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Boris Johnsons Partygate-AffäreGerissener als die Polizei erlaubt

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die britische Partygate-Affäre ist für den Premierminister noch nicht ausgestanden. Aber er hat sein eigenes Schicksal wieder selbst in der Hand.

Vorerst – mal wieder – aus dem Schneider: der britische Premier Boris Johnson Foto: Henry Nicholls/reuters

S türzt er? Bleibt er? Seit Wochen hält das Hin und Her um das politische Schicksal Boris Johnsons Großbritannien in Atem. Die Partygate-Enthüllungen über illegale Zusammenkünfte in seinem Amtssitz während der Corona-Lockdowns haben den britischen Premierminister viel Glaubwürdigkeit gekostet. Das heißt noch lange nicht, dass sie ihn auch das Amt kosten.

Sue Gray, die Leiterin der Partygate-Untersuchung in 10 Downing Street, hat nur eine bis zur Unkenntlichkeit abgespeckte Version ihrer Untersuchung veröffentlichen lassen. Der große Rest ist der Polizei übergeben und bleibt unter Verschluss. Das ist eigentlich ein Indiz dafür, wie schwerwiegend ihre Befunde sind. Es bedeutet aber auch, dass Grays Untersuchungsbericht nur noch in einer Form öffentlich werden konnte, in der nichts Relevantes mehr steht. Er enthält zwar scharf formulierte Kritik eher allgemeiner Natur, aber eine Grundlage dafür, Johnson aus dem Amt zu hieven, dürfte er nicht mehr sein.

Boris Johnson ist also vorerst aus dem Schneider, weil an den Vorwürfen gegen ihn und sein Umfeld zu viel dran ist. Darauf muss man erst mal kommen. Möglicherweise ist Sue Gray, eine der gerissensten Strippenzieherinnen im britischen Staatsapparat, genau darauf gekommen. Oder sie wurde kalt erwischt, aber das ändert auch nichts. Zu spekulieren, dass die Polizei Johnson zu Fall bringt, ist müßig. Die Londoner Polizei ist in der Öffentlichkeit längst diskreditiert – spätestens seit ihrem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstrantinnen nach der Verschleppung und Ermordung einer jungen Frau mitten in London durch einen Polizisten vergangenes Jahr.

Nicht von ungefähr wittern Teile der britischen Opposition jetzt einen massiven Vertuschungsskandal, während Boris Johnson so tut, als könne er einen Schlussstrich ziehen und sich jetzt wichtigen Dingen zuwenden wie der Ukraine. Besonders überzeugend ist dies bisher nicht.

Die Zeit tickt für Johnson

Doch je länger sich die Affäre hinzieht, desto mehr spielt sie ab jetzt dem Premier in die Hände. Wenn sich die polizeilichen Ermittlungen ewig hinziehen und die komplette Gray-Untersuchung auf absehbare Zeit unter Verschluss bleibt, wird man irgendwann nicht mehr darüber reden – und wenn doch, dann eher über Polizeiversagen und Intrige als über Regelbrüche in der Coronapandemie vor Jahren.

Und Boris Johnson? Er kann – muss – sich als Aufräumer in Szene setzen. Der Premier hat beteuert, aus „Partygate“ gelernt zu haben. Hat er? Johnson muss noch sehr viel tun, um verspieltes Vertrauen in Partei und Öffentlichkeit zurückzugewinnen. Aber es liegt jetzt wieder in seiner Hand.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • Ich verstehe Bahnhof und nichts.



    Woher bekommt dieser Mann überhaupt noch von irgendeinen konservativer Tory noch Vertrauen, Zustimmung und Unterstützung? Warum ist er noch da? Was liegt in seiner Hand? Ist seine einzige Aufgabe für Schlagseilen zu sorgen, damit es nicht auffällt, dass seine Partei keinen Plan hat? Oder? Oder???