piwik no script img

Blockupy-Sprecher über EZB„Sonst gibt’s Hausbesetzungen“

Mit Blockaden will das Blockupy-Bündnis den Betrieb der Europäischen Zentralbank lahmlegen. Aber: Soll der Klassenfeind ihnen die Bettchen machen?

Blockupy-Proteste in Frankfurt: Sieht zwar nach Clown aus - könnte aber noch eine Hausbesetzung werden. Bild: Reuters
Martin Kaul
Interview von Martin Kaul

taz: Herr Bruckmiller, Ihr Blockupy-Bündnis will am 18. März in Frankfurt mit Tausenden Menschen den Betrieb der Europäischen Zentralbank lahmlegen. Mit Verlaub: Für ordentliche Revolutionäre wirkt Ihre Truppe bislang so butterzart wie ein Gebäckkringel.

Aaron Bruckmiller: Wie kommen Sie denn darauf?

Sie wollen gestandene Kapitalismuskritiker sein und beschweren sich, dass das Frankfurter Ordnungsamt Ihrem antikapitalistischen Block keine Schlafplätze zur Verfügung stellt. Geht es nicht noch reformistischer?

Wir wollen nur, dass die Menschen, die aus vielen Ländern Europas zu den Blockupy-Protesten anreisen werden, nicht in irgendwelchen Löchern schlafen müssen, sondern ordentlich untergebracht sind. Etwa in städtischen Turnhallen. Beim Evangelischen oder Katholischen Kirchentag, bei allen Turn- und Sängerfesten kriegt die Stadt Frankfurt das hin. Aber wir sollen draußen schlafen?

Es ist vielleicht etwas viel verlangt, dass Ihr Klassenfeind Ihnen noch die Betten macht.

Unter uns sind ja selbst viele Frankfurter. Wir kämpfen gegen eine Kürzungspolitik auf europäischer Ebene, die viele Menschen in das Elend treibt und die Sozialsysteme torpediert. Wenn die Stadt Frankfurt nicht wenigstens ein bisschen kooperationsbereit ist, riskiert sie, dass die Leute sich selbst unterbringen müssen, möglicherweise durch Hausbesetzungen.

Wer kommt denn am 18. März überhaupt nach Frankfurt?

Wir gehen davon aus, dass an diesem Tag einige Tausend Menschen den Betrieb der Europäischen Zentralbank blockieren werden und dass am Abend mindestens 10.000 Menschen gegen die europäische Sparpolitik demonstrieren werden. Dazu rechnen wir mit mindestens 1.000 AktivistInnen aus anderen europäischen Ländern. Zahlreiche internationale Busse sind schon ausgebucht. Außerdem haben wir innerhalb Deutschlands einen Sonderzug gebucht, der aus Berlin über Göttingen und Hannover nach Frankfurt anreisen wird.

Im Interview2Inews: 

23, studiert Philosophie an der FU Berlin, ist aktiv in der Interventionistischen Linken (IL) und einer der Sprecher des Blockupy-Bündnisses, das für den 18. März zu Protesten nach Frankfurt ruft.

Und dann?

Wir wollen ein europaweit wahrnehmbares Zeichen gegen die organisierte Traurigkeit und die verelendende Krisenpolitik setzen und zeigen, was in den letzten drei Jahren mit dem Blockupy-Bündnis entstanden ist.

Was ist denn da aus Ihrer Sicht entstanden?

Unser Anliegen ist es, eine demokratische Gesellschaft von unten gegen alle Grenzen aufzubauen. Wir arbeiten dazu seit drei Jahren in einem internationalen Bündnisprozess mit vielen europäischen Gruppen intensiv zusammen.

Auffällig ist: Darunter sind vor allem viele Syriza-Sympathisanten.

Die Abwahl der Verelendungspolitik und die Bewegungen in Griechenland haben auch uns den Mut und die Hoffnung gegeben, dass ein erfolgreicher Widerstand möglich ist. Und wir merken, dass die Bewegungen im Süden Europas und die Debatte um die künftige Ausrichtung in Europa Blockupy neuen Zulauf beschert.

Wer bezahlt den AktivistInnen aus Griechenland denn die Tickets nach Frankfurt: die neue griechische Regierung?

Das Thema ist gar nicht so spaßig. Selbstverständlich ist es eine ernste Frage, wie griechische Leute, die im Moment oft ganz massive und ernst zu nehmende finanzielle Probleme haben, sich auch hier bei uns im Mutterland des Sparkurses und der vermeintlichen Alternativlosigkeit zu Wort melden können. Wir verkaufen deswegen Solidaritätstickets, mit denen wir versuchen, die Anreise von AktivistInnen zu finanzieren, die etwa aus Griechenland teilnehmen wollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen