Bombenanschlag in Istanbul: Ankara macht PKK verantwortlich
Sechs Menschen sind bei einer Explosion in Istanbul ums Leben gekommen. Die türkische Regierung beschuldigt militante Kurden, hinter dem Anschlag zu stecken.
ISTANBUL afp/rtr/taz Die türkische Regierung macht militante Kurden aus Syrien für den Bombenanschlag in Istanbul verantwortlich. Der Befehl für den Anschlag sei aus der nordsyrischen Stadt Kobani gekommen, sagte Innenminister Süleyman Soylu am Montag. Dort sind die türkischen Streitkräfte in den vergangenen Jahren mehrfach gegen die syrisch-kurdische Miliz YPG vorgegangen, die von der Regierung in Ankara als Terrororganisation und Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK angesehen wird. Die Person, die mutmaßlich die Bombe in der Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal gelegt haben soll, sei zudem durch die nordsyrische Region Afrin gereist, sagte Soylu. Diese Person sei festgenommen worden. Daneben seien etwa 21 weitere Verdächtige festgenommen worden. Im Fernsehen wurden Bilder gezeigt, wie offenbar eine Frau ein Paket am Tatort ablegte.
Bei dem Anschlag in der belebten Einkaufsstraße in der Bosporus-Metropole sind am Sonntag sechs Menschen getötet und mehr als 80 Menschen verletzt worden. 31 Verletzte wurden den Behörden zufolge am Montag noch im Krankenhaus behandelt, zwei von ihnen befanden sich demnach in kritischem Zustand. Istanbul und andere türkische Städte waren in der Vergangenheit wiederholt von politisch motivierten Anschlägen militanter kurdischer und auch islamistischer Gruppen erschüttert worden.
Istiklal Caddesi ist eine der beliebtesten Flaniermeilen Istanbuls. Einige Anwohner sprachen am Sonntag auch von einer zweiten Explosion in der Nähe des Tatorts. Zum Zeitpunkt der Explosion war die Fußgängerzone besonders gut besucht. Auf Aufnahmen in Online-Netzwerken ist ein mächtiger Knall zu hören, gefolgt von Flammen. Die Bilder zeigen zudem einen großen, schwarzen Krater sowie mehrere auf dem Boden liegende Menschen. Die Explosion löste sofort Panik unter den Besuchern der Einkaufsstraße aus. Das Gebiet wurde umgehend evakuiert.
Die Türkei und insbesondere Istanbul war in den Jahren 2015 und 2016 Zielscheibe einer blutigen Anschlagskampagne, zu der sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat bekannte. Einer der Anschläge wurde auch auf der Istiklal-Straße verübt.
Leser*innenkommentare
Rudolf123
Arbeiterpartei?
Wenn auch nicht hinter jedem Anschlag
die PKK steckt, vielleicht auch nicht hinter diesem, und Erdogan Anschläge für Stimmung gegen Kurden missbraucht, sollte doch aber mittlerweile vielen bewusst geworden sein, dass die PKK eben doch nichts anderes ist als eine Terrororganisation die den Tod von Menschen, sei es Soldaten oder Zivilisten, billigend in Kauf nehmen.
Den Begriff "Arbeiterpartei" finde ich somit diesbezüglich verharmlosend und zynisch gegenüber deren Opfern.
Ingo Bernable
@Rudolf123 Faktisch führt die Türkei auf eigenem wie auf fremden Territorium Krieg gegen die Kurden und zwar einen höchst asymmetrischen. Wie würden sie in deren Lage reagieren? Unterschriftensammlungen in Ankara einreichen nur um dort auf ewig eingeknastet zu werden? Mit alten Kalaschnikows gegen Kampfbomber zu Felde ziehen?
shantivanille
@Rudolf123 Checken Sie einfach mal den Terror, der den Kurden angetan wurde und angetan wird.
Wenn es gegen die Kurden geht, sind übrigens Assad und Erdogan Best Friends.
Volle Solidarität mit den Kurden!
Und die sind garantiert nicht so dumm, Erdogan mit einem Bombenanschlag Wahlhilfe zu leisten.
Rudolf123
@shantivanille Verstanden. Aber wer war es denn dann? Da Assad und Erdogan best friends sind fallen Assad-Anhänger raus. Der IS? Gegen den kämpft Erdogan aber gar nicht, er kämpft stattdessen gegen die Kurden, die wiederum gegen den IS kämpfen. IS macht also auch keinen Sinn. Sorry, aber wie man es dreht und wendet, die einzigen mit Motiv sind die Kurden.
Ingo Bernable
@Rudolf123 Frühere Anschläge der PKK richteten sich idR gegen türkisches Militär, Polizei, Behörden, aber eben nicht wahllos gegen die Zivilbevölkerung. Demgegenüber gab es in der Vergangenheit an gleicher Stelle schon einmal einen Anschlag des IS, auch wenn sie den mehr oder minder für Erdogans Verbündeten halten ist der Istanbuler Lebensstil dessen Meinung nach eben nicht gottgefällig genug. Könnte ja auch ein Motiv gewesen sein.
melly
Der ganze Ablauf ist sehr merkwürdig. Warum sollte der PKK so etwas tun und damit Wasser auf die Mühlen der türkischen Regierung kippen? Die nutzt gerade die Gunst der Stunde und teilt in die üblichen Richtungen aus: Kurden, USA, Griechenland. Es kann ein Terroranschlag gewesen sein, aber ebenso wäre eine false flag Aktion der türkischen Regierung denkbar.
Rudolf123
@melly false flag Aktion der türkischen Regierung? Echt jetzt? Die türkische Regierung ermordet 6 Zivilisten um politische Stimmung gegen die PKK zumachen? Man kann Erdogan viel unterstellen aber das ist grotesk und beleidigt die Angehörigen der Opfer.
shantivanille
Die PKK sei für die Bombe verantwortlich? Das wäre ja Wahlhilfe für Erdogan.
Echt jetzt?
Und diese ominöse Frau sitzt 40 Minuten neben der Bombe?
zeroton
Laut Innenminister war´s die PKK. Erdogan hat ja mit den Kurden noch was vor und seine Umfragewerte sinken. Wer auch immer es war, die Betroffenheit der türkischen Regierung darüber dürfte sich in Grenzen halten.