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Blogger über Krieg in der UkraineGrenzwertige Gedankenspiele

Russlands Angriff auf eine Kyjiwer Kinderklinik führt zu erregten Debatten. Soll die Ukraine nicht doch den Krieg beenden, zu welchem Preis auch immer?

Kyjiw, 9. Juli: Zwei Angestellte beobachten die Aufräumarbeiten nach einem russischen Raketenangriff auf ein Kinderkrankenhaus Foto: Anton Shtuka/ap

Kyjiw taz | Nastja Umka, mit über 600.000 Followern eine der bekanntesten ukrainischen Instagram-BloggerInnen, muss sich erklären. Gegenüber dem ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU. Dieser hat die Zahnärztin aus Winnizja zu einem klärenden Gespräch für den heutigen Freitag eingeladen. Umka selbst hat die Öffentlichkeit über diese Vorladung informiert – auf ihrem Instagram-Account.

Umka, die auf ihrem Instagram-Account viel über Kosmetik, Beziehungen, Kochen, Fitness und den Umgang mit ihrem Baby textet, sich dort viel in unterschiedlichen Outfits zeigt, hatte zuvor nie mit politischen Aussagen von sich reden gemacht.

Umso verwundeter waren viele ihrer Follower, dass sie nach dem russischen Angriff auf die Kinderkrebsklinik Ochmadyt am 8. Juli auf Instagram zu einem Ende des Krieges bei einem gleichzeitigen Verzicht auf die Grenzen von 1991 aufgerufen hatte. Die Ukrainer seien des Krieges müde, niemand brauche die Grenzen von 1991, so die Bloggerin.

Auch andere BloggerInnen wollen sich nicht an die offiziellen Erklärungsmodelle zur Genese des Krieges halten. So sieht die ukrainische Schauspielerin Natalia Denisenko den 8. Juli, als die Kyjiwer Kinderkrebsklinik beschossen worden ist, als einen kritischen Punkt im Spiel „Opfer – Tyrann“.

Eine einzige Frage

Es sei negative Energie, die zu diesem großen Krieg geführt habe, zitiert focus.ua die Frau. „Um das Spiel zu stoppen, müssen wir aus diesen Rollen, aus der Opferrolle herauskommen. Wir müssen uns verändern und etwas unternehmen“, so die Schauspielerin. „Die Energie von Aggression und Hass zerstört uns. (…) Liebt, fühlt nur die besten und hellsten Gefühle“, zitiert sie der Focus.

Leider erkläre die Schauspielerin nicht, so Artem Kalnitschenko im focus.ua, wie man Liebe und helle Gefühle empfinden könne, während russische Raketen auf friedliche Ziele abgeschossen werden und Kinder töten. Für den focus.ua hat Timur Sawin einige Reaktionen aus dem Netz zusammengetragen.

So fragt sich eine „Kesena.Blog“: „Stellen Sie sich nur eine einzige Frage, eine einzige Frage. Und beantworten Sie sie ehrlich. Sind Sie bereit, das Leben Ihrer Kinder, Ihrer Verwandten gegen die Grenzen von 1991 zu tauschen? Das ist alles. Wenn Sie nicht bereit sind, warum sollten es dann andere sein?“

„Es lässt sich gut reden, wenn dein Haus nicht in einem besetzten Gebiet ist“ meint eine „Ok.Olyakinash“ auf Instagram. „Ich brauche die Grenzen von 1991, weil ich nach Hause will.“ „Vereinbarungen mit Russland sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind“, meint die Bloggerin Ekaterina Polischtschuk. „Die Jungs tragen den ganzen Schmutz des Krieges, erleben den Tod ihrer Nächsten“, schreibt ein Leutnant Alex. Nun sei wirklich keine Zeit für „so einen Zirkus“, meint er.

Und ein Maxim Schorin, stellvertretender Kommandeur der 3. Sturmbrigade, ist der Meinung, für Aufrufe zum Frieden um jeden Preis sollte man entsprechend zur Verantwortung gezogen werden. Zumindest sollten besorgte Bürger hier erzieherische Maßnahmen vornehmen. Außerdem solle man die Rechtsschutzorgane einschalten. Nach einem ersten aufklärenden Gespräch müsste im Wiederholungsfall eine Gefängnisstrafe verhängt werden.

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10 Kommentare

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  • Als Voraussetzung für einen Friedensprozess wird es die Wiederherstellung der Grenzen von 1991 nicht geben, wenn es in Russland keine Revolution gibt.

    Vielleicht aber kann es die weitgehende Wiederherstellung der Grenzen von 1991 als Ergebnis eines längeren Friedensprozesses geben, der vor allem auch ein umfassender Friedens- und Entspannungsprozess zwischen Russland und dem Westen sein müsste.

  • Die Eingangsfragen über den einzugehenden Preis bzw. zu riskierende Opfer mögen berechtigt sein. Mir stellen sich auch folgende Fragen:



    Sollte der Angriff Russland auf eine Kyjiwer Kinderklinik nicht in Russland zu mehr als erregte Debatten führen?



    Sollte nicht Russland doch den Krieg beenden, zu welchem Preis auch immer?

    • @Uranus:

      Sollte es, aber die Wirklichkeit ist das solche Angriffe in russischen sozialen Medien gefeiert werden. Jene die es empört sind im Gefängnis, geflohen und viel öfters einfach still.

      • @Machiavelli:

        Klar einfach wird es nicht sein und von außerhalb in einem Land mit Demokratie, wenn auch mittlerweile gut geschleift, hat mensch wohl gut Reden.



        Btw. Ihr Profilbild (Kreuzung aus NATO und Friedensflagge) ist hoffentlich ein schlechter Scherz, oder?

        • @Uranus:

          Prideflagge und NATO, NATO ist notwendig zur Verteidigung des liberalen Lebensstils gegen den russischen Chauvinismus.

          • @Machiavelli:

            Aha. Da müssen sie wohl recht angestrengt die Augen vor so manchen regressiven Entwicklungen/Verhältnissen (bspw. Polen) in NATO-Ländern schließen. Es gibt außerdem einen länderübergreifenden Rechtsruck, der so gar nichts mit einem liberalen Lebensstil zu tun hat.

            • @Uranus:

              Gibt viele Probleme, verschließe davor nicht die Augen. Aber global gesehen ist Europa das Paradies.

  • Putin hat die Grenzen von 1991 nicht akzeptiert und stand damit schon in der Tradition von Stalin. Putin hat auch nicht die Grenzen von 2014 akzeptiert und er wird auch die Grenze von einem Friedensvertrag 2024 akzeptieren.

    • @Thomas Koll:

      Ich glaube, da fehlt im letzten Teil ein "nicht"....

  • Weil wenn Russland die Macht über die Ukraine bekommt, die Ukrainer sicher sind. Right