Bittere Bilanz für Wohnungsbau in Berlin: Neubau bricht ein
Der Verband Berlin Brandenburger Wohnungsunternehmen spricht von einer „Zeitenwende“ beim Bauen und Wohnen. Heizkosten werden massiv steigen.
Ihre Neubaupläne kann Franziska Giffey (SPD) in die Tonne treten. 20.000 Wohnungen wollte Berlins Regierende Bürgermeisterin jedes Jahr bauen lassen, 7.000 davon sollten die landeseigenen Wohnungsunternehmen beisteuern. Doch gegen die jüngsten Preissteigerungen ist auch eine Regierungschefin machtlos. Das zeigen die Zahlen, die der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) am Mittwoch veröffentlicht hat.
So sind die Neubauzahlen erstmals rückläufig. Wurden 2020 noch 6.792 Wohnungen fertiggestellt, waren es 2021 nur noch 5.415 – ein Rückgang von 20 Prozent. „Wir sind vergleichsweise gut durch die Coronakrise gekommen“, sagt dazu BBU-Vorständin Maren Kern. „Aber jetzt sind wir am Beginn eines Sturmtiefs.“
Schon vor dem Ukrainekrieg waren die Neubaukosten gestiegen, 2021 zuletzt um 9,1 Prozent. Nun kommen noch die steigenden Zinsen hinzu. Lagen die für ein Baudarlehen im Januar 2022 noch bei 1,07 Prozent, waren es im Juli bereits 3,34 Prozent. Von „schwierigen Investionsrahmenbedingungen“ spricht deshalb die BBU-Chefin.
Modernisierungen abgesagt
Und die betreffen nicht nur den Neubau, sondern auch die Instandsetzungen und Modernisierungen. Eine im Juni bei den Mitgliedsunternehmen des BBU durchgeführte Umfrage ergab, dass 69 Prozent der ursprünglich geplanten Baumaßnahmen nicht, verzögert oder nur verändert durchgeführt werden sollen.
Es herrscht also Flaute in der Berliner Baubranche, und das hat nicht nur mit den exorbitanten Preissteigerungen zu tun. So beklagen die Wohnungsunternehmen auch Lieferschwierigkeiten bei Baumaterialien oder Kapazitätsengpässe bei Bauunternehmen. Maren Kern spricht von einer „Zeitenwende auch für Bauen und Wohnen“.
Der Berliner Wohnungsmarkt dürfte sich damit noch weiter auseinanderentwickeln. Wer auf Wohnungssuche ist, wird noch weniger Chancen haben als bisher. Wer dagegen eine Wohnung hat, darf sich über eine relativ stabile Entwicklung der Bestandsmieten freuen. Bei 6,41 Euro nettokalt pro Quadratmeter lagen sie 2021 bei den 132 BBU-Mitgliedsunternehmen in Berlin, die 753.000 Wohnungen bewirtschaften. Das ist noch unter dem Berliner Mietspiegel, der 6,79 Euro den Quadratmeter beträgt.
Doch das Wort „nettokalt“ wird spätestens im Herbst für die meisten Mieterinnen und Mieter zu einer realen Bedrohung. So rechnet der BBU für 2022 wegen der steigenden Energiepreise mit Heizkostensteigerungen von mindestens 50 Prozent. Für einen Durchschnittshaushalt in einer 60-Quadratmeter-Wohnung bedeute das Mehrkosten von mindestens 360 Euro im Jahr. „Das ist ein enormer Preissprung, den auch die steuerpflichtige Einmalzahlung des Bundes in Höhe von 300 Euro nicht auffängt“, sagt Maren Kern. „Wir empfehlen den Mieterinnen und Mietern deshalb dringend, noch bewusster mit Energie umzugehen und Rücklagen für Nachzahlungen zu bilden.“
„Die explodierenden Strom- und Heizkosten dürfen nicht zum Verdrängungsturbo werden“, kommentierte der Linken-Abgeordnete Niklas Schenker. Er begrüßt den Vorschlag des BBU, die Heizkosten bei 40 Prozent der Nettokaltmieten zu deckeln und die Differenz durch einen staatlichen Transferfonds auszugleichen.
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