Blockiertes Wachstumsgesetz der Ampel: Union bleibt hart
CDU/CSU und Ampel-Parteien finden keinen Kompromiss im Streit über Entlastungen für Unternehmen. Das schlägt auf die Stimmung in der Wirtschaft.

Mit den im Wachstumschancengesetz gebündelten Maßnahmen will die Ampel Unternehmen entlasten und Investitionen anschieben. Ursprünglich waren dafür 7 Milliarden Euro jährlich vorgesehen. Das Gesetz muss aber auch vom Bundesrat verabschiedet werden. Weil die Länder fürchteten, die damit verbundenen Einnahmeausfälle nicht schultern zu können, setzten sie die Senkung des Finanzvolumens auf 3,2 Milliarden Euro durch. Weggefallen ist dabei der ursprünglich geplante Bonus für Unternehmen, die in Klimaschutz investieren. Geblieben sind aber Anreize für klimagerechte Sanierungen von Gebäuden, etwa Abschreibemöglichkeiten.
„Das Gesetz ist nun vom Umfang her kleiner, auch um kommunale und Länderhaushalte zu entlasten“, sagte die grüne Bundestagsabgeordnete Katharina Beck, Hauptverhandlerin ihrer Fraktion beim Wachstumschancengesetz. Wichtige Impulse für den Mittelstand seien aber erhalten geblieben. Der öko-soziale Neubau von Mietwohnungen werde mit diesem Gesetz in vielen Fällen finanziell günstiger als konventioneller Bau. Außerdem werde die Forschungsförderung ausgeweitet. Dafür sind 800 Millionen Euro vorgesehen.
Das Problem: Die Union will dem Gesetz im Bundesrat nur zustimmen, wenn die Ampel die Streichungen der Agrardieselsubventionen zurücknimmt. Die Ampel braucht Stimmen aus dem Unionslager im Bundesrat, bewegt sich in dieser Frage aber nicht. Der Vermittlungsausschuss es Bundesrats hat sich zwar mit einer Mehrheit auf das Verhandlungsergebnis zum Wachstumschancengesetz geeinigt, aber ohne die Union. In dem Ausschuss sitzen jeweils 16 Mitglieder aus dem Bundestag und aus Landesregierungen. Die Mehrheitsverhältnisse entsprechen nicht denen im Bundesrat, denn hier sind die Stimmen der Länder nach Bevölkerungsgröße gewichtet. Am 22. März könnte das Gesetz auf der Tagesordnung des Bundesrats stehen. Ob bis dahin eine Einigung über die Subventionen für Landwirte steht, ist ungewiss.
Wirtschaft kritisiert Hängepartie
Wirtschaftsverbände üben harsche Kritik an dem Prozedere. „Die erneute Verzögerung, steuerliche Entlastungen für Unternehmen auf den Weg zu bringen, verlängert die wirtschaftliche Hängepartie“, sagte Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) Peter Adrian monierte, dass „die Wackelpartie“ um das Gesetz weitergehe. „Die negative psychologische Wirkung auf die gesamte Wirtschaft ist zunehmend verheerend“, sagte er. Aktuell zeichne sich „kein wirklich zukunftsweisendes Szenario“ ab: „Es gibt entweder überhaupt nichts an Entlastung – oder, wenn der Bundesrat Ende März doch noch zustimmen sollte, ein sehr kleines Paket“. Diese Entlastungen würden nicht einmal die Mehrbelastung auffangen, die den Unternehmen durch den Anstieg der Stromnetzentgelte zum Jahreswechsel entstanden seien. „Dennoch bleibt es wichtig, mindestens dieses kleine positive Signal zu senden“, betonte er.
Kritik kommt auch von der Linkspartei im Bundestag. „Gerade einmal 0,05 Prozent Wachstum sollte das Gesetz bis 2028 bringen“, sagte der Linksparteiabgeordnete Christian Görke. „Ein laues Lüftchen kann die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt aber nicht anschieben.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel