Boxhagener Platz in Berlin: Ein Platz für alle
Auf einem der beliebtesten Plätze Berlins gibt es widerstreitende Nutzerinteressen: Nun läuft ein Malwettbewerb für Kinder – gegen Hundehalter*innen.
Letztere sind jedoch nicht so gern gesehene Gäste auf dem vor drei Jahren für rund 650.000 Euro sanierten Gartendenkmal. Der Grund, so das Bezirksamt: Die Hunde verwüsten durch ihr Buddeln die Rasenfläche, „sodass kahle Stellen entstehen“.
Trotz aufgestellter Verbotsschilder trifft man aber immer noch täglich Hunde auf dem Boxi an. Ein Problem, das der Bezirk nun lösen will, und dabei alles auf die herzerweichende Kunst von Kindern setzt.
Unter dem Motto „Kein Ort für Hunde, ein Ort für mich“ haben alle Berliner Kinder im Alter von bis zu 12 Jahren die Chance, dass ihre Bilder an einen der beliebtesten Plätze Friedrichshain ausgestellt beziehungsweise laminiert an einen Zaun aufgehängt werden. Als wäre das nicht Ansporn genug, winkt allen Teilnehmer*innen zusätzlich „ein kleiner Gewinn“. Das Einzige, was zu beachten gilt: Die Bilder sollten in digitaler Form (also gescannt oder abfotografiert) bis zum 31. März 2022 per Mail an presse@ba-fk.berlin.de gesendet werden.
Zu kurz gedacht
Natürlich ist es schön, wenn Kinder dazu motiviert werden, sich künstlerisch zu betätigen und für ihre Mühen auch noch belohnt werden. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Malwettbewerbe in Zukunft auf uns zukommen könnten. So nach dem Motto „Kein Ort für Grillpartys, ein Ort für mich“ oder vielleicht „Kein Platz für Ballsport, ein Ort für mich“ …
Es ist leider zu kurz gedacht, wenn man davon ausgeht, Hunde seien die einzige Gefahr für die Grünflächen am Boxi. Weil an einem Ort, an dem so viele verschiedene Menschen aufeinandertreffen, um miteinander zu grillen, abzuhängen, zu feiern oder sich einfach nur zu sonnen, es fast unvermeidbar ist, dass den Rasen die ein oder andere platt gewalzte, welke Stelle ziert.
Sollte dem Bezirksamt etwas an der Verbesserung der Situation liegen, müsste es vielleicht etwas mehr Initiative sein, als nur ein paar Schilder aufzustellen und hübsche Bilder an einen Zaun zu hängen. Auch gilt kritisch zu hinterfragen, warum die Meinung von Kindern bei diesem Problem des Bezirksamts plötzlich Gewicht bekommt, wohingegen sie doch in vielen anderen Punkten der Stadtplanung ignoriert wird.
Der Boxhagener Platz ist nun einmal stark frequentiert, zu ihm gehören Hunde genauso wie auf der Parkbank Bier trinkende Atzinnen und Atzen oder spielende Kinder. Denn der Boxi ist eben nicht nur „ein Platz für mich“ – sondern ein Platz für alle.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott