Blockaden der „Letzten Generation“: Und wieder schäumt der Autofahrer
Auch am Donnerstag protestieren Aktivist*innen in Berlin mit Sitzblockaden an Autobahnen für mehr Klimaschutz. Bisher gibt es keine Anklagen.
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Die Gruppe „Letzte Generation“ blockiert seit knapp drei Wochen fast jeden Morgen Autobahnausfahrten im Berliner Stadtgebiet. Viele Demonstranten kleben ihre Hände an der Straße fest, um zu verhindern, dass die Polizei sie schnell wegräumt. Bereits von Januar bis März hatten die Demonstranten immer wieder Autobahnausfahrten blockiert.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) hatten die Blockaden mehrfach kritisiert und von Straftaten gesprochen. Spranger hatte gesagt, sie erwarte, dass die Justiz zu Anklagen und Verurteilungen komme.
Polizei und Justiz tun sich aber mit der Strafverfolgung schwer. Die Polizei nahm seit Januar zwar Hunderte Anzeigen wegen Nötigung und Widerstands auf, bei der Staatsanwaltschaft werden bislang 73 Ermittlungsverfahren bearbeitet. Wie ein Behördensprecher am Mittwoch auf Anfrage mitteilte, beziehen sich diese Fälle alle auf Straßenblockaden im Januar. Bei der Polizei gebe es zudem Hunderte Strafanzeigen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft konnte jedoch noch in keinem der Verfahren eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob Anklage erhoben wird. Voraussetzung dafür seien abgeschlossene Ermittlungen der Polizei. Die müsse aber noch wichtige Punkte klären.
Kritik von Generalstaatsanwältin an Innensenatorin
Generalstaatsanwältin Margarete Koppers sagte, ihre Behörde habe der Polizei bereits im Frühjahr erläutert, woran es bei den Ermittlungen fehle und zu welchen Punkten Nachermittlungen erforderlich seien. Sie verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Autobahnblockaden. „Über den Anfangsverdacht, die Notwendigkeit und Intensität von Ermittlungen sowie die Anklagereife entscheidet die Staatsanwaltschaft, und zwar nach Recht und Gesetz und nicht nach politischen Wunschvorstellungen“, betonte Koppers mit Blick auf Forderungen aus der Politik – unter anderem der SPD-Innensenatorin – nach schnellen und härteren Strafen.
„Es geht um schwierige Rechtsfragen“, erläuterte Oberstaatsanwalt Holger Brocke, zuständiger Abteilungsleiter für die Verfahren. Von Bedeutung sei etwa, wie viele Menschen sich beteiligt hätten, wie lange die Aktionen gedauert hätten und ob es Ausweichmöglichkeiten für Autofahrer gegeben habe. Relevant sei aber auch, wann und wie festgeklebte Personen von der Straße gelöst worden seien. Insbesondere in den Anfangszeiten seien derartige Details von den Polizisten vor Ort noch nicht erfasst worden. „Ihnen ging es zunächst darum, die Leute von der Straße zu holen.“
Bei den Tatvorwürfen handelt es sich laut Staatsanwaltschaft in der Regel um Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. In einigen wenigen Fällen gehe es auch um den Vorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
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