei (OAZ) betonte, man nehme derartige Hinweise immer ernst.

Das Feuer war in der Nacht zum Sonntag in einem vierstöckigen Mehrfamilienhaus ausgebrochen, das demnächst bis zu 35 Flüchtlinge beherbergen sollte. Den Angaben der Polizei zufolge wurde an zwei Stellen Feuer mit Hilfe eines Brandbeschleunigers gelegt. Verletzt wurde niemand, das Gebäude war unbewohnt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sprach bei einer Ortsbesichtigung am Sonntag von einem „feigen Brandanschlag“. Man werde alles dafür tun, dass die Verantwortlichen gefasst würden, betonte er. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der seinen Wahlkreis in Meißen hat, sagte dem Tagesspiegel, er toleriere „keine Form von Gewalt oder Hass.“

Unklar ist bisher, ob mutmaßliche Rechtsextreme mit dem Brand zu tun haben. Die „Initiative Heimatschutz“, die im Internet Stimmung gegen Flüchtlinge macht, hatte für Samstagabend zu einer „spontanen Zusammenkunft“ in Meißen aufgerufen. Auf Facebook distanzierte sich die Initiative „von jeglichen Brandstiftungen.“

Bereits seit Tagen macht Sachsen Schlagzeilen, weil im etwa 30 Kilometer entfernten Freital allabendlich einige Dutzend Menschen mit teils offen rassistischen Parolen gegen ein Flüchtlingsheim protestieren. Drei Männer wurden nach Angaben der Polizei in den vergangenen Tagen festgehalten, weil sie „Sieg Heil“ gerufen oder den Hitlergruß gezeigt haben.

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6 Kommentare

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  • Daß ausgerechnet Thomas de Maiziere, der unter anderem ein "Bürgerbüro" am Marktplatz in Meißen betreibt, von der Stimmung in seinem eigenen Wahlkreis so wenig wissen will, erscheint mir nicht sehr glaubhaft. Entweder ist er nicht sonderlich engagiert und kompetent, besonders als zuständiger Bundesinnenminister, oder er hat andere Gründe, warum er so wenig offen unternimmt.

     

    Die Situation in Interview wegreden und marginalisieren, das geht nur solange, wie nicht die Situation zum Flächenbrand gewachsen ist.

     

    Vielleicht hilft er den Flücvhtlingen, indem er unbürokratisch seine Büroräume zur Verfügung stellt? Denn einen effektiven Bürgerkontakt gibt es ja doch nicht, also wären die Räume sinniger zu nutzen

    https://www.thomasdemaiziere.de/mein-wahlkreis-meissen

  • in der taz von heute: Thomas de Maizière (CDU), der seinen Wahlkreis in Meißen hat, sagte dem Tagesspiegel, er toleriere „keine Form von Gewalt oder Hass.“

     

    Ein bemerkenswerter Satz aus dem Munde des ehem. Verteidigungsministers, der oft genug "an der Front" war, wo er die Folgen von Gewalt und Haß sah. Und die Firmenschilder an Fahrzeugen und Munitionskisten...

  • Wir benötigen - DRINGEND - einen antifaschistischen Schutzwall. Kann man genauso bauen wie letztes Mal, inklusive Ausrichtung der Selbstschussanlagen. Dieses Mal allerdings ist es wirklich einer.

  • Immer wieder Sachsen. Komisch...

  • ,...und ewig Grüßt das Murmeltier!

  • Es kommt doch seit der NSU sattsam bekannt vor, wenn eine dem Innenministerium nachgeordnete Behörde nicht so recht in Schwung kommt, um Strafverfolgung und Schutz der Bevölkerung zu sichern. Das Ganze stinkt dann nach meinem Eindruck schon vom Kopf her - dem CDU-Innenminister. Alles nicht so schlimm, weil es um die Unterkunft und Unversehrtheit von Menschen geht, die die CDU auch tendenziell hier nicht haben will?

     

    Die CDU schließlich ist groß im Geschehenlassen. So ertranken doch nach Einstellung des Programmes Mare Nostrum Flüchtlinge. Die Kanzlerin gehörte zu den Regierungschfs, die das Programm nicht weiter führen wollten. Das Blut von Verletzungen durch deutsche Waffenlieferungen klebt schon an der Bundesregierung. Die Fortsetzung erfolgt auf dem Meer und in den Flüchtlingsunterkünften.

     

    Sicherlich wissen die Rüstungslobbyisten in CDU, CSU und SPD, wofür sei das tun. Den Preis dafür zahlt die Allgemeinheit, ob es nun hohe Kredite für die langfristigen Verträge des überrüsteten Griechenland oder für Flüchtlingsunterkünfte ist. Mal ganz abgesehen davon, dass die gleichen Parteien eine höhere Geburtenrate einfordern, damit der Bevöllkerungsschwund aufhören soll und die Flüchtlinge ohne Rassismus betrachtet deswegen willkommen sein müssten. Hat einer von dennen aber je gesagt, dass wir diese Einwanderung brauchen?